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Dieter Kalt
© Gernot Gleiss

„Wer andere führen will, muss sich selbst kennen“

Beim diesjährigen Ausbilder:innenforum wird der ehemalige Eishockeyprofi Dieter Kalt zum Thema „Lead like a Champion!“ – was starke Ausbilder:innen mit Spitzen-Coaches gemeinsam haben – referieren.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 25.09.2025

Welche Erfahrungen aus Ihrer Eishockeykarriere prägen heute Ihr Führungs- und Ausbildungskonzept am stärksten?
Ganz klar: Der Mensch steht im Mittelpunkt und hohe Ansprüche an Performance und Menschlichkeit sind kein Widerspruch. Ganz im Gegenteil. Ich habe in meiner Karriere so oft erlebt, dass langfristiger Erfolg nicht durch Druck, sondern durch Vertrauen, Klarheit und echtem Interesse am Gegenüber entsteht. Ohne Beziehung kein Coaching. Ohne Vertrauen kein Fortschritt. Und: Disziplin schlägt Talent – auf lange Sicht immer.
 
In Ihrem Ansatz vergleichen Sie starke Ausbilder:innen mit Spitzen-Coaches. Was sind für Sie die wichtigsten Gemeinsamkeiten – und wo liegen die Unterschiede?

Die besten Coaches – im Sport wie im Unternehmen – haben ein Ziel: Sie wollen das Beste aus ihrem Team herausholen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Die Gemeinsamkeiten der beiden Akteure sind: Sie schaffen Vertrauen, geben Orientierung, leben Vorbild und halten alle Teammitglieder „accountable“ – sprich verantwortlich. Der große Unterschied ist, dass man im Sport den Leistungsfortschritt oft schneller sieht. In der Ausbildung braucht es mehr Geduld – und gleichzeitig mehr Weitblick. Kurzfristiger Erfolg und langfristige Entwicklung sind oft verschiedene Paar Schuhe.


Wie können Ausbilder:innen mit Jugendlichen umgehen, die einen kleinen Anstoß brauchen, ohne sie zu sehr unter Druck zu setzen?
Mit ehrlichem Interesse, nicht mit erhobenem Zeigefinger. Junge Menschen brauchen heute vor allem eines: Das Gefühl, gesehen zu werden. Dass ihnen zugehört wird, dass sie Fragen stellen können und ihnen Vertrauen geschenkt wird. Wir können sie dabei begleiten, selbst Verantwortung zu übernehmen – Schritt für Schritt. Fördern und fordern benötigt Fingerspitzengefühl. 
 
Welche Parallelen sehen Sie zu Ausbildungssituationen, in denen Ausbilder:innen unter Druck stehen?
Im Sport wie im Unternehmen gilt: In entscheidenden Momenten zählt mentale Stärke. Ein guter Coach weiß, dass es nicht nur um Technik geht, sondern um Haltung, Fokus, Selbstvertrauen. Druck zeigt den Charakter – und die Qualität der Vorbereitung. Wer Teams entwickeln will, muss Drucksituationen trainieren, nicht vermeiden. Diese Art von Leadership beginnt natürlich bei dir selbst im Spiegel. Druck und Stress ist weit weniger problematisch, wenn du als Leader:in in deiner Mitte bist, deine Energie schützt und dann Ruhe bewahren kannst, wenn andere zu wackeln beginnen. Deine Teammitglieder spüren deine Energie und Klarheit permanent. 
 
Gab es eine Situation, in der Sie von einer Führungsperson etwas Entscheidendes gelernt haben?

Ja – viele sogar. Aber eine blieb hängen: Ein Trainer hat mir gesagt: „Dieter, du musst nicht der Beste sein – du musst der sein, auf den man sich immer verlassen kann. Jemand, der konstant einen hohen Standard bringt.“ Das war ein Gamechanger. Nicht glänzen wollen, sondern Verantwortung übernehmen. Das prägt mich bis heute.
 
Was können Ausbilder:innen tun, um Teamgefühl in Lehrlingsgruppen oder im Unternehmen zu stärken?
Teamgefühl entsteht nicht durch PowerPoint-Folien. Es entsteht durch gemeinsame Erlebnisse, echtes Interesse, klare Werte. Was hilft sind Rituale, Verantwortung verteilen, Erfolge feiern – und Niederlagen gemeinsam tragen. Ein starkes „Wir“ entsteht, wenn jeder spürt: Ich bin wichtig für das Ganze.


Wie haben Sie bei Ihren eigenen Kindern agiert, wenn es um das Thema Ausbildung ging?
Mit Klarheit und Vertrauen. Ich gebe eine Richtung vor, aber ich will nicht lenken. Meine Aufgabe als Vater ist es, Räume zu öffnen – nicht sie zu kontrollieren. Wir Eltern zeigen, was möglich ist – aber sie müssen den Weg selbst gehen. Und manchmal auch scheitern dürfen. Das klingt einfach, ist aber natürlich ein Prozess, der nie aufhört. Jeden Tag ein wenig besser, ist die Devise ;-).
 
Welche Fähigkeiten braucht die nächste Generation von Ausbilder:innen?

Emotionale Intelligenz, echtes Interesse am Menschen, und vor allem die Fähigkeit zur Selbstführung. Wer andere führen will, muss sich selbst kennen. Wer Teams entwickeln will, muss zuerst an sich arbeiten. Führung ist kein Titel – es ist eine Haltung.
 
Was erwartet unsere Leser:innen beim Ausbilder:innen-Forum am 1. Oktober?
Klartext, Inspiration, Praxiserfahrung. Ich werde zeigen, wie Spitzen-Coaches Teams entwickeln, die nicht nur Leistung bringen, sondern echte Freude an Fortschritt haben. Und ich werde Werkzeuge mitgeben, wie man auch als Ausbilder:in ein echter Leader wird – einer, dem andere freiwillig folgen. Play to Win!

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Daniela Vonbun-Häusle