„Wir brauchen mehr Mut zum Gründen – und eine Politik, die diesen Mut ermöglicht
Von der digitalen Unternehmensgründung über generationengerechte Budgetpolitik bis hin zu mehr Risikokapital: Die Junge Wirtschaft will Österreich fit für die Zukunft machen. Im Interview spricht ihre neue Bundesvorsitzende, Verena Eugster, über Chancen, Herausforderungen – und warum Unternehmertum endlich wieder mehr Wertschätzung verdient
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Frau Eugster, Glückwunsch zur neuen Aufgabe. Gleich vorweg, welche drei großen Handlungsfelder haben für Sie als Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft in den kommenden Jahren oberste Priorität?
Für meinen Bundesvorstand und mich stehen in den kommenden Jahren drei zentrale Handlungsfelder im Mittelpunkt unserer Arbeit: Mindset und Handlungsspielräume, Generationen und Familienunternehmen sowie Zukunft und Technologie.
Und warum sind gerade diese Bereiche so zentral?
Im Bereich „Mindset und Handlungsspielräume“ geht es uns darum, ein positives Zukunftsbild zu vermitteln und ein gesellschaftliches Umdenken anzustoßen. Die Zeiten sind herausfordernd, doch gerade wir Jungen lassen uns davon nicht entmutigen – im Gegenteil: Wir sind mutig, innovativ und leistungsbereit. Unser Ziel ist es, eine leistungs- und innovationsorientierte Kultur zu stärken, in der Unternehmertum wieder mehr Wertschätzung erfährt. Dazu gehören eine offene Fehlerkultur, der Abbau bürokratischer Hürden, steuerliche Entlastungen sowie gezielte Fördermaßnahmen wie der Dachfonds oder der Beteiligungsfreibetrag für Startups und KMUs.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf „Generationen und Familienunternehmen“. Unser Ziel ist eine nachhaltige Gestaltung des Pensionssystems – der Rucksack der jungen Generation ist bereits schwer genug. Gleichzeitig wollen wir den Generationenwechsel in Familienbetrieben aktiv unterstützen und auch die Rahmenbedingungen für externe Übergaben gezielt verbessern. Dazu setzen wir auf die Weiterentwicklung unserer „Nachfolgestrategie“, einen Nachfolgerat und ein Mentoringprogramm für Übernehmerinnen und Übernehmer.
Wie sieht das im Bereich „Zukunft und Technologie” aus?
Im Bereich „Zukunft und Technologie“ setzen wir uns für innovationsfreundliche Rahmenbedingungen und eine stärkere Finanz- und Wirtschaftsbildung in Schulen ein. Besonders wichtig ist uns ein positiver Zugang zu neuen Technologien - Stichwort Künstliche Intelligenz - im Bildungsbereich sowie die frühe Vermittlung digitaler Kompetenzen. Zudem arbeiten wir am Ausbau der digitalen Unternehmensgründung und werden eine Startup-Strategie für Österreich entwickeln.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Junge Wirtschaft nicht nur die Stimmen aus den großen Städten, sondern auch jene aus den Regionen und Nischenbranchen stark vertritt?
Die Junge Wirtschaft ist breit und divers aufgestellt – ein echtes Spiegelbild der österreichischen Wirtschaft. Wir sind in allen Bundesländern stark vertreten, ob in der Stadt oder am Land: Mit neun Landesorganisationen, rund 100 Bezirksgruppen und über 600 Veranstaltungen jährlich schaffen wir eine starke Plattform für Austausch, Weiterbildung und Kooperation. Hier können sich junge Unternehmerinnen und Unternehmer aus ganz Österreich vernetzen, Ideen weiterentwickeln und gemeinsam Zukunft gestalten. Formate wie der „JW Summit“ oder internationale Austauschprogramme eröffnen neue Perspektiven und Geschäftschancen. Kurz gesagt: Die Junge Wirtschaft ist die starke Stimme der nächsten Unternehmergeneration in allen Regionen Österreichs.
Sie haben sich zuletzt klar für generationengerechte Finanz- und Budgetpolitik ausgesprochen. Wie könnte das Ihrer Meinung nach konkret aussehen?
Der öffentliche Schuldenstand liegt inzwischen bei über 82 Prozent des BIP, und die Bundesregierung unternimmt derzeit große Anstrengungen, um das Budgetdefizit heuer bei rund 4,5 Prozent zu halten. Das zeigt deutlich, wie angespannt die finanzpolitische Lage ist – und wie wichtig es ist, jetzt nachhaltig gegenzusteuern. Fakt ist: Wir leben derzeit ein Stück weit über unsere Verhältnisse, und die Last dieser Politik wird vor allem die junge Generation tragen müssen. Der finanzielle Rucksack, den wir unseren Kindern und Enkelkindern mitgeben, wird immer schwerer. Deshalb braucht es endlich nachhaltige Strukturreformen und eine konsequent wachstumsorientierte Politik, um wieder mehr Handlungsspielräume zu schaffen.
Was heißt das konkret?
Generationengerechte Finanzpolitik bedeutet für mich, heute Verantwortung zu übernehmen, um morgen Chancen zu sichern. Das heißt, effizienter mit öffentlichen Mitteln umzugehen, Bürokratie abzubauen und die langfristige Stabilität unserer Sozialsysteme zu gewährleisten. Die neue Bundesregierung hat erste Schritte in Richtung einer soliden Budgetpolitik gesetzt. Wir als Junge Wirtschaft werden diesen Weg konstruktiv, aber auch kritisch begleiten – und uns weiterhin konsequent für nachhaltige finanzpolitische Rahmenbedingungen einsetzen, die Zukunft und Wachstum ermöglichen.
Innovation und Zukunftsfähigkeit sind zentrale Themen der Jungen Wirtschaft. Wie wollen Sie als Bundesvorsitzende den Schritt von der Idee zur Umsetzung unterstützen?
Ein zentraler Schritt von der Idee zur Umsetzung ist zunächst einmal die Unternehmensgründung. Wir wollen, dass Gründen in Österreich noch einfacher, schneller und vollständig digital möglich ist. Einheitliche, digitale Prozesse schaffen echte Erleichterung und machen den Start in die Selbstständigkeit attraktiver. Gleichzeitig braucht es einen besseren Zugang zu Risikokapital, vor allem in entscheidenden Wachstumsphasen. Österreich hat viele talentierte Menschen und innovative Jungunternehmen – was oft fehlt, ist die passende Finanzierung. Genau hier setzt der neue Dachfonds an: Er bündelt Kapital von institutionellen Investoren wie Pensionskassen oder Banken und bringt es direkt zu Startups und Scale-ups. Das stärkt Innovation, schafft Arbeitsplätze und hält Wertschöpfung im Land.
Damit wird eine langjährige Forderung konkret umgesetzt...
Ja, wir als Junge Wirtschaft haben dieses Instrument lange gefordert. Umso mehr freut es mich, dass die Bundesregierung damit eine zentrale Forderung aufgreift und einen wichtigen Schritt in Richtung einer innovationsfreundlichen Zukunft setzt. Denn nur wenn gute Ideen rasch umgesetzt werden können, kann Österreich sein volles wirtschaftliches Potenzial entfalten.
Stichwort Potenzialentfaltung, worauf gilt es hier den Fokus zu legen?
Ausbildung und Ausführungsqualität, andererseits die Qualifizierung der Mitarbeitenden und der Betriebe. Nur wenn wir unser Marktfeld fair gestalten und alle mit denselben Werkzeugen ausgestattet sind, kann echter Wettbewerb entstehen. Das bedeutet: Wir müssen Standards sichern, die unser Handwerk stark machen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Mag. Eva Niedermair
Verena Eugster, ist Mitinhaberin und Co-CEO der Agentur w3 create GmbH. Bis 2023 war sie Vorsitzende der Jungen Wirtschaft Vorarlberg und im Anschluss Mitglied des Bundesvorstands der JW-Österreich. Im September 2025 wurde sie zur Bundesvorsitzenden der Jungen Wirtschaft Österreich gewählt, womit sie die überregionale Führung übernommen hat.