Der Club UB widmete sich am 13. November einem hochrelevanten Thema: dem Fachkräftebedarf. Unter dem Titel „Fachkräfte – eine wertvolle Ressource von heute“ gaben Sabine Drescher, Geschäftsführerin Digital Key Makers, und Friedrich Bruckner, International Business Experte und Expat-Berater von der Wirtschaftsagentur Wien, Einblicke in aktuelle Entwicklungen, den prognostizierten Arbeitskräftebedarf und etwaige Lösungsansätze für Unternehmen.
Michael Raab, Berufsgruppensprecher der Unternehmensberater:innen der UBIT Wien, eröffnete erstmals den Club UB in seiner neuen Funktion und unterstrich die Rolle der Unternehmensberatung in Zuge der aktuellen Herausforderungen: „Wir stehen derzeit vor großen Transformationsprozessen. In den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und HR bleibt kein Stein auf dem anderen. Wir Unternehmensberater:innen sind dafür ein wichtiger Katalysator und stehen den Unternehmen, zumeist KMU, mit Rat und Tat zur Seite.“
Sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen in Deutschland
Sabine Drescher, tangiert vom Arbeitskräftemangel seit 2008, gründete aufgrund der Erkenntnis, dass Anträge für die Rot-Weiß-Rot-Karte weder per E-Mail noch digital eingereicht werden konnten, ihr eigenes Startup. Mit ihrer Firma WorkInEurope unterstützt sie Unternehmen und Antragsteller:innen bei der digitalen Abwicklung ihrer Arbeitsvisa-Anträge. Im Rahmen ihres Impulsvortrags zeichnete die Unternehmerin ein alarmierendes Szenario: In Deutschland werden in den kommenden Jahren voraussichtlich sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen.
Ursprünglich für das Füllen von Lücken in Mangelberufen gedacht, hat sich die Rot-Weiß-Rot-Karte zu einer dringenden Notwendigkeit entwickelt. Österreich startete 2010 mit sechs Mangelberufen. Mittlerweile umfasst das Verzeichnis 98 Mangelberufe.
Wirtschaftsagentur Wien: 4.500 Beratungen p.a. - Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr
Friedrich Bruckner ist seit 2010 in der Beratungseinrichtung der Wirtschaftsagentur Wien für hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte tätig und berät zu Ausländeraufenthalts- und Ausländerbeschäftigungsrecht. Die Beratungsleistungen der Wirtschaftsagentur spielen nicht zuletzt auch eine Rolle bei der Betriebsansiedelung von Unternehmen und dienen als orientierende Erstberatung, nicht als Rechtberatung! Allein 2023 gab es 4.500 Beratungen - die Nachfrage nach dieser Serviceleistung hat sich damit zum Vorjahr verdoppelt, unterstreicht Friedrich Bruckner.
In Bezug auf die Anträge für die Rot-Weiß-Rot-Karte besteht allerdings noch großes Potenzial. Bis Ende Juni 2023 wurden etwa 3.800 Karten ausgestellt, ein Anstieg von 47 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dieser Zuwachs ist jedoch lange nicht ausreichend, da heimischen Betrieben bis 2040 rund 363.000 Arbeitskräfte fehlen werden, wie WKO-Präsident Mahrer bereits im Frühjahr warnte1.
Einig waren sich alle Expert:innen der Veranstaltung darüber, dass es Zuwanderung aus Drittstaaten braucht, um dem Fachkräftemangel in Europa zu begegnen. Dies liegt daran, dass traditionelle Zuzugsländer wirtschaftlich stark aufholen und als Arbeitsmarkt zunehmend attraktiv werden. Österreich sieht sich daher innerhalb der EU einer wachsenden Konkurrenz um Fachkräfte aus anderen Ländern gegenüber. Um dieser Herausforderung zu begegnen, ist es unabdingbar, verstärkt auch in Drittstaaten nach qualifizierten Arbeitskräften zu suchen.
Gezielte Initiativen der Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer, beispielsweise mit den Philippinen, Brasilien oder auch Montenegro, unterstützen bei der Vernetzung. Die Rot-Weiß-Rot-Karte muss in der Umsetzung und Masse funktionieren. Es bedarf mehr Mut, mehr Innovation und mehr rechtliche Einfachheit, fordern die Spezialist:innen übereinstimmend.
Wichtig sind die klare Botschaft und Einladung an potenzielle Fachkräfte: Bitte kommt, arbeitet und lebt hier in Österreich!
1 https://kurier.at/politik/inland/arbeitsmarkt-mangel-steuern-erleichterung-teilzeit-mahrer-wkoe/402360747