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Unternehmensnachfolge
© wkw/Pippan

Das Unternehmen in neue Hände legen

Die erfolgreiche Weitergabe eines Unternehmens an die nächste Generation erfordert gründliche und rechtzeitige Vorbereitung. Die Wirtschaftskammer Wien bietet Beratung und Unterstützung an.

Lesedauer: 7 Minuten

Aktualisiert am 08.10.2025

NACHFOLGER GESUCHT: Otto Krejci sucht für seine AKA Aluminium Konstruktionen GmbH im 22. Bezirk einen Nachfolger. Interessierte können sich direkt bei ihm melden. www.nachfolgeboerse.at

Es kommt nicht alle Tage vor, dass man sich von seinem Unternehmen trennt. Entsprechend schwer ist es auch dem Wiener Unternehmer Otto Krejci gefallen, sich auf Nachfolgesuche zu begeben. Krejci ist Inhaber und Geschäftsführer der AKA Aluminiumkonstruktionen GmbH, einem auf die Herstellung von Serverschränken und Schaltpulten spezialisierten Aluminiumverarbeitungsbetrieb mit zwei Produktionsstandorten im 22. Bezirk. Für seine Entscheidung hat sich der Unternehmer viel Zeit gelassen: Krejci ist heute 79 Jahre alt und seit 50 Jahren mit Leib und Seele Unternehmer. Seine Augen strahlen vor Euphorie und Tatendrang, wenn er von seinen Geschäften erzählt, ganz so, als wäre er noch Ende 20. „Die Firma ist meine Lebensaufgabe. Ich habe mir hier etwas erarbeitet. Daher ist es mir nicht egal, wer sie übernimmt. Auch wegen meiner langjährigen Mitarbeiter”, berichtet Krejci.

Der demografische Wandel ist auch in der Unternehmerlandschaft sichtbar.

 Die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin hat er vor einigen Monaten über die Nachfolgebörse der Wirtschaftskammer Wien gestartet. Interessenten habe es bereits einige gegeben, aber oft habe er den Eindruck gehabt, sie wollen lediglich die Maschinen abverkaufen und den Betrieb schließen. Seinen sieben Mitarbeitern will er das aber nicht antun. „Ohne meine Mitarbeiter könnte ich nichts machen - und sie nicht ohne mich”, erklärt Krejci. Erst ist Vorjahr hat er sein Unternehmen noch einmal erweitert - durch den Kauf eines wichtigen Lieferanten, bei dem betriebswirtschaftlich einiges zu optimieren war. Jetzt kann die AKA mehr aus einer Hand anbieten, und noch dazu günstiger, berichtet Krejci. Aktuell arbeitet die AKA auf einer eingemieteten Betriebsfläche von rund 2200 m² und ist mit einigen wertvollen Spezialmaschinen ausgestattet - etwa Anlagen für Laserschnitte und Pulverbeschichtungen sowie mit einer Stanzmaschine, einer Abkantpresse und einer Alukreissäge. Die Kundenliste ist lang und prominent. Seine Mitarbeiter bindet er in viele Entscheidungen mit ein, sie arbeiten in einer Vier-Tage-Woche. „Am leichtesten wird es eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger mit Branchenkenntnissen und kaufmännischer Erfahrung haben”, meint Krejci. Wer sich interessiert, könne sich bei ihm direkt melden.

Wien als Übergabe-Hotspot

Otto Krejcis Unternehmen ist eines von tausenden, die in den nächsten vier Jahren zur Übergabe anstehen. „Wir stehen am Anfang einer größeren Übergabewelle. Der demografische Wandel ist auch eindeutig in der Unternehmenslandschaft sichtbar”, so WK Wien-Präsident Walter Ruck. Die KMU Forschung Austria ging 2021 in einer Studie von mehr als 51.000 Betrieben österreichweit aus, die sich zwischen 2020 und 2029 auf Nachfolgersuche begeben - fast ein Viertel aller Arbeitgeberbetriebe. Ein-Personen-Unternehmen sind dabei nicht berücksichtigt, denn bei diesen ist der Unternehmensgegenstand stark an die Person geknüpft und daher selten von einer Übernahme im eigentlichen Sinn auszugehen. In Wien ist die Übergabeintensität überdurchschnittlich hoch. Insgesamt entfielen im Vorjahr ein Viertel aller bundesweiten Übergaben auf Wien, nämlich mehr als 1900 Betriebe. Die meisten gab es 2024 im Gewerbe und Handwerk, gefolgt vom Tourismus und dem Handel. Nach Branchen führt die Gastronomie vor Unternehmensberatung/Buchhaltung/IT und der Fachgruppe der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure. Das Nachfolgethema ist auch höchst arbeitsmarktrelevant - laut Studie der KMU Forschung sichern die bis 2029 zu übergebenden heimischen Betriebe 700.000 Jobs, mehr als 170.000 davon in Wien. „Jede gelungene Übergabe wirkt als Stabilisator für Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze, erhält die regionale Wertschöpfung und trägt zur Innovationsfähigkeit der lokalen Wirtschaft bei”, betont Ruck.

Von der Forschung in den Buchhandel

In der Landstraßer Hauptstraße 33 werden seit fast neunzig Jahren Bücher verkauft, zuletzt 45 Jahre lang von Ingrid und Lothar Laaber. Vor einem halben Jahr haben sie ihr Geschäft an Stephan Hochleithner und Jennifer Kohlseisen weitergegeben. „Wir haben vor vier Jahren angefangen, einen Nachfolger zu suchen und unser Geschäft in der Nachfolgebörse der Wirtschaftskammer Wien inseriert”, erzählt Ingrid Laaber. Vor zwei Jahren wurde die Suche dann intensiviert, „wir haben die Info auch über Lieferanten und Branchenkollegen gestreut.” Gefunden haben sie ihre Nachfolger letztlich dank der WK Wien-Nachfolgebörse. Hochleithner war Wissenschafter und arbeitete an der Uni Zürich in der Forschung. Seinen 40. Geburtstag im Vorjahr nahm er zum Anlass, sein Leben neu einzurichten. Schon als Jugendlicher habe er von einer eigenen Buchhandlung geträumt, erzählt er. Diesen Traum wollte er sich nun verwirklichen. Gemeinsam mit Partnerin Jennifer Kohlseisen dachte er zuerst an eine Neugründung. Dann stießen sie auf das Inserat der Buchhandlung Laaber in der Nachfolgebörse - und stellten fest, dass sich das Geschäft in ihrer Nachbarschaft befindet. „Wir sind dann einfach reingegangen und haben uns vorgestellt”, erinnern sich die beiden. Es dauerte nur ein paar Wochen, bis man sich einig war. Drei Monate lang hospitierte Hochleithner dann bei den Laabers, ehe er und Kohlseisen am 1. März 2025 die Buchhandlung übernahmen. Auf den ersten Blick hat sich dort nicht allzu viel verändert, auch der Name des Geschäfts „Buchhandlung Laaber” blieb unverändert. „Wir haben das Sortiment ein wenig verjüngt und eigene Interessen hereingebracht”, erzählt Hochleithner. Künftig sind auch Lesungen geplant, und Jennifer Kohlseisen möchte zusätzlich Kreativworkshops in der Buchhandlung anbieten. Die Stammkunden seien jedenfalls froh, dass es das Buchgeschäft im Grätzel weiterhin gebe. Auch aus Ingrid Laabers Sicht ist die Übergabe sehr gut gelaufen. „Uns war wichtig, dass das Geschäft als Buchhandlung erhalten bleibt.” Das persönliche Kennenlernen von Übergeber und Übernehmer ist sehr bedeutsam. „Man muss sich wohl fühlen, sein Lebenswerk in andere Hände zu legen. Es kann sehr stolz machen zu sehen, dass sich der Betrieb, den man aufgebaut hat, weiterentwickelt und für den Nachfolger eine Wertigkeit hat. Manche Unternehmer achten mehr auf die Persönlichkeit, andere auf die Branchenkenntnisse oder den Führungsstil des Nachfolgers. Die Suche nach der passenden Person läuft oft über Netzwerke”, so Maija Worek, Forscherin und Lektorin an der FH der WK Wien. Auch der potenzielle Nachfolger sollte das Unternehmen und den Arbeitsalltag ausführlich kennenlernen, ehe er sich entscheidet, den Betrieb zu übernehmen.

Betriebsübergabe, Zahlen, Daten, Fakten
© Icons: Freepik/Flaticon | Lutfix/Flaticon

Geduld und gute Vorbereitung

Man müsse Geduld haben, bis der richtige Interessent gefunden ist, betont Ingrid Laaber. „Wir haben viele leere Kilometer gemacht. Das muss man einplanen.” Wichtig seien auch eine gute Vorbereitung und ein Experte an der Seite - in ihrem Fall ein Rechtsanwalt, der von Anfang an auf potenzielle Hürden und Fußangeln hinwies. Auch wenn man einen Betrieb übernimmt, sei die Bürokratie enorm, resümiert Hochleithner. Er rät diesbezüglich, sich vorab über jeden einzelnen Schritt, der notwendig ist, bis ins Detail zu informieren. Auch ein guter Steuerberater mit Branchenerfahrung sei wichtig. Was er und Kohlseisen nach den ersten Monaten positiv hervorheben: „Wir hätten nicht gedacht, dass unsere Wiener Branchenkollegen so hilfsbereit sind.”

Übergaben erleichtern

„Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten müssen wir sicherstellen, dass Betriebsübernahmen so einfach und effizient wie möglich über die Bühne gehen”, unterstreicht Ruck und fordert in diesem Zusammenhang eine kräftige Erhöhung des Freibetrags bei Veräußerungsgewinnen. Dieser liegt seit 50 Jahren unverändert bei 7300 Euro. Außerdem plädiert die WK Wien für einen Beteiligungsfreibetrag für Betriebsnachfolgen von mindestens 100.000 Euro, verteilt auf fünf Jahre. Das soll den Anreiz für private Kapitalgeber steigern, in KMU zu investieren. Auch das komplexe Mietrecht müsse im Zuge von Betriebsnachfolgen erleichtert werden, so Ruck, etwa durch die Anwendung der gestaffelten Mietzinsanhebung über 15 Jahre - auch dann, wenn Gesellschaftsanteile übertragen werden. Diese Regelung gilt aktuell nur bei der Weitergabe von Einzelunternehmen.

Maija Worek, Forscherin und Lektorin für Familienunternehmen an der FH der WK Wien „Für den weiteren Erfolg des Betriebs ist es wichtig, Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten ins Boot zu holen.”
INTERVIEW mit Maija Worek, Forscherin und Lektorin für Familienunternehmen an der FH der WK Wien
WELCHE BEDEUTUNG HAT DIE UNTERNEHMENSBEWERTUNG?
Die Unternehmensbewertung ist eine wichtige Basis für die Verhandlung bei der Übergabe. Meist werden finanzieller Status, Bilanzen, Jahresabschlüsse und Marktprognosen miteinbezogen. Das Problem bei KMU ist: Oft stehen nicht alle Daten, so wie bei großen Unternehmen, zur Verfügung, und die meisten Methoden berücksichtigen die emotionale Bindung zum Betrieb nicht. Es ist generell ratsam, bei der Übergabe eine externe Unternehmensberatung zu beauftragen, um einen guten Überblick zu behalten. WIE

KÖNNEN ÜBERGEBER IHRE IDEELLEN WERTE VERMITTELN?
Bei KMU sind die Unternehmenswerte oft mit der Persönlichkeit der Inhaber verknüpft. Familienmitglieder oder Mitarbeitende kennen diese Werte bereits, wenn die Übergabe intern erfolgt. Bei einer externen Nachfolge sollte der Inhaber allerdings mindestens ein Jahr einberechnen, damit der Übernehmer die Philosophie und den Unternehmensalltag miterleben kann.

WELCHE VORTEILE BIETET DIE ÜBERNAHME EINES BETRIEBS?
Nachfolger müssen nicht bei null anfangen, sondern übernehmen einen Betrieb mit etabliertem Kundenstock und qualifiziertem Personal. Eine Übernahme bietet viele Vorteile und ist ein sehr guter Weg in die Selbstständigkeit. Viele denken nur an Start-ups und Neugründung, aber nicht an Übernahme. Deshalb ist es wichtig, diese attraktiver zu machen. Mögliche Übernehmer sollten Branche, finanzielle Situation und Marktpotenziale genau beobachten, Stärken und Schwächen kennen, sich gut vernetzen und die richtigen Fragen stellen.

WIE KANN DER BETRIEB NACH DER ÜBERNAHME ERFOLGREICH WEITERGEFÜHRT WERDEN?
Wichtig ist die Balance zwischen Innovation und Tradition. Frischer Wind sorgt für Weiterentwicklung. Die richtige Kommunikation ist essenziell, um qualifizierte Mitarbeiter zu halten und Kundenkontakte zu pflegen.