Nahaufnahme von fünf Münzstapeln nebeneinander. Auf den Münzen liegen sieben weiße Würfel. Auf dem ersten steht Zolltarif. Auf den anderen sind Symbole wie ein Taschenrechner oder eine Waage
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Kanadas entschlossene Antwort auf die US-Zölle

Der Handelskonflikt spitzt sich zu – Kanadas Wirtschaft sucht nach Alternativen und setzt Gegenmaßnahmen

Lesedauer: 3 Minuten

Kanada
14.03.2025

Eskalation des Handelskonflikts: Zölle und Gegenmaßnahmen


Die Handelsbeziehungen zwischen Kanada und den USA stehen erneut unter enormem Druck. Nachdem US-Präsident Donald Trump am 4. Februar 2025 umfassende Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China verhängt hatte, sollten die Abgaben nach einer kurzfristigen Aussetzung am 4. März in Kraft treten. Am 6. März verkündete Trump jedoch eine erneute Aufschiebung der Zölle auf einige kanadische Waren bis zum 2. April, was zumindest eine teilweise Atempause von der 25-prozentigen Abgabe für die kanadische Wirtschaft bedeutet. Das Weiße Haus betonte jedoch zugleich, dass diese Ausnahme nur für kanadische Exporte gelte, die „CUSMA-konform“ seien. Infolgedessen blieben die kanadischen Gegenmaßnahmen weiter aufrecht.

Wiederum kurz darauf, am 12. März, verhängte Trump zusätzlich einen 25-prozentigen Zoll auf kanadische Stahl- und Aluminiumimporte. Kanada reagierte kurzerhand erneut mit Gegenmaßnahmen und erhob Zölle auf US-Waren im Wert von 29,8 Milliarden CAD, zusätzlich zu den bereits bestehenden Retorsionszöllen auf 30 Milliarden CAD an US-Importen. Die neuen Zölle umfassen 12,6 Milliarden CAD an Stahlprodukten, 3 Milliarden CAD an Aluminiumgütern sowie 14,2 Milliarden CAD an weiteren US-Waren, darunter Computer, Gusseisenprodukte und Sportausrüstung. Diese US-Zölle auf Stahl und Aluminium sind unabhängig von weiteren Maßnahmen, die in der Vorwoche ergriffen wurden. 

Mark Carney, Nachfolger von Premierminister Trudeau Nachfolger, erklärte, dass die kanadischen Gegenmaßnahmen so lange in Kraft bleiben, bis die US-Zölle aufgehoben werden. Infolge der jüngsten Entwicklungen wird Kanada die zweite Welle von Gegenmaßnahmen im Wert von 125 Milliarden CAD aber bis zum 2. April aufschieben, nachdem die US-Regierung ihre Zölle weltweit ausweiten will.  

Wirtschaftliche Folgen: Zölle, Exporteinbruch und Arbeitsplatzverluste

Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Eskalation könnten gravierend sein. Laut der Bank of Canada wird erwartet, dass Kanadas Exporte infolge der US-Zölle um 8,5 Prozent einbrechen. Gleichzeitig könnten die Investitionen der Unternehmen um bis zu 12 Prozent zurückgehen, was die niedrige Produktivitätsrate weiter verschärfen würde. Der private Konsum dürfte bis 2027 um mindestens zwei Prozent sinken. Die kanadische Stahl- und Aluminiumbranche kämpft bereits mit der Aussicht auf einen zusätzlichen 25-Prozent-Zoll auf den Export in die USA. Die Energiewirtschaft leidet derweilen unter der 10-prozentigen US-Abgabe auf kanadische Rohstoffe.

Besonders alarmierend sind die Prognosen zum Arbeitsmarkt. Die kanadische Niederlassung der United Steelworkers Union rechnet mit einem sofortigen Verlust von mindestens 30.000 Arbeitsplätzen in der verarbeitenden Industrie, während Wirtschaftsexperten von CIBC eine weit höhere Zahl nennen: Bis zu 350.000 Jobs könnten verloren gehen, falls der Handelsstreit weiter eskaliert und lange andauert. In der Automobilindustrie drohen massive Produktionsausfälle. General Motors hat bereits angekündigt, dass es zu Werksschließungen in Oshawa kommen könnte, da die US-Zölle die nordamerikanischen Lieferketten unterbrechen. Industrievertreter haben Stellenabbau in den betroffenen Sektoren angekündigt und Unternehmen im Metallverarbeitungssektor berichteten von ersten Entlassungen in Ontario und Quebec.Trump ließ zudem verlauten, dass es ab nächsten Monat keine weiteren Ausnahmen für kanadische und mexikanische Autoimporte geben werde, was weitere Unsicherheiten für die Branche schafft.

Kanadas Gegenmaßnahmen und wirtschaftspolitische Reaktionen

Die Provinzen haben bereits begonnen, eigene Maßnahmen gegen die USA zu ergreifen. Ontario hat amerikanische Spirituosen aus seinen staatlich regulierten Alkoholgeschäften verbannt. Ontarios Premier Doug Ford verkündete zusätzlich, dass die Provinz ein 100-Millionen-CAD-Projekt mit Elon Musks Unternehmen Stärling stornieren werde. Zunächst stand außerdem eine 25-prozentige Abgabe auf Stromexporte in die US-Bundesstaaten Minnesota, New York und Michigan im Raum. Diese wurde jedoch nach Gesprächen mit der US-Regierung wieder zurückgezogen.

Die kanadische Bundesregierung setzt neben den Retorsionszöllen auch auf wirtschaftspolitische Unterstützung für betroffene Unternehmen. Die Regierung hat ein Zoll-Rückerstattungsverfahren ins Leben gerufen, das Firmen hilft, wenn sie nachweisen können, dass sie auf US-Produkte angewiesen sind und keine Alternativen finden. Besonders stark betroffene Sektoren können außerdem von erweiterten Arbeitslosenleistungen und direkten Unternehmenshilfen profitieren. Unternehmen, die eine Zollbefreiung beantragen wollen, finden die notwendigen Informationen hier: Remissionsverfahren für kanadische Unternehmen

Viele Experten rufen nun dazu auf, neue Exportmärkte zu erschließen und Handelsstrategien zu diversifizieren. Gleichzeitig fordern mehrere Premierminister den Abbau interprovinzieller Handelsbarrieren, um den Binnenmarkt zu stärken und kanadischen Unternehmen bessere Absatzmöglichkeiten innerhalb des Landes zu bieten. Durch die Harmonisierung von Vorschriften und Standards könnte der innerkanadische Handel gefördert werden, um wirtschaftliche Einbußen durch die US-Zölle teilweise auszugleichen. 

Die Entwicklungen der kommenden Wochen werden entscheidend sein. Unternehmen sollten die Situation genau beobachten, potenzielle Auswirkungen auf ihre Lieferketten analysieren und sich auf mögliche weitere Eskalationen vorbereiten. Weitere Informationen zur Liste der betroffenen US-Produkte finden Sie hier: Kanadische Liste der verzollten US-Produkte.

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E toronto@wko.at 

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