„Energiepolitik ist Standortpolitik“ – Ein Gespräch mit der Industrie Burgenland über die Energiezukunft
Interview mit Christoph Blum, dem Obmann der Sparte Industrie
Lesedauer: 3 Minuten
Die Energiefrage ist längst keine technische Randnotiz mehr, sondern ein zentraler Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Die Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Burgenland schlägt Alarm: Steigende Kosten, langwierige Genehmigungsverfahren und fehlende politische Maßnahmen gefährden den Standort. Wir haben mit Christoph Blum, dem Obmann der Sparte Industrie über die aktuelle Lage, die Herausforderungen und die Erwartungen an die Politik gesprochen.
Herr Blum, wie beurteilen Sie die aktuelle energiepolitische Lage aus Sicht der Industrie Burgenland?
Blum: Die Lage ist angespannt. Energie ist für die Industrie ein zentraler Produktionsfaktor – und mittlerweile ein dominanter Kostenblock. Das betrifft längst nicht mehr nur energieintensive Betriebe. Auch kleinere und mittlere Unternehmen spüren die Belastung massiv. Die Preisentwicklung ist volatil, die Unsicherheit groß. Und was besonders kritisch ist: Österreich koppelt sich zunehmend von den Preisentwicklungen in Europa ab – insbesondere im Vergleich zu Deutschland. Das ist ein hausgemachtes Problem und ein klarer Wettbewerbsnachteil.
Was bedeutet das konkret für die Unternehmen im Burgenland?
Blum: Die Unternehmen stehen unter Druck. Hohe Energiekosten führen zu steigenden Produktionskosten, Investitionen werden zurückgestellt, und die internationale Wettbewerbsfähigkeit leidet. Viele Betriebe überlegen, ob sie bestimmte Produktionsschritte überhaupt noch in Österreich halten können. Das ist eine gefährliche Entwicklung – nicht nur für die Industrie, sondern für den gesamten Standort.
Welche Rolle spielt die Transformation der Industrie in diesem Zusammenhang?
Blum: Eine sehr zentrale. Die Industrie ist mitten in einem tiefgreifenden Wandel – hin zu klimafreundlichen, ressourcenschonenden Produktionsweisen. Aber diese Transformation hängt maßgeblich von der Verfügbarkeit und dem Preis neuer Energieträger und Technologien ab. Wenn Energie teuer und unzuverlässig ist, wird die Transformation gebremst. Nicht, weil die Unternehmen nicht wollen – sondern weil sie wirtschaftlich nicht können.
Es gibt Stimmen, die sagen, die Industrie hätte früher mehr in Effizienz investieren sollen. Wie sehen Sie das?
Blum: Das greift zu kurz. Die Industrie hat in den letzten Jahren viel investiert – in Prozesse, in Digitalisierung, in Energieeffizienz. Die großen Einsparpotenziale liegen heute vor allem im Austausch veralteter Maschinen und Anlagen. Das ist kapitalintensiv und braucht Planungssicherheit. Es geht also nicht darum, dass die Unternehmen zu wenig getan hätten – sondern darum, dass die nächsten Schritte nur mit stabilen Rahmenbedingungen möglich sind.
Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie aktuell?
Blum: Ein großes Problem sind unter anderem die Genehmigungsverfahren. Viele Energieprojekte – ob Photovoltaik, Speicherlösungen oder Netzanschlüsse – scheitern nicht an der Technik, sondern an der Bürokratie. Die Verfahren sind langwierig, intransparent und oft nicht digitalisiert. Das kostet Zeit, Geld und Nerven. Wenn wir die Energiewende ernst nehmen, müssen wir hier dringend nachbessern.
Wir haben klare Erwartungen an die Politik. Wir brauchen vor allem eine Dämpfung der Energiekosten, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Damit einhergehend eine Reform zur Senkung der Energieabgaben sowie zukünftig faire Aufteilung der Netzkosten.
Christoph Blum
Obmann der Sparte Industrie im Burgenland
Was müsste aus Ihrer Sicht konkret passieren?
Blum: Wir haben klare Erwartungen an die Politik. Wir brauchen vor allem eine Dämpfung der Energiekosten, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Damit einhergehend eine Reform zur Senkung der Energieabgaben sowie zukünftig faire Aufteilung der Netzkosten. Ebenso brauchen wir eine technologieoffene Energiepolitik mit Fokus auf zügigen Ausbau einer verlässlichen Energieinfrastruktur sowie die Beschleunigung und Digitalisierung von Genehmigungsverfahren. Außerdem bedarf es effiziente Förderanreize für Eigenversorgung und Effizienzmaßnahmen anstatt Dauersubventionen.
Wie ist die Stimmung in den Unternehmen? Gibt es Hoffnung auf Veränderung?
Blum: Die Unternehmen hoffen, dass sich die Problematik bald ändert. Es gibt viel Innovationskraft und Bereitschaft zur Transformation – aber auch viel Frustration über die politischen Rahmenbedingungen. Die Industrie ist bereit, Verantwortung zu übernehmen. Aber sie braucht Partner in der Politik, die handeln und nicht nur ankündigen.
Was kann die Industrie Burgenland konkret beitragen?
Blum: Wir verstehen uns als konstruktiver Partner. Wir bringen Expertise, Standortverantwortung und Innovationskraft in den politischen Dialog ein. Unser Ziel ist eine Energiezukunft, die ökologisch tragfähig, wirtschaftlich sinnvoll und sozial ausgewogen ist. Wir wollen nicht nur reagieren, sondern aktiv mitgestalten.
Abschließend: Was ist Ihre zentrale Botschaft an die Politik und die Gesellschaft?
Blum: Energiepolitik ist Standortpolitik. Wer heute die richtigen Entscheidungen trifft, sichert morgen Arbeitsplätze, Innovation und Wohlstand. Die Industrie ist bereit, ihren Beitrag zu leisten – aber sie braucht verlässliche Rahmenbedingungen. Es ist Zeit zu handeln.
Forderungen der Industrie Burgenland im Überblick
- Dämpfung der Energiekosten zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit
- Reformen zur Senkung der Energieabgaben sowie zukünftig faire Aufteilung der Netzkosten
- Beschleunigung und Digitalisierung von Genehmigungsverfahren
- Technologieoffene Energiepolitik mit Fokus auf zügigen Ausbau einer verlässlichen Energieinfrastruktur
- Förderanreize für Eigenversorgung und Effizienzmaßnahmen unter Vermeidung von Dauersubventionen.
Am Bild: Spartenobmann Christoph Blum