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Mann mit Anzug leht sich an Holzzaun
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Wer Verantwortung übernimmt, muss auch bereit sein, Entscheidungen zu treffen

Markus Pistauer ist Gründer und CEO der CISC Semiconductor GmbH. Im Interview spricht er über den Mut zur Internationalisierung, kritisiert den Standort Kärnten und erklärt, warum Teamarbeit der Schlüssel zu nachhaltigem Unternehmenserfolg ist.

Lesedauer: 5 Minuten

21.05.2025

Herr Pistauer, Ihr Unternehmen ist international tätig, der Hauptsitz befindet sich aber in Klagenfurt. Was schätzen Sie an Kärnten als Lebensmittelpunkt und Wirtschaftsstandort?

Das ist eine schwierige Frage. Kärnten ist einfach ein schöner und lebenswerter Platz – das steht für mich außer Frage. Natürlich gibt es auch andere schöne Orte, aber hier zu leben und zu arbeiten hat für mich persönlich einen besonderen Wert.

 

Was macht Kärnten als Wirtschaftsstandort aus?

Wenn ich ehrlich bin, fällt es mir schwer, viel Positives zu berichten. Wir haben sehr hohe Lohnnebenkosten, was uns im internationalen Vergleich nicht gerade wettbewerbsfähig macht. Zudem ist die Technologieoffenheit am Standort – und das betrifft nicht nur Kärnten, sondern ganz Österreich – eher eingeschränkt. Regularien auf EU-Ebene, die in Österreich in Gesetzesform gegossen werden, machen es Unternehmen nicht leicht. Auch die infrastrukturelle Anbindung lässt zu wünschen übrig. Der Flughafen Frankfurt ist weit entfernt, Laibach oder Graz sind Alternativen – aber sie sind nicht direkt angebunden, auch nicht mit dem Zug.

 

Warum sind Sie trotzdem in Kärnten geblieben?

Weil es hier nach wie vor Gleichgesinnte gibt – Menschen mit Visionen, die das Land voranbringen wollen. Mit ihnen gemeinsam zu arbeiten, macht große Freude. Das ist keine Ausrede, sondern einer der Hauptgründe, warum ich mich hier engagiere. Ich glaube fest daran, dass Kärnten auch für kommende Generationen ein guter Platz ist – weniger aufgrund wirtschaftlicher Kennzahlen, sondern wegen seiner geopolitischen Lage, den gesellschaftlichen Werten, dem respektvollen Umgang miteinander und dem Verhältnis zur Natur. Hier gibt es eine engagierte Community, die versucht, die Welt von Kärnten aus zu erobern – das begeistert mich.

 

CISC ist im Bereich Mikroelektronik tätig. Können Sie kurz erklären, was genau Ihr Unternehmen macht?

Wir beschäftigen uns mit Kommunikation – also damit, wie Daten übertragen werden: Wie schnell? Wie sicher? Wie zuverlässig? Unsere Technologien kommen auf verschiedenen Ebenen zum Einsatz – von der Kommunikation innerhalb eines Mikrochips bis hin zur Integration in komplexe Anwendungen. Dabei arbeiten wir eng mit unseren Kund:innen zusammen, um Kommunikationseinheiten optimal in Chips zu integrieren, zu verifizieren und in Anwendungen umzusetzen.

 

Ihre Lösungen kommen also auch in Industrieunternehmen zum Einsatz?

Absolut. Unsere vier Geschäftsbereiche stehen in engem Austausch mit Industrieunternehmen. Gemeinsam entwickeln wir neue Technologien und bringen sie in die Praxis. Mit unseren Testsystemen helfen wir beispielsweise, Produkte in der Produktion schneller und mit höherer Qualität zu fertigen. Das verkürzt Produktionszeiten und erhöht die Effizienz.

 

Welche technologischen Entwicklungen sind derzeit die wichtigsten Treiber in der Industrie?

Künstliche Intelligenz wird eine zentrale Rolle spielen, um auf die steigenden Personalkosten zu reagieren. Automatisierung und Digitalisierung sind essenziell, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Natürlich wird sich die Arbeit verändern – manche Jobs werden wegfallen, andere entstehen. Das erfordert neue Qualifikationen, aber auch ein starkes Weiterbildungsangebot. Wer hier mutig vorangeht, wird international bestehen können.

 

Die Industrie leidet seit drei Jahren unter einer Rezession. Wie geht es Ihrer Branche?

Man muss hier differenzieren. Natürlich gibt es Unternehmen, denen es weniger gut geht – wir selbst hatten auch Jahre, in denen wir unsere Ziele nicht ganz erreicht haben. Aber das ist jammern auf hohem Niveau. In Bereichen wie RFID oder NFC sehen wir Wachstumsraten von 12 bis 15 Prozent – da verdoppelt sich das Marktvolumen bis 2030. Gleichzeitig fallen andere Bereiche, etwa Steuergeräte für Verbrennungsmotoren, derzeit weg. Es ist ein durchwachsenes Bild, aber wir sehen insgesamt viele Chancen.

 

Wie sieht es mit dem Fachkräftemangel aus? Können Sie qualifiziertes Personal gewinnen?

Es gab Phasen, in denen es wirklich schwierig war, geeignete Leute zu finden. Derzeit hat sich die Lage etwas entspannt – auch weil es bei manchen Leitbetrieben Einsparungen gab. Wir haben aktuell offene Stellen und bekommen gute Bewerbungen. Aber klar ist auch: Wir brauchen hochqualifizierte Fachkräfte, vor allem in technologiegetriebenen Bereichen. Und der Bedarf wird eher steigen als sinken.

 

Wie beurteilen Sie die Ausbildungssituation in Kärnten in den Bereichen Technik und Digitalisierung?

Es gibt Potenzial zur Verbesserung, keine Frage. Aber es tut sich auch viel. Joanneum Research hat zwei Institute im Lakeside Park eröffnet, auch die Fraunhofer-Gesellschaft ist mittlerweile mit einem Institut vertreten. Das sind wichtige Schritte, die ich sehr begrüße.

 

Was braucht es politisch, damit Kärnten als Standort erfolgreich bleibt oder erfolgreicher wird?

Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Die Zusammenarbeit der zuständigen Landesrätinnen war in der Vergangenheit hervorragend. Es gibt personelle Veränderungen, aber ich sehe keinen Grund, warum diese gute Kooperation nicht fortgesetzt werden sollte. Kärnten hat sich in den letzten Jahren industriell weiterentwickelt. Das liegt auch daran, dass viele Akteur:innen engagiert daran arbeiten. Es gibt tolle Initiativen – etwa den autonom fahrenden Bus. Auch wenn er aktuell aus rechtlichen Gründen nur sehr langsam fahren darf, zeigt das doch, was technisch möglich ist. Wichtig ist, dass wir bestehende Rahmenbedingungen nutzen und uns nicht entmutigen lassen.

 

Sie sind seit vielen Jahren erfolgreich unternehmerisch tätig. Was macht aus Ihrer Sicht einen guten Manager aus?

Da bin ich ehrlich – ich halte mich nicht für denjenigen, der anderen erklären sollte, was ein erfolgreicher Manager tun oder lassen soll. Dafür gibt es kein Patentrezept. Ich sehe Management nicht als Einzelleistung. Für mich ist Führung immer ein Zusammenspiel unterschiedlicher Rollen, Verantwortlichkeiten und Perspektiven im Unternehmen. Teamarbeit ist entscheidend – nicht im Sinn einer naiven Harmonie, sondern als konstruktives Miteinander, bei dem auch unterschiedliche Meinungen Platz haben müssen. Am Ende braucht es natürlich Menschen, die entscheiden. Wer Verantwortung übernimmt, muss auch bereit sein, Entscheidungen zu treffen – und mit den Konsequenzen zu leben. Nicht jede Entscheidung kann demokratisch getroffen werden, aber alle sollten nachvollziehbar und gut kommuniziert sein. Vor allem ist es wichtig, auch jene mitzunehmen, die eine Entscheidung vielleicht nicht sofort nachvollziehen können. Sie sollten sich nicht ausgeschlossen fühlen, sondern verstehen, warum bestimmte Wege eingeschlagen werden – und im besten Fall selbst Teil der Umsetzung werden. Ich glaube, genau das macht ein gutes Team – und letztlich auch ein erfolgreiches Unternehmen – aus.

 

Welche unternehmerische Entscheidung war für Sie persönlich am wichtigsten?

Eine der wesentlichsten Entscheidungen war aus meiner Sicht, von Anfang an global zu denken. Wir haben damals, noch zu einer Zeit, als das in Österreich eher ungewöhnlich war, Englisch als Unternehmenssprache eingeführt – ein Schritt, der heute selbstverständlich scheint, aber damals durchaus gewagt war. Unser Geschäftsmodell war nie auf einen regionalen Markt ausgerichtet. Wir sind immer davon ausgegangen, dass unsere Kund:innen weltweit verteilt sind – und dass wir uns auch im globalen Wettbewerb behaupten müssen: mit hochwertigen Produkten, mit international konkurrenzfähigen Preisen und mit einem technischen Support, der weltweit funktioniert.

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