Klagenfurt verschläft die Zukunft und ermittelt nun im eigenen Versagen
Ein Kommentar von Franz Ahm, Unternehmer und WK-Bezirksobmann von Klagenfurt.
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Die Zukunft fährt ein und die Stadt Klagenfurt steht daneben, als wäre sie Zaungast eines Ereignisses, das andere gestalten. Die Koralmbahn öffnet einen Wirtschaftsraum von bisher unerreichter Dimension und die Landeshauptstadt steht daneben, als hätte sie erst im letzten Moment begriffen, welche historische Chance hier entsteht.
Ich habe in einem Interview am vergangenen Wochenende offen ausgesprochen, was seit Jahren überfällig ist. Ein klares Bahnhofsquartier. Ein funktionierendes Park & Ride. Eine anständige Verbindung zwischen Innenstadt, Universität, Fachhochschule und Wörthersee. Eine Bahnhofstraße, die nicht den Eindruck einer heruntergekommenen Randkulisse macht, sondern ein würdiges Tor zu einer Landeshauptstadt ist. All das lag auf dem Tisch. All das wurde präzise erklärt und wiederholt vorgelegt. Doch während die Region Vorbereitungen für die AREA SÜD vorantreibt, hat Klagenfurt den Wecker stets gehört, aber immer weggedrückt und weitergeschlafen.
Die eigentlichen Versäumnisse sitzen nicht im Kleinen, sondern im Großen. Es fehlen Mut, Prioritätensetzung und Verantwortungsbewusstsein. Klagenfurt hat nicht auf Schiene gebracht, was längst hätte umgesetzt sein müssen. Und als die Wahrheit öffentlich wurde, war die Empörung groß - aber nicht über das Versäumnis, sondern über die Offenlegung desselben.
Nun wird fieberhaft ein Schuldiger gesucht. Der jüngste Versuch stammt von Vizebürgermeister Patrick Jonke, der in einer Presseaussendung betont, die angekündigten 60 Parkplätze beim Bahnhof lägen einzig im Verantwortungsbereich von Stadträtin Sandra Wassermann. Es existiere ein fertiger Vertragsentwurf, man warte lediglich auf ihre Entscheidung.
Diese Darstellung ist bemerkenswert. Nicht, weil sie neu wäre, sondern weil sie die politische Mechanik sichtbar macht. Jonke, der selbst keinerlei erkennbaren Beitrag zur Vorbereitung der Stadt auf die Koralmbahn geleistet hat, deutet mit ausgestrecktem Finger auf die Kollegin und erklärt damit das Problem für gelöst, solange er es weiterreicht. Die entscheidende Frage, wie eine gesamte Stadtregierung jahrelang tatenlos zusehen konnte, bleibt ungeklärt.
Währenddessen zeigt die Realität ein klares Bild. Die Bahnhofstraße empfängt Reisende nicht mit Zukunftsgeist, sondern mit Ernüchterung. Die strategischen Verbindungen fehlen. Die Vorbereitungen sind, falls überhaupt vorhanden, lückenhaft. Die politische Entschlossenheit ist nicht sichtbar. Klagenfurt hat eine Jahrhundertchance nicht verschlafen, sondern bewusst ignoriert.
Die AREA SÜD steht für mehr Menschen, mehr Märkte, mehr Miteinander. Klagenfurt liefert derzeit MEHR Probleme und MEHR Kopfschütteln.
Der Denkzettel pickt. Ob er verstanden wird, bleibt offen. Wer jahrelang nicht wach geworden ist, erkennt selten beim ersten Blick in den Spiegel, dass nicht der Spiegel das Problem ist. Die Region bewegt sich. Die Wirtschaft auch. Der Zug wartet nicht. Er fährt schon.
Franz Ahm
Unternehmer und WK-Bezirksobmann in Klagenfurt