Vergabetipp: Vorsicht bei elektronischer Übermittlung von Informationen über eine Vergabeplattform
von Dr. Andreas Gföhler, Rechtsanwalt bei Schramm Öhler RAe und Dr. Vanessa Preininger, LL.M., Rechtsanwältin bei Schramm Öhler RAe
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Informationen gelten im Sinne des § 48 Abs 4 BVergG 2018 als übermittelt, sobald die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Mit dem Zugang elektronisch übermittelter Unterlagen eines Bewerbers iSd § 48 iVm Anhang V BVergG 2018 befassten sich in einem Fall zuerst das Bundesverwaltungsgericht (kurz: BVwG) und schließlich in letzter Instanz der Verwaltungsgerichtshof (kurz: VwGH) im Erkenntnis vom 20.12.2024, Ra 2022/04/0136 wie folgt:
Ein öffentlicher Auftraggeber hat ein Verhandlungsverfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung in zwei Los durchgeführt. Ein Bewerber wurde zur Nachreichung von fehlenden Nachweisen mit dem Hinweis aufgefordert, dass das Risiko des rechtzeitigen Eingangs der Nachreichung der Bewerber trage und bei nicht fristgerechter oder unvollständiger Nachreichung ein Ausscheidensgrund vorliege.
Der Bewerber hat seine Unterlagen auf die Vergabeplattform hochgeladen und abgespeichert. Die Schaltfläche „senden“ hat er jedoch nicht betätigt. Der öffentliche Auftraggeber erhielt daher die Unterlagen nicht fristgerecht und hat den Bewerber aufgrund der nicht fristgerechten Aufklärung (§ 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018) nicht zur zweiten Stufe des Vergabeverfahrens zugelassen.
Das BVwG führte im vom Bewerber angestrengten Nachprüfungsverfahren aus, dass gemäß der bestandsfesten Teilnahmeunterlagen alle Bestandteile des Teilnahmeantrages ausschließlich in elektronischer Form über das konkret bezeichnete Vergabeportal fristgerecht einzureichen gewesen wären. Demnach galt der Teilnahmeantrag als rechtzeitig eingelangt, wenn der gesamte Abgabeprozess (uploaden, signieren und verschlüsseln) auf dem Beschaffungsportal korrekt durchgeführt wurde. Die Übermittlung von Teilnahmeunterlagen erfolgt somit auf Risiko des Bewerbers.
Weiters führte das BVwG zusammengefasst aus, dass Unterlagen iSd § 48 Abs 4 BVergG 2018 erst dann als übermittelt gelten, wenn diese in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers (hier: Verfügungsbereich des öffentlichen Auftraggebers auf der Vergabeplattform) gelangen. Gespeicherte Unterlagen, welche der öffentliche Auftraggeber (noch) nicht abrufen kann, können nicht als in den „elektronischen Verfügungsbereich gelangt“ verstanden werden.
Das reine „Speichern“ stellt folglich nur einen Zwischenschritt dar. Die Daten können auf der betreffenden Vergabeplattform in diesem Stadium weiterhin bearbeitet werden und befinden sich daher noch im Verfügungsbereich der Bewerber bzw. Bieter.
Im konkreten Fall hat der Bewerber die Schaltfläche „Senden“ nicht betätigt. Die Daten bzw. Unterlagen gelangten somit nicht in den Verfügungsbereich des Auftraggebers. Nach der Entscheidung des Gerichts hätte ein fachkundiger Bewerber bzw. Bieter die unterschiedlichen Anwendungsbereiche zwischen „Speichern“ und „Senden“ erkennen bzw. zumindest mit der gebotenen Sorgfalt hinterfragen müssen. Die Nicht-Zulassung des Bewerbers war daher rechtmäßig. Der VwGH wies die Revision gegen diese Erkenntnis des BVwG als unzulässig zurück und bestätigte somit die Entscheidung desselben.
Vergabetipp
- Bewerber bzw. Bieter sollten bei der Übermittlung von Informationen oder Unterlagen (Teilnahmeanträge, Angebote, etc.) beachten, dass der gesamte Abgabeprozess (uploaden, signieren und verschlüsseln) auf der jeweiligen Vergabeplattform vollständig und fristgerecht abgeschlossen wird.
- Maßgeblich für die gesetzeskonforme Übermittlung von Informationen oder Unterlagen ist der Zeitpunkt, zu dem die Daten tatsächlich in den elektronischen Verfügungsbereich des Auftraggebers gelangen.
- Bei der Anwendung „Speichern“ auf einer e-Vergabeplattform sollten Bewerber bzw. Bieter in der Regel davon ausgehen, dass sie die Daten noch nicht (fristgerecht) an den öffentlichen Auftraggeber übermittelt haben.
VwGH 20.12.2024, Ra 2022/04/0136