Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker, Bundesinnung

Erbringung elektrotechnischer Leistungen ohne Elektrotechnik-Gewerbeberechtigung im Nebenrecht

Merkblatt für Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker

Lesedauer: 3 Minuten

16.04.2024

Das österreichische Gewerberecht erlaubt Gewerbetreibenden unter        bestimmten Voraussetzungen zulässigerweise eine Reihe von Tätigkeiten auszuüben, die normalerweise Gegenstand anderer Gewerbe sind. Diese "sonstigen Rechte von Gewerbetreibenden" werden auch als   Nebenrechte bezeichnet und stehen allen Gewerbetreibenden gleichermaßen zu (Erzeuger, Händler oder Dienstleister), unerheblich, ob ein freies oder ein reglementiertes Gewerbe betrieben wird.

1. Bedingungen für die Ausübung von elektrotechnischen Leistungen im Nebenrecht (§ 32 Abs. 2, 2. Satz GewO):

Bei der Ausübung von Tätigkeiten im Nebenrecht muss gewährleistet sein, dass soweit es aus Gründen der Sicherheit notwendig ist, sich die Gewerbetreibenden, die im Nebenrecht Leistungen anderer Gewerbe erbringen, entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte bedienen.

Bei jeder Art der Ausübung von Nebenrechten (§ 32 Abs. 1 und 1a GewO) müssen sich Gewerbetreibende entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte bedienen.

Es handelt sich dabei nicht um eine Vorschrift über eine erforderliche Gewerbeberechtigung oder -befugnis, sondern einer gesetzlich vorgeschriebenen Eignung bzw. Qualifikation (Ausbildung und Erfahrung) von Arbeitnehmern, die für den Gewerbetreibenden Leistungen im Nebenrecht erbringen. "Gründe der Sicherheit" liegen jedenfalls vor, wenn durch die Ausübung eines Nebenrechts Gefahren für Leben, Gesundheit oder Eigentum entstehen können.

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (Zl: BMWFJ-37.000/0174-I/5a/2012) weist in diesem Zusammenhang eigens darauf hin, dass eine Person jedenfalls als ausgebildete und erfahrene Fachkraft anzusehen ist, die

  • eine Lehrabschlussprüfung im Bereich Elektrotechnik erfolgreich abgelegt hat oder
  • über eine mehrjährige fachliche Tätigkeit mit Ausbildung in Theorie und Praxis (z.B. abgeschlossene Lehre mit mehrjähriger Tätigkeit in dem erlernten Beruf oder Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule mit mehrjähriger Berufstätigkeit) verfügt und zusätzlich eine spezielle fachliche Zusatzausbildung (mit den Mindestinhalten des "Lehrgangs für elektrotechnische Sicherheitsvorschriften") absolviert hat.

Auf diese Weise wird sichergestellt, dass derart qualifizierte Personen aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnisse der einschlägigen Normen und Bestimmungen die ihr übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen können.

2. Lehrgang über elektrotechnische Sicherheitsvorschriften (Mindestinhalte für die geforderte spezielle fachliche Zusatzausbildung)

  • Wirkungen des elektrischen Stromes auf den Menschen, erste Hilfe bei Elektrounfällen ...... 2 Lehrstunden
  • Stromausbreitung im Erdreich, Spannungstrichter, Erder, Schrittspannung ...... 1 Lehrstunden 
  • Fehlerspannung und Berührungsspannung, Potentialausgleich ...... 1 Lehrstunden
  • Messung und Prüfung von Erdern ...... 2 Lehrstunden 
  • Leitungsschutz, Schmelzsicherungen, Leitungsschutzschalter ...... 2 Lehrstunden
  • Elektrotechnikgesetz, ÖVE-Vorschriften, nationale und  internationale elektrotechnische Sicherheitsvorschriften, Vorschriften über die Normalisierung und Typisierung, Normen, Vorschriften über Unfallverhütung und Arbeitnehmerschutz ...... 3 Lehrstunden
  • elektrotechnisches Prüfwesen ...... 1 Lehrstunden
  • Errichtungsvorschriften für Niederspannungsanlagen 
    (ausgenommen Schutzmaßnahmen) ...... 5 Lehrstunden
  • Errichtungsvorschriften für Hochspannungsanlagen ...... 2 Lehrstunden
  • Errichtungsanlagen für Blitzschutzanlagen ...... 1 Lehrstunden
  • Schutzmaßnahmen in den Niederspannungsanlagen (Schutzkleinspannungen, Schutztrennung, Schutzisolierung, Schutzerdung, Schutzleitungssystem, FI-Schutzschaltung, Prüfung der Schutzmaßnahmen, Reparatur von Geräten) ...... 6 Lehrstunden 
  • praktische Übungen (Erdungsmessungen, Bestimmung des spezifischen Erdungswiderstandes, Schleifenwiderstandsmessungen, Prüfung der FI-Schutzschaltung, Prüfung des Potentialausgleiches, Isolationswiderstandsmessung) ...... 8 Lehrstunden

Die Gesamtzahl der Lehrstunden des Lehrganges hat mindestens 34 zu betragen.

3. Art und Umfang elektrotechnischer Leistungen, die im Nebenrecht erbracht werden dürfen

Im Rahmen des Nebenrechts dürfen von Gewerbetreibenden ohne Elektrotechnik-Gewerbeberechtigung lediglich Leistungen im Zusammenhang mit "steckerfertigen elektrischen Betriebsmitteln" durchgeführt bzw. Elektrogeräte an bestehende und ausreichend dimensionierte Stromversorgungsleitungen angeschlossen werden.

Davon sind jedenfalls ausgenommen Prüfungen von elektrischen Anlagen bzw. wiederkehrende Prüfungen von elektrischen Anlagen oder ortsveränderlicher Betriebsmittel, die ausschließlich Gewerbetreibenden der Elektrotechnik vorbehalten sind und nicht im Nebenrecht durchgeführt werden dürfen.

Es muss sichergestellt sein, dass gem. § 3 ETG 1992 elektrische Betriebsmittel und elektrische Anlagen so zu errichten, herzustellen, in standzuhalten und zu betreiben sind, um ihre Betriebssicherheit, die Sicherheit von Personen und Sachen, ferner in ihrem Gefährdungs- und Störungsbereich der sichere und ungestörte Betrieb anderer elektrischer Anlagen und Betriebsmittel sowie sonstiger Anlagen zu gewährleisten. Jeder Gewerbetreibende, der auch im Nebenrecht elektrotechnische Leistungen erbringt, hat dafür Gewähr zu leisten.

4. Strafbestimmungen (§ 367 Z 33 GewO) 

Kommt der Gewerbetreibende seiner Verantwortung nicht nach, zur Erbringung von Leistungen im Nebenrecht, soweit es aus Gründen der Sicherheit notwendig ist, entsprechend ausgebildete und erfahrene Fachkräfte einzusetzen, so begeht dieser

eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist.

Die Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen zum Nebenrecht (Einhaltung der Obergrenzen, Beschäftigung von entsprechend ausgebildeten und erfahrenen Fachkräften u.a.) obliegt der zuständigen Gewerbebehörde, z.B. durch das Einsehen von Büchern oder anderen zur Prüfung von Unternehmen berufenen Behörden.


© Bundesinnung der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker                             Wien, im Juli 2022


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