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Sparte Industrie

Die Zündung des „Verfahrensturbos“

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 3 Minuten

29.09.2025

Wie steht es um die Umsetzung der von der Politik im Sommer in Aussicht gestellten verfahrensbeschleunigenden Maßnahmen? Ein Statusbericht.

Mit dem Ende Juli beschlossenen Ministerratsvortrag wurden – unter dem verheißungsvollen Titel „Verfahrensturbo: Beschleunigung von Genehmigungsverfahren“ - Änderungen im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G), eine rasche Umsetzung der EU-RED III-Richtlinie mit einem Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) in Aussicht gestellt.

Der Beschluss bildete im Wesentlichen jene Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung ab, die durch das Engagement der WKÖ auch Eingang in das Regierungsprogramm 2025-2029 gefunden haben.

Wesentlich war dabei das Bekenntnis, dass zu einer Stärkung des Standorts und der heimischen Wirtschaft sowie zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit rasche und entschlossene Maßnahmen erforderlich sind. Dringend benötigte Innovationen und Investitionen dürfen nicht mehr durch unnötig lange Verfahrensdauern bei Industrie-, Energiewende- und Infrastrukturvorhaben gehemmt werden.

Zwei der im Ministerratsvortrag genannten Normen, das AVG und das EABG, gingen zwischenzeitlich in Begutachtung:

Novelle zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) – Großverfahren

Unmittelbar nach Beschluss des Ministerratsvortrags wurde der Entwurf für eine Novelle zum AVG (Großverfahren) zur Stellungnahme ausgesendet.

Die WKÖ setzt sich seit Jahren für eine Reform des Großverfahrens im AVG ein und hat dazu bereits im Vorfeld einen umfangreichen Katalog an Vorschlägen zur Beschleunigung und Vereinfachung von Verfahren eingebracht. Viele dieser Forderungen haben in den Entwurf Eingang gefunden.

Hinsichtlich der Regelungen für Großverfahren im AVG herrschte praktisch Reformstillstand seit 1998. Das heißt, es erfolgte keine adäquate Anpassung an die dynamischen Entwicklungen im Umweltrecht und in der Digitalisierung. Die Folgen für die Wirtschaft und Verwaltung waren veraltete Rahmenbedingungen für Genehmigungen, Investitionen wurden unnötig erschwert, in die Länge gezogen und verteuert.

Der vorliegende Entwurf sieht nun mit einem erleichterten Einstieg in das Großverfahren, einem Entfall der Ediktalsperre, einer verkürzten Auflagedauer, der Einführung des „strukturierten Verfahrens“ und einem wirksamen Schluss des Ermittlungsverfahrens (nach Vorbild des UVP-G) die seit Langem geforderte Reform vor.

Einen Wermutstropfen im Entwurf stellt die Kundmachungsregelung dar. Kundmachungen spielen in Genehmigungsverfahren eine große Rolle. Auf Kosten des Projektwerbers müssen verschiedene Verfahrensschritte kundgemacht werden: Der Genehmigungsantrag, die mündliche Verhandlung oder der Genehmigungsbescheid. Wir sehen es daher sehr kritisch, dass mit der Novelle lediglich die Kundmachung in der Wiener Zeitung durch eine Kundmachung im „Rechtsinformationssystem des Bundes“ (RIS) ersetzt wird, ohne dass gleichzeitig die nicht mehr zeitgemäße Kundmachung in den Tageszeitungen aufgehoben wird. In unserer Stellungnahme fordern wir daher u.a., dass die Kundmachungsvorschriften zeitgemäß gestaltet werden und künftig das Internet als Medium ausreichen sollte.

Insgesamt ist der Entwurf allerdings (abgesehen von der Kundmachungsregelung) durchwegs positiv zu bewerten.

Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G)

Derzeit laufen Verhandlungen zu einem Begutachtungsentwurf für eine Novelle zum UVP-G, in die die WKÖ eingebunden ist und bereits eine ganze Reihe von konkreten Vorschlägen für effizientere und raschere Verfahren eingebracht hat. Noch heuer soll ein Begutachtungsentwurf vorliegen.

Erneuerbaren Ausbau Beschleunigungsgesetz (EABG)

Anfang September ging das EABG in Begutachtung. Der Entwurf ist ambitioniert und enthält bereits eine Vielzahl an Regelungen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Energiewendevorhaben, die großteils aus dem UVP-G übernommen wurden.

One-Stop-Shop: Herzstück des EABG ist die grundsätzlich bei den Landeshauptleuten angesiedelte Verfahrens- und Entscheidungskonzentration für Vorhaben der Energiewende. Für Erneuerbaren-Erzeugungsanlagen, aber auch für Umwandlungsanlagen von Strom in Wasserstoff oder synthetisches Gas sowie Energiespeicheranlagen, die unterhalb der Schwelle des UVP-G angesiedelt sind, sollen nach dem EABG alle materienrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen in einem abgehandelt werden: eine Behörde, ein Verfahren, eine Entscheidung.

Zentralisierte Kundmachung online: Kundmachungen nach dem EABG haben online im RIS sowie auf der Homepage der Behörde zu erfolgen.

Wer profitiert?  Privilegiert nach dem EABG sind Vorhaben der Energiewende. Darunter fallen insbesondere: Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Wind-/Wasserkraft, PV-Anlagen, Wärmepumpen, etc.), Anlagen zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder synthetisches Gas, Energiespeicheranlagen und elektrische Leitungsanlagen (Batteriespeicher), Fernwärme- und Fernkältenetze sowie damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehende sonstige Maßnahme (auch Hilfseinrichtungen).

Überragendes öffentliches Interesse: Das EABG sieht ein überragendes öffentliches Interesse an Energiewendevorhaben vor. Bei entsprechender Widmung können das Ort-/Landschaftsbild sowie der Charakter und Erholungswert der Landschaft ein Erneuerbaren-Projekt nicht mehr verhindern.

Weiteres Verbesserungspotenzial im Sinne des Standorts und Konjunkturbelebung, etwa die Aufnahme von CO2-Anlagen der Industrie (Anlagen, die der Abscheidung, dem Transport und der Speicherung von Kohlenstoffdioxid dienen) und von Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff in den Anwendungsbereich des EABG werden wir in unserer Stellungnahme einfordern.

Kurz zusammengefasst: Der vorliegende Entwurf für ein EABG ist ambitioniert und bringt eine Vielzahl an effizienten Regelungen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Energiewendevorhaben, die großteils aus dem UVP-G übernommen wurden. Wir werden uns daher für eine rasche Beschlussfassung des EABG einsetzen. Nach aktuellem Stand ist das Inkrafttreten des EABG mit frühestens 1. Juli 2026 angedacht. Ob es dazu kommen wird, muss sich angesichts der notwendigen 2/3-Mehrheit im NR noch zeigen.

Autor:

Mag. Gerfried Habenicht
E-Mail: gerfried.habenicht@wko.at

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