Building Information Modeling (BIM)
BIM Projekte mit dem Auftraggeber erfolgreich abwickeln
Lesedauer: 5 Minuten
Wie auch andere Sektoren steht die Bau- und Immobilienwirtschaft vor großen Herausforderungen und Veränderungen. Klimawandel, Verfügbarkeit und volatile Preise von Materialien und Rohstoffen, Fachkräftemangel und zunehmende Unsicherheit aufgrund geopolitischer Umbrüche erfordern auch in traditionellen Branchen, wie zum Beispiel dem Bauwesen ein sukzessives Neudenken und Hinterfragen etablierter Herangehensweisen und Prozesse.
Die „Digitalisierung“ und die damit verbundene Anwendung neuer Methoden und Technologien wie Building Information Modeling (BIM) werden dabei als Chance und Teil der Lösung zur Bewältigung der genannten Herausforderungen gesehen. Gleichzeitig führen dadurch ausgelöste Veränderungen vielfach zu Unsicherheit bei den Projektakteuren, sowohl auftraggeber- als auch auftragnehmerseitig.
Die Gewerke der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) spielen dabei eine Schlüsselrolle. Die Qualität der Planung und Ausführung der TGA in einem Projekt beeinusst maßgebend die Kosten, die CO2-Bilanz und den Energieverbrauch einer Immobilie über den Lebenszyklus. Zudem führt die rasch voranschreitende technologische Entwicklung gebäudetechnischer Systeme, nicht zuletzt selbst vorangetrieben durch digitale Technologien, zu einem steigenden Grad des technischen Ausbaus und einer zunehmenden Komplexität in Projekten. Dies betrifft insbesondere Großprojekte, in denen die TGA das ausschlaggebende Kriterium für eine kostentechnisch und terminlich erfolgreiche Projektabwicklung ist. Die TGA muss daher eine zentrale Stellung in Projekten einnehmen und ein integrativer und maßgebender Faktor in BIMProjekten und auf der zukünftigen „digitalen Baustelle“ sein.
Der „Verband der technischen Gebäudeausrüster“ (VTGA) vertritt in Österreich die industriellen Unternehmen in den Bereichen Heizung, Klima, Lüftung und Sanitär. Seine 23 Mitglieder beschäftigen ca. 6500 Mitarbeiter und erzielen einen Umsatz von ca. 1 Mrd. €.
Die ausführenden Unternehmen in der technischen Gebäudeausrüstung haben unterschiedlichste BIM-Software erfolgreich im eigenen Unternehmen eingeführt. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass BIM im Sinne eines gesamtheitlich gesteuerten neuen Prozesses unter Berücksichtigung aller sich daraus ergebenden Schnittstellen und Teilprozesse mit wenigen Ausnahmen in der Praxis noch nicht gelebt wird. Damit werden die möglichen Potentiale der BIM-Methodik und die damit verbundenen Vorteile für alle Projektbeteiligten momentan nur ansatzweise genutzt.
Die TGA-Unternehmen unterstützen die Anwendung der BIM-Methodik sowie deren Weiterentwicklung und Etablierung in der Praxis im Sinne eines gesamtheitlichen Prozesses.
Dieses Statement versucht aufzuzeigen, welche kritischen Faktoren es im Zusammenspiel der Partner im Bereich BIM gibt, und wie Probleme vermieden werden können. Aus Sicht der TGA-Unternehmen sind dabei zuallererst das Zusammenwirken zwischen der Auftraggeber- und Auftragnehmerseite sowie die Gestaltung der Schnittstelle zur Objektund Fachplanung essentiell, da hierdurch die Grundlage für erfolgreiche BIM-Projekte gelegt wird.
Notwendige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Projektabwicklung
Zieldefinition/Anforderungen/Nutzung des BIM-Modells
Vor Projektbeginn sind durch den Auftraggeber bzw. seine Konsulenten die auftraggeberseitigen Wünsche und Zielsetzungen hinsichtlich der erwarteten Nutzung der BIM Methodik und der erstellten BIM-Modelle in den unterschiedlichen Leistungsphasen des Projekts zu denieren und ein gemeinsames Verständnis sicherzustellen. Dies inkludiert insbesondere auch die weiterführende Nutzung von BIM-Modellen im gesamten Gebäudelebenszyklus. Die von unterschiedlichen Gewerken zu erbringenden Vorleistungen bei einer leistungsphasenübergreifenden Nutzung von BIM-Modellen müssen klar deniert sein. Dies beinhaltet die Denition von Form, Inhalt und Qualität von zu übergebenen Modellen. Diesbezügliche Regelungen sind in entsprechenden Dokumenten wie z.B. den AuftraggeberInformationsanforderungen (AIA) festzuhalten.
Gesamtprozess-Koordination/Verantwortlichkeiten/Management von Schnittstellen
Ein adäquates BIM-Management seitens Auftraggeber, Planungsteam und ausführenden Unternehmen und eine entsprechende Kompetenz bei den handelnden Projektakteuren sind ein Schlüssel für den Projekterfolg. Seitens des Auftraggebers muss der BIM-Gesamtprozess durchgedacht und an die Projektbeteiligten kommuniziert bzw. übergeben werden. Es ist ein gemeinsames Verständnis zwischen Auftraggeber, Planungsteam und ausführenden Unternehmen hinsichtlich der Zielsetzungen und Herangehensweise in BIM-Projekten zu schaffen. Die Rollen und Verantwortlichkeiten sind wie die Zuständigkeiten und Schnittstellen klar und eindeutig in einem BIM-Abwicklungsplan (BAP) zu vereinbaren. Dies ist aufgrund der vielen Schnittstellen für den Bereich TGA essentiell. Von Seiten des Auftraggebers sollte von Projektbeginn weg und über alle Leistungsphasen hindurch ein BIMManagement bereitgestellt werden. Die Projektstrukturen müssen in allen Leistungsphasen klar deniert sein und sind vor dem Projektstart an die Projektakteure zu übergeben.
Anforderungen an auszutauschende BIM-Modelle / Arbeiten mit BOIM-Modellen
BIM-Projekte müssen so geplant werden, dass eine openBIM-Struktur möglich ist. Grundsätzlich haben alle Gewerke in der BIM-Methodik zu planen. Das BIM-Modell der Architektur bzw. der TGA-Fachplanung muss vor dem Beginn der TGA-Ausführung vorhanden sein und geprüft bereitgestellt werden. Es dürfen nur geprüfte Modelle weitergegeben werden. Der Ablauf der Prüfung der BIM-Modelle vor der Weitergabe an den Auftraggeber sowie an andere Gewerke ist anhand vorab festgelegter und transparenter Kriterien durchzuführen. Die Prüfsoftware ist ebenfalls vorab festzulegen.
Leistungen und Vergütung
Die Vergütung der Leistungsinhalte der unterschiedlichen Leistungsphasen eines BIM-Projektes ist entsprechend der Anforderungen zu berücksichtigen.
Chancen und Möglichkeiten durch den Einsatz von BIM
Kooperatives Planen, Bauen und Betreiben auf Basis von BIM
- Ein gut organisiertes BIM-Projekt kann zum Entstehen eines „WIR-Gefühls“ unter den Projektpartnern führen und zu einer ausgeprägten gemeinschaftlichen Motivation zur Schaffung eines optimalen Werks.
- Über optimierte Planung und reduzierte Fehler kann eine partnerschaftliche Projektabwicklung und ein gutes Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und den ausführenden Unternehmen ermöglicht werden.
Transparenz
- Das Änderungsmanagement im Projekt wir durch den Einsatz von BIM transparent und nachverfolgbar.
- Materialbestellungen, Massenermittlungen und die Abrechnung werden erleichtert und transparent.
- Digitales Aufmaß wird möglich.
Bessere Qualität und Produktivität im Projekt
- Der Planungsprozess ist, wenn richtig durchgeführt, verbessert und die Planungsqualität steigt. Spätere Kollisionen und Konikte auf der Baustelle werden vermieden.
- Massen können sehr efzient und genau ermittelt werden.
- Es erhöht die Kostensicherheit für den Auftraggeber und verringert die Anzahl der Claims.
Nutzung von BIM-Daten im Facilitymanagement
- Durch den digitalen Zwilling werden die Tätigkeiten im Facility Management und in der technischen Betriebsführung erleichtert und efzienter durchführbar, da Daten über die Anlagenteile aggregiert im digitalen Modell vorhanden sind.
- Efziente Prüfung der Zugänglichkeit und Wartbarkeit sowie Inbetriebnahme von Anlagen.
Lebenszyklusbetrachtung / Energieeffizienz / Lean-Construction / Vorfertigung
- Der Einsatz von BIM unterstützt Lebenszyklusbetrachtungen, die Optimierung von Lebenszykluskosten sowie die Minimierung des Energieverbrauchs über den gesamten Lebenszyklus und des damit verbundenen CO2-Fußabdrucks.
- Digitale Verfahren unterstützen die Umsetzung von LEAN-Prinzipien in Bauprojekten.
- Eine Erhöhung des Vorfertigungsanteils und die Digitalisierung der Materialwirtschaft werden gefördert
Zusammenfassung
Die TGA-Unternehmen sehen die Entwicklungen im Bereich BIM und die daraus resultierenden Chancen und Möglichkeiten positiv. Richtig im Projekt eingesetzt und implementiert kann BIM Vorteile für alle Projektbeteiligten bringen. Damit dies funktioniert, in der Praxis gelebt und umgesetzt werden kann, müssen jedoch geeignete Voraussetzungen, wie in diesem Dokument angeführt, ab dem Projektstart geschaffen werden. Hier besteht derzeit in vielen Bereichen noch Handlungsbedarf.
Die TGA-Unternehmen sind bereit, gemeinsam mit Stakeholdern der Auftraggeber-Seite und anderen Gewerken an Lösungen für die weiterführende Umsetzung und Etablierung von BIM im Sinne eines gesamtheitlichen Prozesses zu arbeiten und dabei ihre Expertise im Bereich der TGA-Ausführung einzubringen