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EU-Klimaziele - Herausforderung oder Chance für die österreichische Industrie?

Analyse der Abteilung Wirtschaftspolitik der WKÖ

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 19.03.2024

Das Wichtigste in Kürze: Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union sind im Dezember 2020 übereingekommen, dass die Treibhausgasemissionen der Europäischen Union bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 % im Vergleich zum Stand des Jahres 1990 sinken sollen. Klimaschutzmaßnahmen und die Bepreisung von CO2 müssen eine globale Tragweite haben.

Eine zusätzliche Verteuerung der Produktion in Europa senkt die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie und kann zur Abwanderung in Länder führen, die billiger, aber weniger klimafreundlich produzieren. Chancen aus den EU-Klimazielen ergeben sich insbesondere für die international stark wachsende Umwelttechnikindustrie.


Die Treibhausgasemissionen der Europäischen Union sollen bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 % im Vergleich zum Stand des Jahres 1990 sinken. Auf dieses Klimaziel haben sich die EU-Regierungschefs im Dezember 2020 geeinigt. Die Europäische Union nimmt eine Vorreiterrolle ein: Während sie ihre CO2-Emissionen im Zeitraum 1980 bis 2019 um 29 % senkte, sind jene von China in demselben Zeitraum um fast das Sechsfache gestiegen. Der Anteil der EU an den weltweiten CO2-Emissionen sank von 24 % im Jahr 1980 auf 9 % im Jahr 2019. 


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Was bedeutet das verschärfte EU-Klimaziel für die österreichische Industrie?

Österreichs Industrie hat im globalen Vergleich hohe Umweltstandards und eine niedrige Emissionsintensität. Werden die Emissionsgrenzen nur in der Europäischen Union gesetzt, steigt das Risiko, dass die Herstellung in Länder mit niedrigeren Produktionskosten, aber einer höheren Emissionsintensität verlagert wird und die globalen Emissionen im Zuge dessen steigen (carbon leakage). 

Eine Zunahme des Kostendrucks durch Klimaschutzmaßnahmen, die auf die EU beschränkt sind, erhöht die Abwanderungsgefahr. Der Preis von CO2-Emissionszertifikaten hat sich in den letzten vier Jahren fast verachtfacht (von 5,3 auf 41,1 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent). Der Preisanstieg wurde auch durch die Coronakrise nicht gebremst.



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Eine weitere Preiserhöhung von CO2-Emissionszertifikaten und neue einseitige Kosten würden vor allem die energieintensive Industrie Europas treffen. Dies sind jene Unternehmen, die am EU-Emissionshandel (EU-ETS) teilnehmen (z.B. Eisen- und Stahlerzeugung, Kokereien, Aluminiumherstellung, Raffinerien und Cracker, Papier- und Zelluloseproduktion, Zement- und Ziegelproduktion, Glasindustrie).

Wie wichtig ist die energieintensive Industrie für Österreichs Wirtschaft?

Die energieintensive Industrie ist gemäß einer eigenen Schätzung der WKÖ für eine direkte Bruttowertschöpfung in Höhe von 15 Mrd. Euro verantwortlich bzw. für 4,2 % der österreichischen Wirtschaftsleistung (Zahlen für 2019). Durch die Verflechtung der energieintensiven Industrie mit Zulieferern und Kunden sowie über induzierte Effekte löst die energieintensive Industrie in Summe eine Wertschöpfung von 46,1 Mrd. Euro aus (zur interaktiven Grafik). Fast 104.000 unselbständig Beschäftigte sind direkt in der energieintensiven Industrie beschäftigt.

Ein Sektor, der von den Klimazielen der EU in mehrfacher Weise betroffen ist, ist der Automobilsektor: erstens, weil die Herstellung von Kraftfahrzeugen - einschließlich der Vorleistungen - mit Energieaufwand verbunden ist und zweitens, weil der Betrieb konventioneller Kraftfahrzeuge Emissionen entstehen lässt. Durch einen Umstieg auf andere Technologien könnte es zu einem Nachfragerückgang kommen. Insgesamt hängen über 212.000 Jobs (inkl. indirekter und induzierter Effekte) in Österreich an der Auto-Zulieferindustrie.(IWI, 2019, zur interaktiven Grafik).

Chancen ergeben sich durch die EU-Klimaziele insbesondere für die österreichische Umwelttechnikindustrie: Schon heute sind Österreichs Unternehmen im Bereich der Öko-Innovationen sehr gut aufgestellt und in vielen Nischen sogar Weltspitze. Zwischen 2015 und 2019 stieg der Umsatz der Branche von 12,3 auf 15,2 Milliarden Euro - mit jährlichen Wachstumsraten von etwa 6 % (IWI, 2021).

Die Beschäftigungsverhältnisse stiegen in diesem Zeitraum von etwa 41.400 auf 51.500 und haben sich somit noch dynamischer als der Umsatz entwickelt. Die Exportquote der Umwelttechnikindustrie liegt bei beachtlichen 83 %. Österreich kann somit ein Musterbeispiel werden, wie verstärkter Klimaschutz mit Innovationen, neuen Technologien und Investitionen verknüpft werden können.

Fazit

Klimaschutzmaßnahmen und die Bepreisung von CO2 müssen eine globale Tragweite haben. Die Europäische Union (EU-28) hat ihren Anteil an den CO2-Emissionen von 24 % im Jahr 1980 auf 9 % im Jahr 2019 gesenkt. Eine zusätzliche Verteuerung der Produktion reduziert die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie und kann zur Abwanderung in Länder führen, die billiger, aber weniger klimafreundlich produzieren.

Neben der Industrie ist darauf zu achten, dass die Bereiche Verkehr, Gebäude und Wärme sowie Landwirtschaft ihren Beitrag zur Emissionssenkung leisten. Chancen aus den EU-Klimazielen ergeben sich insbesondere für die international stark wachsende Umwelttechnikindustrie. Sie ist ein Beispiel, wie Klimaschutz und Wirtschaftswachstum miteinander verknüpft werden können.

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