Levelling up – bei Grundrechtseingriffen sind beide Seiten zu hören

Argumente der WKÖ

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 11.03.2023

Die Grundsätze der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung sind in Österreich umfassend gewährleistet.

In der Arbeitswelt sind 6 Merkmale geregelt, auf Grund derer niemand benachteiligt werden darf: Geschlecht, Herkunft, Alter, sexuelle Orientierung, Religion oder Weltanschauung und Behinderung.

Anders ist es beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, geregelt: Hier sind aktuell folgende Merkmale geschützt:

  • Geschlecht
  • Herkunft
  • Behinderung

Unter dem sogenannten „levelling up“ versteht man eine Ausdehnung der bereits geschützten Merkmale außerhalb der Arbeitswelt auf folgende Bereiche:

  • Alter
  • sexuelle Orientierung  
  • Religion oder Weltanschauung.

Bei den Forderungen nach dem levelling up wird gerne übersehen, dass Österreichs Gleichbehandlungsrecht bereits jetzt schon umfangreicher ist, als es das EU-Recht verlangt. Österreich bietet daher einen hervorragenden Schutz. 

Einer Ausweitung der in der Arbeitswelt geschützten Merkmale auf sämtliche Bereiche unseres Lebens würde einen massiven Eingriff in die unternehmerische Freiheit (Art 16 Grundrechtecharta) und die Freiheit des Eigentums darstellen (Art. 5 Staatsgrundgesetz).  

Die Anlassfälle in der Vergangenheit 

Die Anlassfälle waren vergleichsweise klein - jedoch medial prominent vertreten - und zeigen sehr gut, mit welchen zusätzlichen Freiheitseinschränkungen Unternehmer im Falle eines levelling up konfrontiert wären. Hervorzuheben ist, dass in den letzten 7 Jahren nur 2 Problemfälle bekannt geworden sind. 

Im ersten Fall ging es im Jänner 2015 um ein von einer Kaffeehausbesitzerin als provokant empfundenes Verhalten eines lesbischen Paares, weswegen das Paar des Lokals verwiesen wurde. Nach Berichten in den Medien wurde der Fall mit einer Entschuldigung seitens der Kaffeehausbesitzerin bereinigt. Die Kaffeehausbesitzerin handelte nach derzeitiger Gesetzeslage legal. Mit einem levelling up hätte sie dieses Verhalten in ihrem Lokal dulden müssen und hätte mit dem Lokalverweis illegal gehandelt. 

Der zweite Fall betraf im Februar 2022 einen Zimmervermieter, der – als Privatperson - an ein homosexuelles Paar kein Doppelzimmer vermieten wollte. Mit levelling up wäre diese Entscheidung – die der Vermieter nach eigenen Angaben auf Grund seiner christlichen Weltanschauung getroffen hat - illegal gewesen.  

Wenn Grundrechte aufeinander prallen … 

… entstehen naturgemäß für den Laien schwer verständliche Probleme und für den Juristen schwer lösbare Interessensabwägungen.  

Die Ausweitung der Rechte des einen bedeuten automatisch einen Eingriff in die Rechte des anderen. Die Rechte des anderen werden bei den Forderungen nach dem levelling up übersehen oder bewusst eingeschränkt. Aus Sicht der WKO sind jedoch beide Seiten gleichberechtigt zu behandeln.

Auch angesichts der geringen Fallzahl muss man die Frage stellen, ob der Staat moralisch richtige Vorstellungen mit einem breitflächigen Gesetz durchsetzen soll oder ob nicht die Überzeugungskraft der Argumente der bessere Weg wäre.

Die Einführung eines - tiefgreifend in den Rechtsverkehr zwischen Privaten eingreifenden - Diskriminierungsverbotes würde aus Sicht der WKO einen massiven Eingriff in die Vertragsfreiheit und in die allgemeine Handlungsfreiheit der Bürger bedeuten, weshalb die WKO einer Ausweitung des bereits bestehenden Diskriminierungsschutzes kritisch gegenübersteht.


Autor: Mag. Emanuel Ludwig, MBA
Stand: August 2022