EU-Wirtschaftspanorama 44/2025
Ausgabe 19. Dezember
Lesedauer: 9 Minuten
Im Brennpunkt
Handel
Umwelt
Im Brennpunkt
EU reduziert Bürokratie: Klarheit bei Entwaldungsverordnung und Omnibus-I-Paket
Die Europäische Union hat zwei wichtige Schritte gesetzt, um Unternehmen zu entlasten und gleichzeitig ambitionierte Klima- und Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen.
Mit der Änderung der Entwaldungsverordnung wurde endlich die notwendige Rechtssicherheit für betroffene Betriebe geschaffen. Das Ziel der Verordnung – die weltweite Bekämpfung von Entwaldung – bleibt bestehen, doch die Umsetzung wird praxisnäher gestaltet. Unternehmen erhalten mehr Zeit für die Anpassung: Große Betreiber müssen die Regeln ab Ende 2026 anwenden, kleinere Betriebe erst ab Mitte 2027. Damit wird ein reibungsloser Übergang ermöglicht und die IT-Systeme für die Sorgfaltserklärungen können verbessert werden.
Die ursprünglich im Rahmen der Entwaldungsverordnung geplante mehrfache Anwendung der Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Lieferkette hätte zu unverhältnismäßigem Aufwand geführt. Nun gilt die umfassende Pflicht nur für jene Unternehmen, die Produkte wie Holz, Kakao, Kaffee oder Palmöl erstmals in Verkehr bringen. Nachgelagerte Akteure müssen keine eigenen Dokumentationssysteme aufbauen. Für Kleinst- und Kleinbetriebe reicht künftig eine einmalige, vereinfachte Erklärung – ein wichtiger Schritt zur Reduktion von Bürokratie.
Auch das Omnibus-I-Paket bringt dringend notwendige Vereinfachungen. Die Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) und die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) werden auf große Unternehmen beschränkt, die über die personellen und finanziellen Ressourcen verfügen, um komplexe Vorgaben umzusetzen. Damit wird verhindert, dass heimische Betriebe durch überbordende Pflichten ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit verlieren.
Besonders erfreulich ist der Schutz von KMUs vor dem sogenannten Trickle-down-Effekt. Sie sollen künftig nicht mehr mit umfangreichen Anfragen und Dokumentationspflichten belastet werden. Ebenso wurde die Pflicht zur Erstellung eines Klimatransformationsplans gestrichen – eine rechtlich bedenkliche Vorgabe, denn damit wären staatliche Vorhaben auf die Betriebe umgewälzt worden.
Mit diesen Änderungen setzt die EU ein klares Signal für mehr Realismus in der Gesetzgebung. Beide Maßnahmen verfolgen ambitionierte Ziele im Klima- und Nachhaltigkeitsbereich und stellen einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen dar, setzen aber zugleich auf praktikable Lösungen für die Wirtschaft.
Ansprechpartnerin: Verena Martelanz
Handel
Mercosur: Mehr Schutz für Europas Landwirtschaft
Das Europäische Parlament hat diese Woche in Straßburg für zusätzliche Schutzklauseln für landwirtschaftliche Produkte im Mercosur-Abkommen gestimmt. Die Entscheidung stärkt den Schutz europäischer Landwirt:innen und wirkt möglichen Marktverzerrungen durch Importe aus den Mercosur-Staaten entgegen.
Die neue Verordnung verankert die in beiden Abkommen enthaltenen Schutzbestimmungen im EU-Recht und stellt sicher, dass Schutzmaßnahmen künftig schnell und effektiv angewendet werden können, wenn Importe aus Mercosur-Ländern eine ernsthafte Schädigung des EU-Marktes verursachen oder eine Schädigung droht. Konkret erlaubt die Regelung die vorübergehende Aussetzung von Zollpräferenzen für Agrarprodukte, sobald festgelegte Kriterien erfüllt sind.
Für sensible Produkte wie Rindfleisch, Geflügel, Milch, Zucker und Ethanol gilt: Wenn die Preise der importierten Produkte um mindestens zehn Prozent unter den EU-Marktpreisen liegen und gleichzeitig entweder die Importmengen um zehn Prozent steigen oder die Importpreise um zehn Prozent fallen, wird dies als ausreichender Grund für die Einleitung einer Untersuchung betrachtet.
Solche Untersuchungen müssen innerhalb von vier Monaten abgeschlossen sein; in dringenden Fällen können provisorische Maßnahmen bereits nach 21 Tagen greifen. Die Europäische Kommission wird die Importe sensibler Produkte kontinuierlich überwachen und dem Europäischen Parlament sowie dem Rat alle sechs Monate Bericht erstatten.
Dabei werden Faktoren wie Importvolumen, Preisentwicklung sowie Auswirkungen auf Produktion, Beschäftigung und Gewinne der betroffenen EU-Sektoren berücksichtigt.
Ansprechpartner: Sebastian Köberl
Umwelt
Automotive Package - Überarbeitung CO2-Grenzwerte für PKWs und leichte & schwere Nutzfahrzeuge
Die Europäische Kommission hat heute im Rahmen des Automotive Package ihren Vorschlag zur Überarbeitung der CO2-Grenzwerte für PKWs und leichte Nutzfahrzeuge sowie eine gezielte Änderung der Vorschriften für schwere Nutzfahrzeuge (HDVs) präsentiert.
Ab 2035 müssen Automobilhersteller ein Emissionsreduktionsziel von 90 Prozent für Auspuffemissionen einhalten, während die restlichen 10 Prozent der Emissionen durch die Verwendung von kohlenstoffarmem Stahl aus der Union oder durch E-Kraftstoffe und Biokraftstoffe kompensiert werden müssen. Dadurch sollen Plug-in-Hybride (PHEV), Range Extender, Mild-Hybride und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 weiterhin eine Rolle spielen können, zusätzlich zu vollelektrischen Fahrzeugen (EVs) und Wasserstofffahrzeugen. In den Jahren bis 2035 berücksichtigt der Vorschlag die strukturellen kurzfristigen Herausforderungen für die Einführung von Elektrotransportern und passt das CO2-Ziel für 2030 von einer Emissionsreduzierung um 50 Prozent auf 40 Prozent an. Den Automobilherstellern wird auch Flexibilität bei der Anrechnung von kleinen, erschwinglichen Elektroautos aus EU-Produktion für die Einhaltung der CO2-Ziele eingeräumt. Durch die Gewährung von Super-Credits, wird die Produktion solcher kleinen Elektrofahrzeuge aus EU-Produktion gefördert.
Im Rahmen des Automotive Packages hat die Kommission auch eine Initiative zur Dekarbonisierung von Firmenfahrzeugen mit verbindlichen nationalen Zielen für emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge (Decarbonising corporate vehicles), einen Vorschlag zur Stärkung der Europäischen Batterieindustrie (Battery Booster) sowie einen Automotive Omnibus zur Senkung des Verwaltungsaufwand und der Kosten für europäische Hersteller vorgestellt.
Die Vorschläge bauen auf dem Aktionsplan für die Automobilindustrie und den Beiträgen der Industrie und wichtiger Interessengruppen auf, die seit Januar 2025 im Rahmen des strategischen Dialogs über die Zukunft der Automobilindustrie gesammelt wurden, an dem Vertreter der Industrie, Sozialpartner, Mitgliedstaaten, Regionen und die Zivilgesellschaft teilnahmen. Bislang fanden drei Dialogtreffen statt, die eine Plattform für die Erörterung der Herausforderungen und Chancen für den Sektor boten. Die Legislativvorschläge werden nun im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren von Europäischen Parlament und im Rat weiter erörtert.
Ansprechpartner: Peter Dohr
Neue Regeln zur Stärkung des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus
Die Europäische Kommission hat ein umfassendes Paket zur Stärkung des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) vorgelegt, um die Wirksamkeit des Instruments gegen Carbon Leakage zu erhöhen. Kernpunkte sind zwei neue Verordnungsvorschläge: Erstens soll der Anwendungsbereich des CBAM auf rund 180 stahl- und aluminiumintensive Folgeprodukte wie Maschinen, Spezialanlagen und Haushaltswaren ausgeweitet werden. Damit reagiert die Kommission auf das Risiko, dass CO₂-intensive Produktion in Länder mit weniger strengen Klimavorgaben verlagert wird. Zusätzlich sollen strengere Maßnahmen gegen Umgehung eingeführt werden, darunter verstärkte Berichtspflichten, Rückverfolgbarkeit von CBAM-Waren und die Möglichkeit für die Kommission, bei Verdacht auf Missbrauch zusätzliche Nachweise zu verlangen.
Zweitens schlägt die Kommission die Einrichtung eines temporären Dekarbonisierungsfonds vor, um EU-Hersteller von CBAM-Produkten bei Exporten zu unterstützen. Dieser Fonds soll einen Teil der CO₂-Kosten aus dem EU-Emissionshandelssystem (ETS) erstatten, um Wettbewerbsnachteile auf internationalen Märkten auszugleichen. Die Finanzierung erfolgt durch 25 % der Einnahmen aus dem Verkauf von CBAM-Zertifikaten in den Jahren 2026 und 2027. Die Unterstützung ist an konkrete Dekarbonisierungsmaßnahmen geknüpft und soll WTO-konform sein, da sie lediglich die Wettbewerbsverzerrung durch unterschiedliche CO₂-Preise ausgleicht.
Darüber hinaus umfasst das Paket mehrere Durchführungs- und delegierte Rechtsakte, die technische Details regeln, wie die Berechnungsmethodologie für importierte Emissionen, Emissions-Referenzwerte, Zollkommunikation sowie Akkreditierung und Verifizierung. Ein begleitender Review-Bericht hebt hervor, dass der CBAM bereits Dekarbonisierungsmaßnahmen in Drittstaaten angestoßen hat, und skizziert mögliche nächste Schritte. Die Vorschläge werden nun dem Rat und dem Europäischen Parlament zur Beratung im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren vorgelegt. Ziel ist es, den CBAM als zentrales Instrument der EU-Klimapolitik weiterzuentwickeln und faire Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen sicherzustellen.
Ansprechpartner: Barbara Lehmann
Kurz & Bündig
Erste Maßnahmen gegen die Paketflut aus Asien
Ab 1. Juli 2026 gilt für Pakete im Wert von bis zu 150 Euro ein Zollsatz von drei Euro. Die Bundessparte Handel der WKÖ begrüßt diese Maßnahme und fordert weitere: Auch Plattformen außerhalb der EU sollen EU-Standards einhalten – etwa bei Produktsicherheit sowie bei Verpackung und Entsorgung.
Rahmen für Investitionen in Europas Verkehrs- und Energieinfrastruktur
Der Rat hat sich auf operative Bestimmungen für die Fazilität Connecting Europe (CEF III) für den Zeitraum 2028–2034 geeinigt, die Teil des nächsten Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) sind und Investitionen in strategische Verkehrs- und Energieinfrastruktur fördern sollen. Die Einigung bildet ein partielles Mandat für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament, wobei finanzielle Fragen später im Rahmen des MFR geklärt werden.
European Affordable Housing Plan für bezahlbares Wohnen in Europa
Die EU-Kommission hat den European Affordable Housing Plan vorgestellt, um den Zugang für europäische Bürger:innen zu bezahlbarem, nachhaltigem und qualitativ hochwertigem Wohnraum zu verbessern und der Wohnkostenkrise entgegenzuwirken. Kernpunkte sind eine europäische Wohnungsbaustrategie mit mehr Neubau, Renovierung, Investitionen, Eindämmung der Kurzzeitvermietung und Bürokratieabbau sowie die Überarbeitung der EU-Beihilferegeln, damit Mitgliedstaaten Projekte für bezahlbaren Wohnraum einfacher fördern können.
EK legt Gesundheitspaket vor
Die Europäische Kommission hat ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, das ein Biotech-Gesetz, überarbeitete Vorschriften für Medizinprodukte und den Plan „Safe Hearts“ umfasst. Damit sollen die Biotechnologie in der EU gestärkt, die Entwicklung innovativer Therapien beschleunigt, die Zulassung von Medizinprodukten vereinfacht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Prävention, Früherkennung und bessere Behandlung wirksam bekämpft werden. Weiters hat die Kommission Vorschläge zur Vereinfachung der EU-Rechtsvorschriften im Bereich der Lebens- und Futtermittelsicherheit unterbreitet.
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5.12.2025–27.2.2026 - Portabilität von Kompetenzen, Maßnahme 1 - Förderung der Arbeitskräftemobilität in der gesamten EU durch verbesserte Transparenz bei Kompetenzen und Digitalisierung
5.12.2025–27.2.2026 - Portabilität von Kompetenzen, Maßnahme 3 – Vereinfachung der Anerkennung von Qualifikationen und Kompetenzen von Drittstaatangehörigen
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