Doppelspitze der OeHT im Interview
Andrea Sassen-Abfalter und Matthias Matzer von der Österreichische Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft m.b.H. (OeHT) im Gespräch
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Dr. Andrea Sassen-Abfalter und MMag. Matthias Matzer bilden ab 1. Oktober 2025 das neue OeHT-Geschäftsführungsteam. Sassen-Abfalter zeichnet dabei für den Bereich der Marktfolge verantwortlich, während Matzer weiterhin die Marktagenden steuert. Gemeinsam werden sie den erfolgreichen Weg der OeHT fortsetzen und strategische Weichenstellungen vornehmen, um den heimischen Tourismus bestmöglich zu unterstützen.
Seit 1. Oktober 2025 gibt es nun eine neue Doppelspitze in der OeHT, liebe Frau Dr. Sassen-Abfalter, lieber Herr MMag. Matzer. Wie unterscheiden sich Ihre Zuständigkeitsbereiche?
Sassen-Abfalter: In einer Bank müssen die Agenden zwischen Markt und Marktfolge klar getrennt sein. Während Matthias sich mit seinem Team um die Themen Förderung, Kunden, Marketing, Stakeholdermanagement und ESG kümmert, verantworte ich mit meinem die klassischen Marktfolgethemen. Diese umfassen das Risikomanagement, den Finanzbereich, Personal, Recht, IT sowie die ex-Post Projektprüfung und die finanzielle Restrukturierung von Sanierungsfällen.
Welche strategischen Schwerpunkte haben Sie sich für die kommenden Jahre gesetzt?
Matzer: Die Entbürokratisierung des Förderprozesses, die weitere Digitalisierung des Förderprozesses und die Nähe zu unseren Kunden sind die wesentlichen Themen für uns. Anträge zu stellen und Unterlagen einzureichen soll so einfach wie nur möglich für unseren Kundinnen und Kunden sein. Derzeit geht es auch darum interne Abläufe zu hinterfragen, auch auf Goldplating durchleuchten und wo immer es geht, vereinfachen. Es geht darum, unsere Ressourcen so freizuschaufeln, dass wir uns voll und ganz auf unsere Förderwerber und Förderwerberinnen zu konzentrieren.
Die Entbürokratisierung des Förderprozesses, die weitere Digitalisierung des Förderprozesses und die Nähe zu unseren Kunden sind die wesentlichen Themen für uns ...
MMag. Matthias Matzer
Wie sehen Sie Ihre Rolle im Zusammenspiel mit den Tourismusbetrieben?
Sassen-Abfalter: Ganz gemäß unseres Credos: Wir fördern die Begeisterung für modernen und verantwortungsbewussten Tourismus – dafür sind wir die erste Anlaufstelle in Österreich. Für die heimischen Tourismus-KMU sind wir eine verlässliche Partnerin für die Realisierung touristischer Lebensträume. Als Förderstelle und Bank haben wir eine ganz besondere Position inne.
Welche aktuellen Förder- und Finanzierungsschwerpunkte der OeHT sollten die Tourismusbetriebe kennen?
Matzer: Grundsätzlich geht es im ersten Schritt darum, dass die Tourismusbetriebe wissen, dass es die OeHT mit ihren Förderinstrumenten gibt und dass die Antragsstellung bei uns vor dem Vorhabensbeginn erfolgen muss. Im Beratungsgespräch können wir relativ rasch einschätzen helfen, welche OeHT-Förderung am besten passt. Vom Kredit, über die Haftung bis hin zum Zuschuss oder ein Mix aus mehreren Instrumenten ist dabei denkbar. Speziell der Grüne Tourismuskredit mit einem Zinsenzuschuss iHv 3 % p.a. , für nachhaltigeInvestitionensollte der Branche bekannt sein, da er zusammen mit dem Nachhaltigkeitsbonus eine einmalig hohe Förderkombination für Tourismusbetriebe darstellt. . Ein Anruf oder E-Mail an uns genügt und wir beraten die Betriebe gerne, unmittelbar und effizient zu den Möglichkeiten für Ihre Vorhaben.
Angesichts der steigenden Zinskosten und Kostenbelastungen: Wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen für die Tourismusbranche – besonders für kleine und mittlere Tourismusbetriebe?
Sassen-Abfalter: Was sich jetzt schon in den Jahresabschlüssen zeigt, ist, dass viele Betriebe trotz Einnahmen auf Rekordniveau angesichts der starken Preisanstiege mit einer rückläufigen Ertragskraft kämpfen. Trotzdem bleibt es wichtig, am Ball zu bleiben und zu investieren, z.B. in die Digitalisierung sowie eine nachhaltige Zukunft, um laufende Kosten zu minimieren. Umso wichtiger, sich zeitgerecht um eine geförderte Finanzierung zu kümmern.
Die Zinsbelastung ist zwar höher als 2021, jedoch hat sich das Zinsumfeld in den letzten Monaten und Jahren auch durchaus wieder entspannt, zumindest im Vergleich zu 2022-2023. Speziell in Westösterreich sehen wir, dass die Hausbanken sehr gute Bonitäten noch immer mit wirklich guten Konditionen finanzieren. Zwischen West- und Ostösterreich nehmen wir aber ein Delta von rund 1 % bei den Hausbankfinanzierungen wahr.
Problematischer ist die Situation für die mittleren Bonitäten. Hier stellt sich die Frage, ob sie überhaupt langfristige Kredite zu attraktiven Zinssätzen bei der Hausbank bekommen. Hier kann aber die OeHT zumindest mit der OeHT-Haftung helfen und 80 % des Kredits besichern. Darüber hinaus liegen die aktuell größten Herausforderungen bei der Suche und dem Halten von qualifizierten Mitarbeitenden und der nun langsam steigenden Unsicherheit, was langfristige Investitionen in einem unsicheren (globalen) Umfeld betrifft.
Was sich jetzt schon in den Jahresabschlüssen zeigt, ist, dass viele Betriebe trotz Einnahmen auf Rekordniveau angesichts der starken Preisanstiege mit einer rückläufigen Ertragskraft kämpfen. Trotzdem bleibt es wichtig, am Ball zu bleiben und zu investieren ...
Dr. Andrea Sassen-Abfalter
Welche Daten und Kennzahlen nutzen Sie, um Trend in der Branche zu erkennen? Fließen diese in ihre Förder- und Beratungstätigkeit ein?
Sassen-Abfalter: ESG und Nachhaltigkeit sind gekommen, um zu bleiben. Wer bei uns einen Förderantrag stellt, muss grundsätzlich ESG-Daten zum Betrieb angeben. Das wird teilweise als bürokratisch empfunden, ist aber die einzige Möglichkeit diese Daten für die Branche zu sammeln und ihr im Rahmen von unseren Fitnesschecks, das sind Branchen-Benchmarkvergleiche, wieder zur Verfügung zu stellen. Damit können wir auch die Entwicklungen der Branche tracken. Wir schließen aber niemanden von der Förderung wegen schlechter ESG-Werte aus. Vielmehr ist unser Ziel, mit unseren grünen Förderungen die Unternehmerinnen und Unternehmer zu einem nachhaltigen Investitionsschritt zu motivieren.
Was sollten Tourismusbetriebe konkret tun, um ihre Förderfähigkeit zu sichern? Haben Sie hier Tipps?
Matzer: Absolut und zwar drei konkrete. Erstens: Greifen Sie bitte zum Telefon und lassen Sie sich von unserem Team beraten. Zweitens: Bitte achten Sie auf die Auflagen in unseren Förderverträgen. Wir müssen leider immer wieder Förderungen kürzen bzw. nachträglich rückfordern, weil sich Förderwerber nicht an die Spielregeln halten und die Auflagen der Förder-Richtlinien ausblenden. Das ist für alle Betroffenen unerfreulich und sehr mühsam. Drittens: Wir sind oft ein Gütesiegel für ein Projekt. Wenn wir an ein Projekt glauben und mit unserer Förderung an Bord sind, geht es häufig auch mit der Hausbank leichter.
Wo könnte die Regierung noch Anpassungen machen bzw. welche Änderungen sind aus Ihrer Sicht dringend notwendig? (Stichwort: CRR/CRD, Stav-Abgabe, OeHT-Haftung für OeHT-Eigenkredite)
Matzer: Wir sind laufend mit dem zuständigen Ministerium dabei, die Förderprozesse zu evaluieren und zu verbessern. Gerade versuchen wir unsere Anforderungen an die Energieausweise zu vereinfachen und damit einem großen Anliegen der Branche Rechnung zu tragen. Wichtig ist es jetzt auch darauf zu achten, dass wir als Förderbank selbst nicht mit Regularien überproportional gelähmt werden.
So brauchen wir zum einen dringend − wie für andere Förderbanken EU-weit vorgesehen − Ausnahmeregelungen von jenen EU-Vorschriften, die für Kommerzbanken entwickelt wurden. Diese machen für eine Förderbank in vielen Bereichen keinen Sinn und hindern uns an einer effektiven Abwicklung des Förderauftrags. Zum anderen erschließt es sich mir nicht, warum Förderkredite mit zusätzlichen nationalen Abgaben belastet werden, anstatt diese günstiger zu machen.