Skyline von Ho-Chi-Minh-Stadt, Hauptstadt von Vietnam
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Vietnam: Recht, Steuern, Investitionen

Von Entsendung bis Firmengründung: Lokales Fachwissen – unbürokratisch und verlässlich

Lesedauer: 7 Minuten

Beratung in Rechtsfragen

Andere Länder, andere Regeln: Bei Export, Import und Firmengründung müssen lokale Gesetze beachtet werden. Damit Sie nicht in teure Verfahren verwickelt werden, gilt: Besser vorher abklären, was die Spielregeln sind.

Für eine fachliche Erstberatung ist das AußenwirtschaftsCenter Ho Chi Minh City die richtige Adresse. Wenn rechtsanwaltliche Expertise gefragt ist, vermitteln wir vertrauenswürdige Kanzleien aus unserem lokalen Netzwerk. 

Sie wollen eine Niederlassung gründen? Rechtsform, Standortwahl, Steuern, Arbeitsrecht, Visa für entsandtes Personal, Versicherungen, Finanzierungen – wir bereiten Sie vor und helfen Ihnen durch.

Dazu gibt es Startgeld für Mutige: Das Förderprogramm go-international erleichtert Ihnen Markteintritt, Marktbearbeitung und die Gründung einer Niederlassung im Ausland und ist Teil der Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft und der Wirtschaftskammer Österreich. 

Rechtssystem und Vertragsrecht 

Im Zuge des Beitritts Vietnams zur WTO wurde eine Vielzahl von Gesetzen eingeführt, angepasst oder zum Teil vollständig erneuert. Ähnliches erfolgte in den letzten Jahren mit Blick auf die neuen multilateralen Handelsabkommen, die Vietnam geschlossen hat. Nebeneffekt dieser radikalen Modernisierung des Rechtssystems waren und sind jedoch viele widersprüchliche und überlappende Regelungen. Die meist sehr allgemein gehaltenen Gesetze werden durch eine Vielzahl von Durchführungsbestimmungen konkretisiert, die in der Rechtspraxis eine wesentlich höhere Bedeutung haben als die übergeordneten Gesetze.

Justizwesen und Rechtsprechung in Vietnam sind noch nicht mit österreichischen Standards vergleichbar, obgleich in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht wurden, insbesondere im Bereich der vietnamesischen Schiedsgerichtsbarkeit (Vietnam International Arbitration Centre). Die Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile, beispielsweise aus Österreich, ist in Vietnam sehr schwierig bis praktisch unmöglich.

Das vietnamesiche Vertragsrecht kennt keine besonderen Formvorschriften für Kaufverträge im internationalen Geschäftsverkehr. Zulässig sind somit sowohl mündliche, als auch schriftliche Verträge sowie die Vereinbarung per elektronischem Schriftverkehr. Die Schriftform ist für Kaufverträge allerdings dringend anzuraten. Für den vietnamesischen Vertragspartner muss im Geschäftsverkehr der gesetzliche Vertreter (legal representative) oder ein durch eine gültige Vollmacht befugter Vertreter unterzeichnen. Die Vereinbarung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) ist in Vietnam erlaubt und in der Praxis weit verbreitet.

Auch wenn Englisch zunehmend Verbreitung findet, bleibt Vietnamesisch die offizielle Amtssprache, insbesondere im Geschäftsverkehr und auch vor Gericht. In der Praxis empfiehlt es sich daher, stets zweisprachige Versionen der relevanten Vertragsdokumentation zu erstellen.

Vietnam ist seit 1.1.2017 Mitglied des UN-Übereinkommens über Verträge über den internationalen Wareneinkauf (CISG) vom 11.04.1980. 

Arbeitsrecht und Entsendung

Das vietnamesische Arbeitsgesetzbuch (Labour Code) wurde im November 2019 novelliert und trat am 1.1.2020 in Kraft. Zur Implementierung wurden im Anschluss mehrere Dekrete erlassen.

Zeitlich befristete Arbeitsverträge dürfen seit Jänner 2021 nur noch einmal verlängert werden, danach ist ein unbefristeter Arbeitsvertrag abzuschließen. Da das vietnamesische Arbeitsrecht tendenziell arbeitnehmerfreundlich ist, ist es üblich und anzuraten, bei der erstmaligen Einstellung eine Probezeit sowie eine Befristung vorzusehen.

Die Beschäftigung von Ausländern in Vietnam ist erlaubt, in der Regel jedoch auf Führungspositionen oder solche Posten beschränkt, die eine besondere Qualifikation erfordern. In den letzten Jahren ist es in der Praxis für vietnamesische Arbeitgeber schwieriger geworden, den Bedarf an ausländischen Arbeitskräften zu rechtfertigen. Für diese Begründung muss neben einer detaillierten Jobbeschreibung und dem Qualifikations- und Erfahrungsnachweis des Arbeitnehmers auch nachgewiesen werden, warum das Unternehmen für den beabsichtigten Zweck keine vietnamesischen Arbeitnehmer anstellen kann.

Ausländische Staatsangehörige, die 30 Tage oder länger in Vietnam arbeiten möchten, benötigen eine Arbeitserlaubnis, sofern kein Ausnahmetatbestand besteht. Einschlägige Regelungen enthalten der Labour Code und Dekret Nr. 152/2020/ND-CP.

Arbeits- und steuerrechtliche Implikationen von Entsendungen nach Vietnam bedürfen einer Einzelfallprüfung. Zur fachlichen Beratung kontaktieren Sie bitte das AußenwirtschaftsCenter Ho Chi Minh City

Steuerliche Rahmenbedingungen 

Von der Körperschaftssteuer erfasst werden in- und ausländische Gesellschaften und Organisationen, die in Vietnam investiert haben oder Einnahmen aus Vietnam beziehen. Der reguläre Körperschaftssteuersatz beträgt 20 %. Für Investitionen im High-Tech-Sektor, in strukturschwachen Regionen und in Projekte von besonderer Bedeutung können Vorzugssätze vergeben werden.

Das vietnamesische Steuerrecht verfügt über Regelungen zu Verrechnungspreisen, die definieren, wann eine Transaktion zwischen „verbundenen Unternehmen“ vorliegt und wie der entsprechende marktübliche Preis durch Drittpreisvergleich zu berechnen ist.

Der Mehrwertsteuer unterliegen grundsätzlich sämtliche in Vietnam hergestellten, gehandelten und konsumierten Güter bzw. Dienstleistungen. Der Standardsteuersatz beträgt 10 %. Vietnamesische Unternehmen müssen Mehrwertsteuer auf den Wert der in Vietnam gelieferten Waren oder Dienstleistungen berechnen. Mehrwertsteuer wird auch auf den verzollten Wert importierter Waren erhoben. Der Importeur muss gleichzeitig mit der Zahlung der Einfuhrabgaben die Mehrwertsteuer an die Zollbehörden abführen. Für importierte Dienstleistungen wird die Mehrwertsteuer über den Mechanismus der Foreign Contractor Tax erhoben.

Damit die Vorsteuer anrechenbar ist, muss der Steuerzahler immer eine ordnungsgemäße Mehrwertsteuerrechnung erhalten. Unternehmen können vorgedruckte Rechnungen, selbstgedruckte Rechnungen oder elektronische Rechnungen („E-Invoices“) verwenden.


Besser Vorsicht als Nachsicht: Wir geben Auskunft zu Ihren Rechts- und Steuerfragen und empfehlen vertrauenswürdige Anwalts- und Steuerberatungskanzleien vor Ort.


Doppelbesteuerungsabkommen

Österreich hat mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Diese verhindern eine doppelte Besteuerung bei grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das Bundesministerium für Finanzen stellt wichtige Informationen sowie eine Liste aller österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen zur Verfügung.

Vietnam hat mit über 80 Ländern Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet, darunter mit Österreich und den meisten westeuropäischen Ländern. Eine Reihe weiterer Abkommen befinden sich in verschiedenen Verhandlungsphasen.

Firmengründung und Investition 

Vietnam ist ein attraktives Investitionsziel für Unternehmen aus zahlreichen Branchen, die alternative oder zusätzliche Standbeine in Asien entwickeln wollen. In der Elektronik-, Textil- und Schuhfertigung sowie im Möbel- und Verpackungssektor nimmt das Land bereits eine fixe Position in der Lieferkette multinationaler Unternehmen ein. Unternehmen, die in Vietnam produzieren, profitieren von vergleichsweise geringen Kosten und Betriebsrisiken, Investitionsanreizen, einem guten Fach- und Arbeitskräfteangebot, politischer Stabilität, günstiger geographischer Lage, vorhandenen Rohstoffen und zahlreichen regionalen und überregionalen Freihandelsabkommen, unter anderem mit der Europäischen Union.

Angesichts der Komplexität der Marktbearbeitung ist die eigene Niederlassung in Vietnam aber auch ein hervorragendes Instrument für Vertrieb, Dienstleistungen oder Einkauf in Vietnam. Bisher haben in Vietnam rund 50 österreichische Unternehmen eigene Niederlassungen gegründet. Ein Drittel davon sind Produktionsstätten, der Rest setzt sich aus Vertriebs- und Serviceniederlassungen, Einkaufsbüros und Outsourcing-Niederlassungen zusammen. Die österreichischen Niederlassungen beschäftigen in Summe über 5.000 Mitarbeiter in Vietnam. Ein positives Stimmungsbild der österreichischen Niederlassungen zeichnet die jährlich durchgeführte „Business Confidence Survey“ des AußenwirtschaftsCenter Ho Chi Minh City.

Die Rahmenbedingungen für Investitionen und die Voraussetzungen für Unternehmensgründungen in Vietnam werden vom „Law on Investment“ und vom „Law on Enterprises“ geregelt, die beide per 1.1.2021 novelliert wurden. Ausländischen Investoren sind grundsätzlich sämtliche Geschäftsaktivitäten in Vietnam erlaubt, die nicht ausdrücklich gesetzlich verboten oder beschränkt sind. Investitionen österreichischer Unternehmen in Vietnam erfolgen in der Praxis meist durch Gründung einer “Limited Liability Company“ oder “Shareholding Company“. Soweit rechtlich und tatsächlich möglich, wird dabei häufig die Gründung einer 100%igen Tochtergesellschaft angestrebt.

Österreichische Unternehmen und Niederlassungen können den Fachreport "Vietnam: Firmengründung und Steuern" (3. Auflage, 2023) kostenlos per E-Mail beim AußenwirtschaftsCenter Ho Chi Minh City anfordern.

Investitionsschutz

Über 60 bilaterale Investitionsschutzabkommen schützen österreichische Unternehmen mit Auslandsinvestitionen vor Benachteiligung und entschädigungsloser Enteignung. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Handels- und Investitionsabkommen der EU mit Drittstaaten. Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft veröffentlicht eine Liste aller bilateralen österreichischen Investitionsschutzabkommen.

Zwischen Vietnam und Österreich besteht ein bilateraler Investitionsförderungs- und -schutzvertrag, der am 27.3.1995 unterzeichnet wurde. Dieses soll künftig durch das Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und Vietnam (EVIPA) ersetzt werden, dessen Ratifizierung allerdings noch aussteht.

Auch im vietnamesischen Investitionsgesetz finden sich Regelungen zum Bestandschutz ausländischer Investitionen. Diese beinhalten unter anderem, dass rechtmäßig erworbene Vermögenswerte sowie investiertes Kapital nicht grundlos verstaatlicht oder konfisziert werden dürfen. Weiters sind Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums, des Marktzutritts und der Überführung von Gewinnen aus Direktinvestitionen vorhanden.

Vertretungsvergabe

Die Wahrscheinlichkeit, in Vietnam auf unseriöse oder unprofessionelle Vertragspartner zu stoßen, ist größer als in Österreich. Entscheidender Erfolgsfaktor für den Geschäftserfolg in Vietnam ist daher die Auswahl eines verlässlichen, lokalen Partners, der vor Ort die Akquise durchführt und die Kunden- und Behördenkontakte pflegt.

Die Wahl des richtigen Vertriebskanals hängt wiederum von der Branche, der Art des Produktes sowie der Zielgruppe ab. Während industrielle Güter teilweise direkt oder über einen regionalen Distributor/Agenten vertrieben werden, ist für Konsumgüter ein lokaler Partner (Generalimporteur, Großhändler, Einzelverkäufer) für den Import unumgänglich. Zu prüfen ist gegebenenfalls auch die Eignung des lokalen Partners hinsichtlich Online-Vertriebskanälen und etwaigen Einfuhr- und Vertriebslizenzen.

Abhängig von der jeweiligen Branche wird es u.U. sinnvoll sein, mehrere für unterschiedliche Regionen zuständige Vertreter zu suchen oder mit Distributoren zusammenzuarbeiten, die in allen wichtigen Regionen vertreten sind. Insbesondere zwischen Nord- und Südvietnam bestehen auch (geschäfts)kulturelle Unterschiede und sprachlich unterschiedliche Nuancen, die es zu berücksichtigen gilt.

Verlässliche und professionelle vietnamesische Joint-Venture-Partner müssen aktiv gesucht werden, da viele davon ihre ausländischen Geschäftspartner bereits gefunden haben und insoweit gar nicht aktiv auf der Suche sind. Zudem ist in manchen Fällen bereits die Anzahl geeigneter Kandidaten von vornherein begrenzt, da nur wenige potenzielle Joint-Venture-Partner über bestimmte, zwingend erforderliche Qualifikationen verfügen (z.B. in Bezug auf Kapital, Know-how oder Lizenzen).

In Vietnam gibt es noch keine umfassenden, öffentlich zugänglichen Firmenverzeichnisse, was gerade den Ersteinstieg in den Markt schwierig und zeitaufwendig gestaltet. Im Internet verfügbare Informationen geben meist nur rudimentär Aufschluss über potentielle Geschäftspartner. Grund dafür sind die geringe Datenqualität sowie unvollständige und häufig veraltete Informationen.

Stand: 16.02.2023