Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu Dienstleistungen
Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission
Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet jede Diskriminierung beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit. Ein Gewerbetreibender darf somit die Erbringung seiner Dienstleistung und den Verkauf von Gütern nicht aus dem Grund verweigern, dass der potentielle Kunde eine andere ethnische Zugehörigkeit hat.
Welche Verhaltensweisen stellen eine Diskriminierung dar?
Das Gleichbehandlungsgesetz unterscheidet zwischen unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung und verbietet auch Belästigungen.
Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
Beispiel: Eine Person türkischer Herkunft wird aufgrund seiner ausländischen Herkunft nicht in eine Diskothek eingelassen.
Eine mittelbare Diskriminierung ist dann gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
Beispiel: Das Erfordernis eines österreichischen Kontos für die Anmietung einer Wohnung könnte eine mittelbare Diskriminierung darstellen, weil dieses Erfordernis eher Ausländer an der Anmietung hindern wird als Österreicher. Es würde sich dann die Frage stellen, ob diese Bedingung sachlich gerechtfertigt werden kann und verhältnismäßig ist.
Auch Belästigungen gelten als Diskriminierung. Unter Belästigung versteht man unerwünschte, unangebrachte oder anstößige Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit der ethnischen Zugehörigkeit einer Person stehen und bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird und ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person geschaffen wird.
Beispiel: Ein Roma wird in einem Lokal vom Kellner als "Zigeuner“ beschimpft.
Was versteht man unter ethnischer Zugehörigkeit?
Eine ethnische Zugehörigkeit im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes ergibt sich aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Sprache, Kultur oder Sitten. Adressaten des Diskriminierungsverbotes sind Personen, die als fremd wahrgenommen werden, weil sie auf Grund bestimmter Unterschiede als nicht zugehörig angesehen werden (meist von der regionalen Mehrheit).
Beispiele: Menschen anderer Hautfarbe, Menschen mit anderer Muttersprache.
Was bedeutet Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen?
Das Diskriminierungsverbot gilt bereits im Zuge der Anbahnung eines Rechtsverhältnisses. Es reicht somit aus, dass jemand offenbar eine Leistung in Anspruch nehmen will, ohne dass (noch) ein konkretes Rechtsgeschäft abgeschlossen wurde.
Beispiel: Eine Frau afrikanischer Abstammung betritt ein Gasthaus, um dort etwas zu konsumieren. Bereits mit dem Betreten liegt die Anbahnung eines Rechtsverhältnisses vor und sie darf nicht aus dem Grund, dass sie eine andere Hautfarbe hat, des Lokals verwiesen werden.
Allerdings muss jedenfalls ein Zusammenhang mit dem Zugang zu oder der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen gegeben sein. So unterliegt ein Beschimpfen auf der Straße, das in keinem Zusammenhang mit einem (möglichen) Rechtsgeschäft steht, nicht dem Gleichbehandlungsgesetz, auch wenn es z.B. durch einen Gewerbetreibenden geschieht.
Die Güter und Dienstleistungen müssen der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, das heißt, dass sie einem unbestimmten Adressatenkreis angeboten werden müssen. Dies ist jedenfalls bei Gewerbetreibenden der Fall. Selbst wenn ein Kunde irrtümlicherweise annimmt, der Gewerbetreibende verkaufe ein bestimmtes Gut, entsteht schon ein – wenn auch nur sehr loses – Anbahnungsverhältnis zwischen dem Gewerbetreibenden und dem Kunden und der Gewerbetreibende darf keine diskriminierenden Handlungen setzen. Freilich darf der Gewerbetreibende dem Kunden erklären, dass er das gewünschte Gut nicht habe.
Beispiel: Ein Mann indischer Herkunft kommt in ein Autogeschäft und möchte ein Auto für eine Woche mieten. Das Autogeschäft verkauft jedoch nur Autos und nimmt keine Vermietungen vor. Der Inder darf in dem Geschäft nicht auf Grund seiner ethnischen Herkunft beschimpft werden.
Wann liegt trotz Dienstleistungsverweigerung keine Diskriminierung vor?
Einem Gewerbetreibenden steht es grundsätzlich frei, ob er mit einer bestimmten Person ein Geschäft abschließt oder nicht. Er darf allerdings einen Geschäftsabschluss nicht aus dem Grund der ethnischen Zugehörigkeit der Person verweigern bzw. dabei die Person ungünstiger behandeln als jemand anderen. Ist jedoch z.B. das Lokal bereits voll, ist eine bestimmte Kleidungsordnung vorgesehen, ist die betreffende Person betrunken und wird ihr deshalb kein Alkohol mehr ausgeschenkt, liegt bereits die Sperrstunde vor, sind dies alles Gründe, die eine Verweigerung der Dienstleistung rechtfertigen.
Exkurs: Einlasspolitik
Relativ häufig kommt es zu Verfahren wegen Verstößen gegen das Gleichbehandlungsgesetz im Zusammenhang mit der Einlasspolitik von Lokalen (vor allem Diskotheken). Anlass für solche Verfahren ist immer die Tatsache, dass eine Person ausländischer Abstammung nicht in das Lokal eingelassen wird. In der Folge werden – in Anlehnung an die bisher von der Gleichbehandlungskommission entschiedenen Fälle und deren Empfehlungen - Kriterien aufgezeigt, die dazu beitragen können, die Einlasspolitik vom Verdacht der Diskriminierung zu befreien:
Organisatorische Abläufe: Es sollte klare Strukturen und Hierarchien geben, die allen Mitarbeitern bekannt sind. Dabei sollte klar definiert sein, wer Lokalverbote aussprechen darf, wer das "letzte Wort“ bei der Entscheidung über die Nichteinlassung von Gästen hat und welche Berichtspflichten es gibt. Es sollte regelmäßig Dienstbesprechungen geben, bei denen insbesondere Problemfälle, die sich ereignet haben, besprochen werden und regelmäßig auf das Gleichbehandlungsgesetz hingewiesen wird. Diese Besprechungen sollten – zwecks Beweises in einem allfälligen Verfahren – jeweils kurz protokolliert werden.
Berichts- und Aufzeichnungspflichten: Um sich in einem allfälligen Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission vom Vorwurf der Diskriminierung frei beweisen zu können, empfiehlt es sich, Aufzeichnungen über die Fälle zu führen, bei denen es "an der Tür“ zu Problemen gekommen ist. Verständlicherweise können sich Lokalbetreiber und Türsteher meist nicht mehr an weit zurückliegende Vorfälle erinnern. Kommt es jedoch zu Diskussionen an der Tür, empfiehl es sich, ein Gedächtnisprotokoll über den Ablauf der Diskussion und den Grund für die Nichteinlassung anzufertigen. Dabei könnte auch festgehalten werden, ob in der gleichen Zeit anderen Personen Einlass gewährt wurde und aus welchem Grund diese Personen das Lokal betreten durften, der Betroffene aber nicht. Vorteilhaft wäre auch, das Verhängen von Lokalverboten zu protokollieren; hier empfiehlt es sich, den Grund für das Lokalverbot und eine Personenbeschreibung schriftlich festzuhalten.
Hausordnung: Im Eingangsbereich des Lokals und – falls vorhanden - auf der Homepage sollte eine Hausordnung veröffentlicht werden, die die Einlasskriterien klar wiedergibt. Ein Hinweis, dass die ethnische Zugehörigkeit der Gäste kein Grund für das Nichteinlassen ist, sollte nicht fehlen. Die Gleichbehandlungskommission empfiehlt auch, in der Hausordnung und auf der Homepage darauf aufmerksam zu machen, dass sich Personen, die sich aus ethnischen Gründen diskriminiert fühlen, an die Gleichbehandlungsanwaltschaft bzw. Gleichbehandlungskommission wenden können.
Bekanntgeben des Grundes für die Zutrittsverweigerung: Gästen, die sich mit einem schlichten "nein“ nicht zufrieden geben wollen, sollte der Grund für die Abweisung genannt werden. Es empfiehlt sich dabei, auf den entsprechenden Punkt in der Hausordnung zu verweisen.
Schulung der Türsteher: Türsteher sollten regelmäßig geschult werden, wobei eine Schulung in Angelegenheiten des Gleichbehandlungsgesetzes verpflichtender Bestandteil der Ausbildung sein sollte. Meistens werden Türsteher von Security Firmen bereitgestellt. In diesem Fall sollte sich der Lokalbetreiber/Geschäftsführer davon überzeugen, dass die Türsteher ausreichend – auch in Sachen Gleichbehandlung – von der jeweiligen Security Firma geschult sind. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte der Lokalbetreiber/Geschäftsführer selbst die erforderlichen Schulungen, insbesondere die Aufklärung über die Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes vornehmen. Allgemein empfiehlt es sich jedenfalls, in die oben angeführten Dienstbesprechungen auch alle Türsteher einzubeziehen.
Das Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission
Die Gleichbehandlungskommission (zuständig für die ethnische Diskriminierung ist der Senat III, Bundeskanzleramt Österreich, Sektion II - Frauenangelegenheiten und Gleichstellung) hat im Einzelfall zu prüfen, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt. Die Gleichbehandlungskommission wird auf Antrag einer der im Senat III vertretenen Interessenvertretungen (AK, WKÖ), eines von der Diskriminierung Betroffenen, auf Verlangen der Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen oder von Amts wegen tätig.
Die Mitglieder des Senats setzten sich zusammen aus Vertretern von Ministerien und Interessenvertretungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern.
Der Antrag auf Prüfung, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird dem Antragsgegner (also demjenigen, dem das diskriminierende Verhalten vorgeworfen wird) zugestellt mit der Aufforderung, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
Nach Einlangen der Stellungnahmen (bzw. bei Ausbleiben einer Stellungnahme auch auf wiederholte Aufforderung hin) werden der/die Antragsteller und der/die Antragsgegner zur Sitzung der Gleichbehandlungskommission geladen. In der Sitzung hat der Antragsgegner zu beweisen, dass nicht die ethnische Zugehörigkeit Grund für die Leistungsverweigerung war. Der Antragsgegner kann auch die Befragung von Auskunftspersonen anregen.
Tipp:
Praktisch besteht nur dann die Chance, sich vom Vorwurf der Diskriminierung frei beweisen zu können, wenn man eine Stellungnahme abgibt und der Ladung vor die Kommission Folge leistet.
Gelangt der Senat III zur Auffassung, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, hat er dem für die Diskriminierung Verantwortlichen einen Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung zu übermitteln und ihn aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlages ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem solchen Auftrag nicht entsprochen, so kann jede der im Senat vertretenen Interessenvertretungen (AK, WKÖ) bzw. bei Einleitung des Verfahrens auf Verlangen der Gleichbehandlungsanwaltschaft auch diese – allerdings nur mit Zustimmung des Diskriminierungsopfers - beim zuständigen Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Allgemein gilt, dass sich das Gericht in einem gerichtlichen Verfahren wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes mit einem Prüfungsergebnis der Gleichbehandlungskommission im Einzelfall zu befassen und ein davon abweichendes Urteil zu begründen hat.
Sonstige Verfahren im Zusammenhang mit Diskriminierungen aus ethnischen Motiven
Eine erfolgte Diskriminierung kann auch eine Verwaltungsstrafe nach sich ziehen und zu Schadenersatzforderungen führen - siehe dazu das Infoblatt "Gleichbehandlungsgebot beim Zugang zu Dienstleistungen".