Verstöße gegen das Gewerberecht im Wettbewerb

Die Übertretung gewerberechtlicher Vorschriften stellt nicht nur eine Verwaltungsübertretung dar, sondern kann auch einen kostspieligen Wettbewerbsprozess nach sich ziehen

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Ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) liegt auch dann vor, wenn allgemeine Rechtsvorschriften verletzt werden und diese Rechtsverletzung bewirkt, dass der Mitbewerber sich dadurch einen Vorteil im Wettbewerb (sog. „Vorsprung durch Rechtsbruch“) verschafft. Ein solcher Vorsprung wird von der Judikatur bereits dann angenommen, wenn sich der Mitbewerber zumindest Kosten spart oder z.B. seine Vorgangsweise geeignet ist, potentielle Kunden zu täuschen.

Gerade die Gewerbeordnung enthält eine Vielzahl von Bestimmungen, deren Nichteinhaltung Vorteile im Wettbewerb mit sich bringen können. Für die Annahme einer Unlauterkeit ist es im Übrigen nicht erforderlich, dass auch die Verwaltungsstrafbehörde bereits ein Verfahren eingeleitet oder eine Strafe verhängt hat. Im Folgenden sollen einige typische Beispiele von Gewerberechtsverstößen, die unlauter sind, aufgelistet werden. Demnach ist es beispielsweise unlauter, wenn jemand

  • unbefugt, also ohne entsprechende Gewerbeberechtigung ein Gewerbe ausübt und zwar selbst dann, wenn es sich um ein sogenanntes „freies Gewerbe“, also um ein Gewerbe handelt, für das kein Befähigungsnachweis erforderlich ist;
  • gewerberechtliche Ausübungsvorschriften nicht einhält, wie etwa im Fall einer Identitätsverschleierung, indem bloß eine Telefonnummer oder ein Postfach angegeben wird;
  • ohne entsprechende Betriebsanlagengenehmigung eine bewilligungspflichtige Anlage betreibt
  • die gewerberechtlichen Nebenrechte eindeutig überschreitet 
  • ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer ein reglementiertes Gewerbe nach Ablauf der Frist für die Neubestellung eines Geschäftsführers weiter ausübt oder
  • ohne entsprechende Berechtigung in Vorbehaltsbereiche anderer reglementierter Gewerbe eingreift u.v.a. 

Freilich soll hier nochmals betont werden, dass nicht nur Verstöße gegen gewerberechtliche Vorschriften typischerweise unlauter sein können, sondern dass ein sogenannter „Vorsprung durch Rechtsbruch“ auch bei Verletzung zahlreicher anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften anzunehmen ist. So sind beispielsweise Verstöße gegen lebens- oder arzneimittelrechtliche Normen, Öffnungszeiten aber auch Verletzungen des Arbeitnehmerschutzrechtes besonders häufig unlauter.  

Überschreitung der Gewerbeberechtigung und Eingriff in Vorbehaltsrechte anderer Berufe:

Auch zwischen Vertretern freier Berufe und Gewerbetreibenden gab und gibt es Streitfälle. Hier ist die Abgrenzung zwischen Tätigkeiten, die Gewerbetreibenden erlaubt, und solchen, die Freiberuflern vorbehalten sind, oft äußerst schwierig zu finden. Der OGH beruft sich dabei häufig darauf, dass Unlauterkeit nicht anzunehmen ist, wenn sich der Beklagte auf eine vertretbare Rechtsansicht berufen kann. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Normtext eine solche Interpretation erlaubt und noch keine Judikatur dazu vorliegt. In jedem Fall ist es aber geboten, fachkundigen Rat einzuholen, bevor man beispielsweise Tätigkeiten ankündigt oder vornimmt, die in Vorbehaltsbereiche z.B. der Ärzte oder Rechtsanwälte eingreifen könnten.

Beispiele:
So sind alle auf medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Tätigkeiten grundsätzlich  Ärzten vorbehalten. Laut Rechtsprechung des OGH gilt dies aber etwa nicht für das sogenannte „Auspendeln“, die Bachblütenberatung oder das Harmonisieren körpereigener Energien und dgl. Auch das bloße Messen des Blutdruckes mit herkömmlichen Geräten ist laut OGH noch nicht als eine den Ärzten vorbehaltene Diagnose anzusehen. Rechtsschutzversicherer sind etwa berechtigt, im Namen ihrer Versicherungsnehmer außerhalb gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Verfahren Aufforderungs- oder Abwehrschreiben an Dritte zu richten. Dies ist laut OGH eine vertretbare Rechtsansicht.

Eine wichtige Rolle für die rechtliche Beurteilung des Gewerbeumfanges einzelner Gewerbe im Verhältnis zu anderen Gewerben aber auch im Verhältnis zu anderen, insbesondere „freien Berufen“ vorbehaltenen, nicht der Gewerbeordnung unterliegenden Tätigkeiten stellen vor allem die einschlägigen Befähigungsnachweisvorschriften, die typischen Arbeitsvorgänge, die verwendeten Roh- und Hilfsstoffe sowie Werkzeuge und Maschinen, aber auch die historische Entwicklung und die in den beteiligten Verkehrskreisen bestehenden Anschauungen, insbesondere Standesregeln, Berufsbilder und dergleichen, dar. 

Tipp:

Bevor Sie eine gewerbliche Tätigkeit, die möglicherweise anderen Berufsgruppen vorbehalten ist, ankündigen oder ausüben, fragen Sie bei der jeweiligen Fachorganisation der WK (Innung, Gremium oder Fachgruppe) an! In vielen Fällen finden Sie Standesregeln bzw. Berufsbilder auch im Internet, so auch eine Abgrenzung zwischen Steuerberatern und Bilanzbuchhaltungsberufen.


Stand: 01.05.2023

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