HinweisgeberInnenschutzgesetz

Checkliste zur Errichtung eines internen Hinweisgebersystems

Lesedauer: 4 Minuten

Allgemeiner Hinweis: Das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) enthält nur sehr wenige Vorgaben, wie ein Hinweisgebersystem einzurichten ist. Insbesondere enthält es keine technischen Vorgaben, verweist aber auf Art. 25 DSGVO, somit auf die dortigen „technischen und organisatorischen Maßnahmen“ nach dem Stand der Technik. Eine allgemein gültige und für alle Unternehmen konkret passende Checkliste ist daher nicht möglich. 

Diese Checkliste kann daher nur eine erste Richtschnur auf Basis der unmittelbaren gesetzlichen Vorgaben sein.

Sachlicher Geltungsbereich: Beschäftigt das Unternehmen zumindest 50 Arbeitnehmer?

  • Bei wechselnder, insb. saisonal schwankender Arbeitnehmeranzahl ist auf den Durchschnitt während des vergangenen Kalender Jahres abzustellen.
  • HSchG gilt nicht für Einzelunternehmer.

Ist das Unternehmen in heiklen Bereichen tätig?
Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte, Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Sicherheit in der Zivilluftfahrt, Schifffahrt und Sicherheit von Offshore-Erdöl und ‑Erdgasaktivitäten): Teil I.B und II des Anhangs der Richtlinie 2019/1937/EU

  • Dann gilt das HSchG auch bei weniger als 50 Arbeitnehmern.
  • Nicht jedoch für Einzelunternehmer.

Besteht vom Tätigkeitsfeld her die Möglichkeit, dass das Unternehmen von Hinweisen auf folgenden Gebieten betroffen ist?

  • Öffentliches Auftragswesen,
  • Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung,
  • Produktsicherheit und -konformität,
  • Verkehrssicherheit,
  • Umweltschutz,
  • Strahlenschutz und nukleare Sicherheit,
  • Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz,
  • öffentliche Gesundheit,
  • Verbraucherschutz,
  • Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten sowie Sicherheit von Netz- und Informationssystemen,
  • Verhinderung und Ahndung von Straftaten nach den §§ 302 bis 309 des Strafgesetzbuches (im Wesentlichen Korruptionsstrafbestimmungen),
  • Rechtsverletzungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union,
  • Verletzungen von Binnenmarktvorschriften im Sinne von Art. 26 Abs. 2 AEUV, Verletzungen von Unionsvorschriften über Wettbewerb und staatliche Beihilfen und Verletzungen von Binnenmarktvorschriften in Bezug auf Handlungen, die die Körperschaftsteuervorschriften verletzen oder in Bezug auf Vereinbarungen, die darauf abzielen, sich einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen, der dem Ziel oder dem Zweck des Körperschaftsteuerrechts zuwiderläuft,

Wenn ja, dann sollte (bei Vorliegen auch der anderen Voraussetzungen) überlegt werden, ein Hinweisgebersystem nach den Vorgaben des HSchG einzurichten. Die Nichteinrichtung eines solchen Systems ist nicht strafbar.

Ist das Unternehmen in einem Bereich tätig, in denen Hinweisgebersysteme durch Unionsvorschriften oder Bundesgesetze bereits geregelt sind?

  • Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz,
  • Bankwesengesetz,
  • Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014,
  • Börsegesetz 2018,
  • Bundeskriminalamt-Gesetz,
  • Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter,
  • Finanzmarkt-Geldwäschegesetz,
  • Gewerbeordnung 1994,
  • Investmentfondsgesetz 2011,
  • Kapitalmarktgesetz 2019,
  • Notariatsordnung,
  • Rechtsanwaltsordnung,
  • PRIIP-Vollzugsgesetz,
  • SFT-Vollzugsgesetz,
  • Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, soweit dieses die Richtlinie 2016/97/EU umsetzt,
  • Wertpapieraufsichtsgesetz 2018,
  • Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017,
  • Zentralverwahrer-Vollzugsgesetz,
  • Dann gelten in erster Linie die Bestimmungen dieser Rechtsakte. Werden in diesen keine Regelungen zu bestimmten Punkten getroffen, dann gelten die Bestimmungen des HSchG.

Andere als die genannten Rechtsvorschriften zum Verfahren und zum Schutz von Hinweisgebern gelten dann vorrangig, wenn sie

  • für Hinweisgeber günstiger sind (wie insb. zur Möglichkeit anonymer Hinweise),
  • über den persönlichen oder sachlichen Geltungsbereich des HSchG hinausgehen,
  • das interne oder externe Hinweisgebersystem, die Betrauung einer bestimmten Stelle mit der Entgegennahme oder Weiterverfolgung von Hinweisen, Folgemaßnahmen oder die sonstige Behandlung von Hinweisen spezifischer regeln, ohne dabei von den Mindestanforderungen dieses Bundesgesetzes abzuweichen. 

Ist bereits freiwillig ein Hinweisgebersystem im Unternehmen installiert?

  • Dann muss geprüft werden, ob dieses den Mindestanforderungen des HSchG entspricht.
  • Geht es über den gesetzlichen Geltungsbereich des HSchG hinaus, siehe nächster Punkt.

Soll im Unternehmen ein Hinweisgebersystem eingerichtet werden, das Hinweise auch in anderen Bereichen akzeptiert?

  • Dann sind neben den Voraussetzungen des HSchG insb. auch die Voraussetzungen nach Betriebsverfassungsrecht (ArbVG) und Datenschutz (DSGVO) zu schaffen.

Soll im Unternehmen ein Hinweisgebersystem eingerichtet werden, das den Voraussetzungen des HSchG entspricht?

  • Wenn nicht, ist das zwar nicht strafbar, die Arbeitnehmer können sich aber direkt an die externe Stelle wenden - Was sie allerdings auch direkt tun dürfen, wenn ein internes System vorhanden ist.

    Tipp: Wenn eine Hinweisgebersystem eingerichtet wird, sollte jedenfalls das HSchG eingehalten werden. Es ist zwar nicht strafbar, kein System zu haben. Eine Behinderung eines Hinweisgebers ist allerdings sehr wohl strafbar.

Wie sollen Hinweise erfolgen können?

  • Mündlich? Schriftlich? Mündlich und schriftlich?
    Hinweis: Das HSchG verlangt einen mündlichen (z.B. Telefon) oder schriftlichen (z.B. E-Mail) Meldekanal. Auch beides ist möglich.
  • Welche Kommunikationswege sollen ermöglicht werden?
    Hinweis: Das HSchG enthält keine Vorgaben über die Art des Kommunikationskanals. Theoretisch wäre auch ein Briefkasten zulässig, allerdings werden die Kriterien der Vertraulichkeit und der Möglichkeit einer Antwort nur schwer zu verwirklichen sein.
  • Sollen Zugang zu dem System nur die eigenen Arbeitnehmer haben? Oder auch Dritte (z.B. Auftraggeber, Subunternehmen, Anteilseigner, Lieferanten und deren Arbeitnehmer)? 
  • Sollen anonyme Hinweise zulässig sein? Wenn ja, wie kann mit einem anonymen Hinweisgeber kommuniziert werden?
    Beispiel: Einrichtung/Zulassung anonymer E-Mail-Adressen.

Wer ist zuständig für die Entgegennahme der Hinweise? Intern? Extern (z.B. Konzernmutter, Unternehmensberater)? Mehrere Personen (Krankheit, Urlaub …)?

Ist die zuständige Stelle für die Entgegennahme auch auf die Weiterbearbeitung (Folgemaßnahmen) zuständig?

Welche notwendigen finanziellen und personellen Mittel werden dafür gebraucht?

Datenschutz?

Wie ist die Stelle einzurichten und zu betreiben? 
Gesetzliche Vorgaben u.a.:

  • Wahrung der Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers,
  • unparteiliche und unvoreingenommene Vorgehensweise,
  • weisungsfreie inhaltliche Erledigung,
  • Überprüfung der Stichhaltigkeit,
  • Ermöglichung eines persönlichen Treffens,
  • Bestätigung des Empfangs der Meldung und Bericht über ergriffene Folgemaßnahmen an den Hinweisgeber,
  • Dokumentation, Aufzeichnung, Aufbewahrung.

Information an die Arbeitnehmer über das Bestehen der internen Stelle, deren Zuständigkeit und Grenzen sowie die Behandlung von Hinweisen, Schulungen …

Information über die Möglichkeit einer externen Hinweisgebung



Stand: 15.02.2024

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