Berechnung der Treibhausgasemissionen eigener Abfallbehandlungsanlagen
Treibhausgasemissionen eigener Abfallbehandlungsanlagen bilanzieren: So erfassen und berechnen Sie CO2-Emissionen für Treibhausgasbilanzen, CSRD-Berichterstattung und Kundenanfragen.
Lesedauer: 4 Minuten
Die Emissionen resultierend aus der Abfallbehandlung spielen eine zentrale Rolle in der Treibhausgasbilanz von Unternehmen – sei es im Rahmen der eigenen Nachhaltigkeitsstrategie oder als Information für Geschäftspartner. Eine Treibhausgasbilanz kann grundsätzlich auf unterschiedlichen Ebenen durchgeführt werden.
| Unternehmensebene | Relevante Standards & Richtlinien |
|---|---|
Beschreibung: | Treibhausgasprotokoll: "Corporate Standard" |
| Produktebene | Relevante Standards & Richtlinien |
Beschreibung: | Treibhausgasprotokoll: "GHG Protocol Product Life Cycle Accounting |
| Projektebene | Relevante Standards & Richtlinien |
| Beschreibung: | Treibhausgasprotokoll: "GHG Protocol for Project Accounting (Project Protocol)" |
In Verbindung mit der Bilanzierung von Treibhausgasemissionen von einzelnen Abfallbehandlungsanlagen oder -verfahren ist die Produktebene, oder in kleineren Unternehmen die Unternehmensebene zu empfehlen.
Das Prinzip der Scopes im Treibhausgasprotokoll
Das Treibhausgasprotokoll differenziert die Emissionen eines Unternehmens in drei verschiedene Kategorien – den sogenannten Scopes.
- Scope-1: Direkte Emissionen aus unternehmenseigenen oder vom Unternehmen kontrollierten Quellen, z. B. aus der Verbrennung fossiler Energieträger in eigenen Fahrzeugen oder Anlagen.
- Scope-2: Indirekte Emissionen aus der Erzeugung eingekaufter Elektrizität, Wärme, Kälte oder Dampf, die das Unternehmen nutzt.
- Scope-3: Alle weiteren indirekten Emissionen entlang der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette. Dazu zählen unter anderem auch Emissionen aus der Abfallbehandlung der betrieblich angefallenen Abfälle.
In der Treibhausgasbilanz zu berücksichtigende Gase
Welche Gase sind in der Treibhausgasbilanz zu berücksichtigen? Häufig ist von einem "CO₂-Fußabdruck" die Rede, korrekt ist jedoch der Begriff Treibhausgasbilanz, da neben Kohlenstoffdioxid (CO₂) auch weitere Gase erfasst werden.
Die Bilanzierung umfasst alle im Kyoto-Protokoll definierten Treibhausgase:
- CO₂ – Kohlenstoffdioxid
- CH₄ – Methan
- N₂O – Distickstoffoxid
- HFKW – Teilfluorierte Kohlenwasserstoffe
- PFCs – Perfluorierte Kohlenwasserstoffe
- SF₆ – Schwefelhexafluorid
- NF₃ – Stickstofftrifluorid
Anleitung zur Bilanzierung von Prozessen oder Anlagen
Nachfolgend finden Sie eine kurze Schritt-für-Schritt Anleitung wie Sie bei der Bilanzierung von Prozessen oder Anlagen vorgehen können:
1. Systemgrenzen und Rahmenbedingungen für die Bilanzierung festlegen
Zu Beginn ist es wichtig, die zu bilanzierende Einheit klar einzugrenzen – physisch, zeitlich und organisatorisch. Welche Teilbereiche und Prozesse der Behandlungsanlage oder des Verfahrens sollen in die Berechnung einfließen? Die meisten Bilanzen beziehen sich auf ein Kalenderjahr. Eine saubere Abgrenzung ist die Grundlage für eine konsistente Datenerhebung und belastbare Ergebnisse. Definieren Sie das Untersuchungsziel und setzen Sie klare Systemgrenzen.
2. Relevante Emissionsquellen identifizieren
Je nach Technologie und Verfahrensschritt können verschiedene Emissionsquellen relevant sein. In thermischen Anlagen sind das z. B. stationäre Verbrennungseinheiten, bei mechanisch-biologischer Behandlung wiederum Emissionen aus biologischen Prozessen wie Vergärung oder Kompostierung. Auch der Energieverbrauch, Maschinenbetrieb und potenzielle Leckagen aus Kälteanlagen sollten berücksichtigt werden.
Die Erstellung einer Prozesslandkarte und die Skizzierung relevanter Energie- und Materialströme kann hierbei besonders hilfreich sein.
3. Aktivitätsdaten erfassen
Anschließend werden die benötigten Verbrauchs- und Betriebsdaten, sogenannte ‚Aktivitätsdaten‘, erhoben. Dazu zählen unter anderem Brennstoffmengen (z. B. Erdgas, Diesel) oder Stromverbräuche. Zusätzlich sollten die Mengen der auf der Anlage behandelten Abfälle nach Fraktionen sowie Betriebsstunden erhoben werden. Erheben Sie alle Material- und Energieströme, die in die Anlage fließen. Fehlen gewisse Daten, können diese auch geschätzt oder hochgerechnet werden – dies sollte jedoch klar und transparent dokumentiert werden.
4. Emissionsfaktoren auswählen
Verwenden Sie aktuelle Emissionsfaktoren, die für die Berechnung der Treibhausgasemissionen geeignet sind. Diese Faktoren sind notwendig, um die Umweltauswirkungen der verschiedenen Emissionsquellen korrekt zu berechnen. Stellen Sie sicher, dass die verwendeten Faktoren aktuell und auf die spezifischen Bedingungen Ihrer Organisation abgestimmt sind. Emissionsfaktoren können in kostenpflichtigen sowie öffentlich zuganglichen Datenbanken sowie in Publikationen gefunden werden. Weiters können Lieferant:innen wie Energieversorger oder Hersteller von Produkten und Services als Quelle für Emissionsfaktoren herangezogen werden.
5. Umrechnung der Daten
Rechnen Sie die gesammelten Aktivitätsdaten in die korrekten Einheiten um, falls erforderlich. Beachten Sie, dass diese in der korrekten physikalischen Größe vorliegen müssen, um mit den vorliegenden Emissionsfaktoren multipliziert zu werden.
6. Verknüpfung der Aktivitätsdaten mit den Emissionsfaktoren
Multiplizieren Sie die gesammelten Aktivitätsdaten mit passenden Emissionsfaktoren. Summieren Sie die Emissionen, um ein Gesamtbild der Anlage bzw. des Verfahrens zu erhalten.
7. Berechnung je Mengeneinheit
Um den spezifischen Emissionswert pro behandelter Abfallmenge zu ermitteln, empfiehlt sich die Verwendung der Output-Daten der Anlage. Auf Basis der jährlich verarbeiteten Tonnage lässt sich so berechnen, wie viele CO₂-Äquivalente pro Kilogramm bzw. Tonne Abfall angefallen sind. Diese Kennzahl ermöglicht es Ihnen, gegenüber Ihren Kund:innen fundierte Auskünfte über die klimarelevanten Auswirkungen der Abfallbehandlung zu geben – und unterstützt sie gleichzeitig bei der Erfüllung eigener Berichts- oder Offenlegungspflichten.
8. Ergebnisse aufbereiten und dokumentieren
Zusätzlich empfiehlt sich eine transparente Dokumentation der Methodik, genutzten Datenquellen, Annahmen und potenziellen Unsicherheiten. Wenn Schätzwerte verwendet wurden, sollten diese klar gekennzeichnet werden.
Weiterführende Informationen
Ergänzende Informationen und Rahmenwerke für die Treibhausgasbilanzierung:
- Treibhausgasprotokoll: Homepage | GHG Protocol
- Klimaportal der WKO für KMU: Klimaportal für Unternehmen
- Webinar zum Thema Nachhaltigkeitsdaten: Nachhaltigkeitsdaten im Fokus