Unseriöse Erlagscheinwerbung für Branchenverzeichnisse - Wie reagiert man richtig? - im Detail

Immer wieder beschweren sich WK-Mitglieder über unseriöse Werbemethoden, die unter der Bezeichnung "Erlagscheinwerbung" zusammengefasst werden.

Lesedauer: 6 Minuten

Was versteht man unter "Erlagscheinwerbung“?

Bei der "Erlagscheinwerbung“ werden Eintragungen in Branchen-, Telefon- oder ähnliche Register bzw. entgeltliche Inserate beworben, dass Zahlscheine bzw. Erlagscheine, Rechnungen, Korrekturabzüge oder dergleichen versandt werden. Dabei wird häufig der Eindruck erweckt, es wäre eine Pflichteinschaltung in ein amtliches Register oder ein Vertrag sei längst abgeschlossen!

Tatsächlich wird mit der Überweisung oder unterfertigten Rücksendung eines Formulars aber erst der "Vertrag“ abgeschlossen, was freilich nur im Kleingedruckten ersichtlich und überdies meist missverständlich formuliert ist. Solcherart zu Stande gekommene "Verträge“ gelten üblicherweise gleich für mehrere Jahre und müssen noch fristgerecht gekündigt werden, wenn eine "Vertragsverlängerung“ nicht gewollt ist.

In vielen Fällen werden auch tatsächlich geschaltete Inserate von unseriösen Anbietern schlicht kopiert und um Korrektur ersucht, sodass der Eindruck entsteht, es handle sich um die bereits vereinbarte Einschaltung. In Wahrheit liegt dann aber bei genauer Durchsicht ein neues Angebot eines anderen Verlages vor!

Die Kosten solcher Einschaltungen sind im Hinblick auf den "Werbewert“ völlig unverhältnismäßig. Tatsächlich enthalten solche Register, die neuerdings häufig auch im Internet auftreten, lediglich eine Auflistung irregeführter Unternehmen.

Zulässig wäre diese Werbe- und Akquirierungsmethode nur dann, wenn eindeutig und unmissverständlich auf den Angebotscharakter dieser Aussendung hingewiesen wird. Die Judikatur ist allerdings sehr streng, der bloße Hinweis "Offert“, "Einschaltungsangebot“ oder dergleichen allein reicht regelmäßig nicht aus. 

Was kann gegen Erlagscheinschwindler unternommen werden?

a) Vertragsrechtliche Aspekte

Zivilrechtlich betrachtet können solche Verträge wegen Irrtums angefochten und dementsprechend das Geld zurückgefordert bzw. – wenn noch nicht bezahlt wurde – einer allfälligen Klage die Irrtumseinwendung ("arglistige Täuschung“) entgegengehalten werden.

Tatsächlich klagen solche Verlage allerdings selten, weil sie von denjenigen, die irrtümlich zahlen oder sich einschüchtern lassen, sehr gut leben und ein verloren gegangener Prozess nur das "Geschäft“ gefährden würde. Sie drohen freilich mit Klagen und teuren Eintreibungsmaßnahmen (Inkassospesen, Verzugszinsen etc.). Umgekehrt ist es allerdings meist zwecklos, auf Rückzahlung zu klagen, weil solche Firmen häufig irgendwo im Ausland angesiedelt sind, vermögenslose Strohmänner und Gesellschaften vorschieben, und daher das Prozesskostenrisiko viel zu hoch ist. Manchmal hilft allerdings eine Betrugsanzeige weiter. Diese wäre insbesondere dann angebracht, wenn das beworbene Verzeichnis bzw. Inserat gar nicht erscheint!

Theoretisch könnte häufig auch so argumentiert werden, der Mitarbeiter, der irrtümlich die Überweisung tätigte oder das irreführende Formular unterfertigte, wäre dazu nicht bevollmächtigt gewesen und die Firma daher an den "Vertrag“ nicht gebunden. Da aber bei unseriösen Erlagscheinangeboten ohnedies ein zumindest anfechtbarer Vertrag vorliegt und vom Werbenden das Vorliegen zumindest einer Anscheinsvollmacht des Mitarbeiters behauptet werden wird, erübrigt sich dieses Argument in der Praxis. 

b) Wettbewerbsrechtliche Aspekte:

Generell ist diese Art der Werbung verboten, wenn der Angebotscharakter nicht eindeutig und zweifelsfrei erkennbar ist, und mit einer Verwaltungsstrafe in Höhe von maximal 2.900 Euro von der Bezirksverwaltungsbehörde zu ahnden.

Wettbewerbsrechtlich können freilich andere Werbeunternehmen bzw. seriöse Verlage sowie Kammern und Verbände (Wettbewerbsschutzverbände) auf Unterlassung solcher Praktiken sowie entsprechende Urteilsveröffentlichung - eventuell auch im Internet - klagen.

Der Oberste Gerichtshof hält es im Übrigen auch für wettbewerbswidrig, wenn solche Verlage Eintreibungsmaßnahmen (Mahnungen etc.) setzen oder sich weigern, das Geld zurückzuzahlen.

Hinweis:
Im Übrigen ist sowohl das unaufgeforderte Zusenden von Werbung per Fax oder Mail, als auch Telefonwerbung ohne vorhergehende Zustimmung nach dem Telekommunikationsgesetz verboten und kann wettbewerbsrechtlich und verwaltungsstrafrechtlich Sanktionen auslösen!

Was ist unbedingt zu beachten?

  • Nichts unterschreiben oder einzahlen, was nicht eindeutig zugeordnet werden kann!

  • Unbekannten Werbe- oder Eintragungsangeboten von vornherein kritisch gegenüberstehen, auch wenn mit karitativen oder im öffentlichen Interesse liegenden Anliegen geworben oder eine Verbindung zu diesen hergestellt wird!

  • Die einzige verpflichtende Einschaltung besteht für den Fall, dass Sie im Firmenbuch eingetragen sind, im Amtsblatt zur Wiener Zeitung! Diese schreibt die Gebühr selbst vor.

  • Für nicht protokollierte (im Firmenbuch nicht eingetragene) Unternehmen gibt es im Allgemeinen keine entgeltlichen Pflichteintragungen in Zeitungen und dergleichen – sieht man von Verwaltungsgebühren etwa für die Eintragung im Gewerberegister ab!

  • Dienstnehmer laufend anweisen, keine Überweisungen oder Unterschriften zu tätigen, wenn sie den Geschäftsfall nicht eindeutig zuordnen können!

  • Bei der Wirtschaftskammer in Zweifelsfällen anfragen!

  • NICHT ohne vorhergehende Abklärung zahlen! 

c) Wie kann man auf Mahnschreiben mit einer entsprechenden Zahlungsaufforderung reagieren?

Hat man ein "Erlagscheinwerbeformular“ unterfertigt und an den Absender übersandt, kommt meist mit dem ersten Mahnschreiben des unseriösen Adressverlages das große Staunen, wenn man darin aufgefordert wird, aufgrund des zustande gekommenen Vertrages ein Entgelt in unverhältnismäßiger Höhe zu leisten. Was tun?

Auch wenn unseriöse Adressverlage die geforderte Summe zumeist nicht einklagen, empfiehlt es sich, eine Antwort auf das Mahnschreiben abzugeben.

Diese könnte wie folgt formuliert werden:

Formulierungsvorschlag:

An …

Betreff: Schreiben/Mahnung vom …

GZ…                                                           … (Ort einfügen), am …

Sehr geehrte Geschäftsführung,

bezugnehmend auf Ihr Schreiben/Ihre Mahnung vom … teile ich Ihnen nach Einholung einer rechtlichen Auskunft folgendes mit:

Nach der österreichischen Rechtslage ist es verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Eintragungen in Verzeichnisse, wie etwa Branchen-, Telefon- oder ähnliche Register, mit Zahlscheinen, Erlagscheinen, Rechnungen, Korrekturangeboten oder ähnlichem zu werben oder diese Eintragungen auf solche Art unmittelbar anzubieten, ohne entsprechend unmissverständlich und auch graphisch deutlich darauf hinzuweisen, dass es sich lediglich um ein Vertragsanbot handelt. Dieses Verbot gilt sowohl für österreichische Anbieter als auch solche aus dem Ausland.

Da Ihre Zusendung vom … diesem Verbot zuwider erfolgt ist, bin ich darüber getäuscht worden, dass es sich bei der Zusendung lediglich um ein Vertragsanbot gehandelt hat. Wäre Ihre Zusendung entsprechend unmissverständlich und graphisch deutlich ausgestaltet gewesen, sodass ich gewusst hätte, dass es sich dabei um ein Vertragsanbot handelte, hätte ich Ihre Zusendung nicht unterzeichnet und retourniert.

Aufgrund dieses Umstandes bin ich zur Anfechtung des Vertrages berechtigt und mache davon auch Gebrauch.

Ich ersuche um Kenntnisnahme, dass ich Ihr Schreiben deshalb für gegenstandslos halte und diesem nicht Folge leisten werde.

Unabhängig von allen vorgebrachten gerechtfertigten Einwänden, insbesondere des Irrtums, kündigen wir schließlich vorsichtshalber diesen Vertrag ohne Anerkenntnis jedweder Rechtspflicht zum nächstmöglichen Termin.

Sollten Sie weiterhin Mahnschreiben versenden, behalte ich mir weitere rechtliche Schritte, insbesondere die Beschreitung des Gerichtswegs, vor.

Freundliche Grüße

d) Wie kann man reagieren, wenn aufgrund einer Erlagscheinwerbung das geforderte Entgelt bereits geleistet wurde?

In diesem Fall könnte ein entsprechendes Schreiben, mit dem das geleistete Entgelt zurückgefordert wird, folgendermaßen aussehen:

Formulierungsvorschlag:

An …

Betreff: Erlagscheinwerbung vom …/Zahlung vom …

GZ …                                                           … (Ort einfügen), am …

Sehr geehrte Geschäftsführung,

Ihr Schreiben/Mahnschreiben vom … habe ich erhalten und daraufhin auch das von Ihnen geforderte Entgelt geleistet. Nach Einholung einer rechtlichen Auskunft teile ich Ihnen folgendes mit:

Nach der österreichischen Rechtslage ist es verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Eintragungen in Verzeichnisse, wie etwa Branchen-, Telefon- oder ähnliche Register, mit Zahlscheinen, Erlagscheinen, Rechnungen, Korrekturangeboten oder ähnlichem zu werben oder diese Eintragungen auf solche Art unmittelbar anzubieten, ohne entsprechend unmissverständlich und auch graphisch deutlich darauf hinzuweisen, dass es sich lediglich um ein Vertragsanbot handelt. Dieses Verbot gilt sowohl für österreichische Anbieter als auch solche aus dem Ausland.

Da Ihre Zusendung vom … diesem Verbot zuwider erfolgt ist, bin ich darüber getäuscht worden, dass es sich bei der Zusendung lediglich um ein Vertragsanbot gehandelt hat. Wäre Ihre Zusendung entsprechend unmissverständlich und graphisch deutlich ausgestaltet gewesen, sodass ich gewusst hätte, dass es sich dabei um ein Vertragsanbot handelte, hätte ich Ihre Zusendung nicht unterzeichnet und retourniert.

Aufgrund dieses Umstandes bin ich zur Anfechtung des Vertrages berechtigt und mache davon auch Gebrauch.

Ich fordere Sie daher auf, das von mir geleistete Entgelt in der Höhe von ........… bis spätestens ........… (Fristsetzung einfügen) auf das Konto IBAN ......…, BIC: ........…, lautend auf ........…, einlangend rück zu überweisen.

Unabhängig von allen vorgebrachten gerechtfertigten Einwänden, insbesondere des Irrtums, kündigen wir schließlich vorsichtshalber diesen Vertrag ohne Anerkenntnis jedweder Rechtspflicht zum nächstmöglichen Termin.

Sollte meiner Forderung bis zu diesem Tag nicht entsprochen worden sein, behalte ich mir weitere rechtliche Schritte vor.

 

Freundliche Grüße

 

Stand: 11.11.2021