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Die Gewinner des diesjährigen Mercur Innovationspreises
© Mag. Barbara Larcher

Wiens Kraft an Innovationen

Beeindruckende Leistungen brachte der Mercur Innovationspreis in diesem Jahr wieder zutage. Von neuen Ladelösungen für E-Busse, KI-Lösungen für verbesserte Sicherheit im Pflegebereich bis zu neuen Kinoabo-Formen war alles dabei.

Lesedauer: 6 Minuten

Aktualisiert am 17.06.2025

Im Bild: Die Gewinner des diesjährigen Mercur Innovationspreises

Wir haben den e-Line Stromabnehmer entwickelt, um die nachhaltige, CO2-freie Mobilität auch abseits der Schiene, wie etwa in Städten, voranzutreiben”, erzählt Otto Pober, Projektmanager bei Siemens Mobility Austria. Dabei handelt es sich um eine neue hochautomatisierte Ladelösung für Elektrobusse, die das Steckerladen ersetzt. In Wien entwickelt, birgt diese Lösung das Potenzial, E-Mobilität im Nutzfahrzeugbereich gezielt weiter voranzutreiben. Dies anerkannte auch die Mercur-Jury und belohnte diese Entwicklung mit dem ersten Platz in der Kategorie Nachhaltigkeit.

Ein florierender Wirtschaftsstandort braucht innovative Unternehmen. Wie zahlreich diese in Wien sind, zeigt erneut die hohe Anzahl an Einreichungen für den diesjährigen MercurAward.

Großes Interesse am Markt

Bei der Siemens-Innovation verbindet ein Stromabnehmer das Fahrzeug mit der Stromquelle. Voraussetzung ist die Ausstattung des E-Busses mit einem solchen Stromabnehmer. So wird das Steckerladen ersetzt und eine hohe Leistungsübertragung ermöglicht - und das bei geringerem Platzbedarf als bei bisherigen Lösungen. Ein weiterer Vorteil gegenüber dem gängigen Ladesystemen sind niedrigere Betriebskosten, was unter anderem einer wartungsärmeren Konstruktion zu verdanken ist, sowie eine weit geringere Geräuschentwicklung. Das Beladen des Fahrzeugs kann sogar nachts in Gebieten mit speziellen Anforderungen an die Lautstärke stattfinden, etwa in der Nähe von Krankenhäusern oder Pflegeheimen. „Mit dem e-Line Ladepantographen ist es uns gelungen, eine zukunftsweisende Lösung für den öffentlichen Verkehr zu entwickeln”, freute sich Pober bei der Preisverleihung. Die Innovation ist übrigens marktreif, bereits im Feldeinsatz und stößt laut Siemens Mobility auf reges Kundeninteresse. Es ist ein Beispiel, das zeigt, welche vielversprechenden Innovationen in Wien entstehen und beim Mercur Innovationspreis zur Einreichung gelangen. „Ein florierender Wirtschaftsstandort braucht innovative Unternehmen. Wie zahlreich diese in Wien sind, zeigt erneut die hohe Anzahl an Einreichungen für den diesjährigen MercurAward”, freute sich Walter Ruck, Präsident der WK Wien. Schließlich wurden heuer 124 Projekte beim Mercur eingereicht und damit um neun mehr als 2024. Denn nicht nur in Sachen Nachhaltigkeit, sondern auch in den Bereichen Digitalisierung, Gesundheit und im KI-Segment gibt es bahnbrechende Neuheiten, die mit Bestplatzierungen belohnt wurden.

Stärkung der Kinokultur

Wie mit einer gut umgesetzten Idee Kulturbetrieben unter die Arme gegriffen werden kann, zeigt das „nonstop Kinoabo”, das den ersten Platz in der Kategorie Kreativität mit nachhause nahm. Denn in Zeiten von Streaming-Diensten fällt es Kinos schwer, Säle voll zu bekommen. Noch ein gutes Stück härter ist es für unabhängige Programmkinos, die zudem vorwiegend Nischen bedienen und ein weit weniger breites Publikum ansprechen. „Trotzdem gibt es viele Menschen, die gerne öfter ins Kino gehen würden, aber durch Ticketpreise oder fehlende Anreize davon abgehalten werden”, schildert Laura Köpf, Marketingverantwortliche von nonstop Kinoabo. Hier setzt die neue Idee an und ermöglicht über ein digitales Kinoabo uneingeschränkten Zugang zu den Filmen in den teilnehmenden Häusern zu einem fixen Monatsbetrag. 2023 startete nonstop Kinoabo mit 18 Arthousekinos österreichweit, mittlerweile sind es 32. Der größte Markt ist Wien, denn hier nehmen 18 Kinos teil und auch 89 Prozent der aktuell rund 10.100 Abonnentinnen und Abonnenten leben in der Bundeshauptstadt. „Seit März 2023 wurden über das ‚nonstop Kinoabo’ mehr als 300.000 Besuche in Programmkinos generiert. Gerade im Arthousefilm-Bereich ist das eine tolle Leistung”, freut sich Martin Kitzberger, Geschäftsführer und Gründer des Wiener Unternehmens. Ein weiteres Ziel der Unternehmung war, eine jüngere Zielgruppe für Arthousefilme zu interessieren. Denn das Durchschnittsalter der Programmkino-Besucher beläuft sich auf rund 50 Jahre. „Unsere Abonnentinnen und Abonnenten sind im Schnitt 31 Jahre alt, womit wir einen deutlich jüngeren Personenkreis ansprechen”, so Köpf: „Das nonstop Kinoabo ist nicht nur ein neues Geschäftsmodell, das Kinos, Verleihe und Produktionsfirmen unterstützt, sondern ein innovativer Hebel, um die Kinokultur, vor allem in Wien, langfristig zu stärken.”

Finalisten Mercur2025
© wkw

Forschungsstandort Nummer eins

Laut einer Schätzung der Statistik Austria wurden in Österreich 2024 rund 16,1 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung (F&E) ausgegeben. Die Forschungsquote - also der Anteil der F&E-Ausgaben am nominellen Bruttoinlandsprodukt (BIP) - betrug damit 3,35 Prozent. In Wien liegt sie noch höher und zwar bei über vier Prozent. Mit 31 Prozent der Gesamtaufwendungen für F&E von ca. 3,9 Milliarden Euro ist die Bundeshauptstadt hierzulande klar Forschungsstandort Nummer eins. Auch im Vergleich der europäischen Städte ist Wien unter den Top fünf.

Hürden weiter abbauen

Gerade aufgrund des hohen Stellenwerts von Innovationen für einen Wirtschaftsstandort fordert die WK Wien kontinuierlich Verbesserungen seitens der Politik, allen voran den Abbau bürokratischer Hürden, um den Zugang zu Förderungen zu erleichtern. Zu den weiteren zentralen Forderungen zählen der Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen, um neue Ideen nicht im Keim zu ersticken.

Simon Grabher Auszeichnung ist Motivation
Simon Grabher, craftworks GmbH, Platz 1, Kategorie Digitalisierung
Die 2014 gegründete craftworks GmbH ist auf Softwarelösungen mit Fokus auf industrielle KI spezialisiert, die Prozesse vereinfachen, die Zuverlässigkeit steigern und Ausfallzeiten reduzieren. Ausgezeichnet wurde das Projekt navio Vision: Die KI-gesteuerte Softwarelösung überwacht visuell Fertigungsprozesse und erkennt Abweichungen zum Soll in Echtzeit. Das macht ein sofortiges Eingreifen möglich, was Ausschuss und Kosten senkt und die Qualität erhöht. Zudem lernt das System kontextbezogen dazu, was Produktionsprozesse kontinuierlich optimiert. „Die Auszeichnung unterstreicht die Bedeutung des KI-gestützten visuellen Inspektionssystems navio Vision sowie unseren Ansatz, industrielle Innovation mit technischer Präzision, hoher Nutzerorientierung und nachhaltiger Wirkung zu vereinen”, sagt craftworks-Geschäftsführer Simon Grabher. Der Mercur bestätige die Arbeit bei craftworks und erhöhe die Sichtbarkeit innerhalb der heimischen Innovationslandschaft. navio Vision ist marktreif und wird bereits in ersten Pilotprojekten eingesetzt. Aktuell befindet es sich in der Skalierungsphase sowie im Onboarding von Kunden aus verschiedenen Bereichen der Industrie. craftworks will sich als einer der führenden Anbieter für angewandte KI in industriellen Umgebungen etablieren und die Weiterentwicklung von navio Vision vorantreiben. Ein weiteres Ziel des Unternehmens ist es, KI auch für nicht-technische Nutzer zugänglicher zu machen.

Rainer Planinc Smarte Pflegetechnologie
Rainer Planinc, CogVis Software und Consulting GmbH, Sonderpreis KI
Das TU-Spin-off CogVis entwickelt KI-gestützte Lösungen für den Gesundheits- und Pflegebereich und holte sich den Sonderpreis KI für seine Technologie cogvisAI. Diese erfasst mittels 3D-Sensor die Aktivitäten von Pflegeheim-Patienten und erkennt Bewegungsmuster. So können Pflegekräfte kritische Situationen rasch erkennen und eingreifen. Der Mercur mache sichtbar, dass „Technologie bereits heute einen unglaublich großen Mehrwert in der Pflege leisten kann”, sagt CogVis-CEO und Co-Founder Rainer Planinc.

Mathias Müllner Verfügbarkeit von Therapien erhöhen
Matthias Müllner, bespark bio GmbH, Platz 1, Kategorie Gesundheit
Das 2023 vom Trio Monika Mangold, Matthias Müllner und Dieter Palmberger gegründete Biotech-Unternehmen bespark bio GmbH widmet sich der Entwicklung von Herstellungsprozessen für Gentherapien, die auf viralen Vektoren basieren. Dabei wird die gewünschte genetische Info über modifizierte Viren - virale Vektoren - in die Zellen transportiert. Diese Behandlungsform ist normalerweise komplex und teuer. „Wir haben immer wieder gesehen, dass dringend notwendige Therapien nicht bzw. zu spät auf den Markt kommen, da es oft an effizienten Möglichkeiten zur Herstellung dieser Therapien fehlt”, sagt Müllner. So sei die Idee zur Unternehmensgründung entstanden. Das prämierte bespark bio-Verfahren macht die Herstellung von Gentechnik-Therapien speziell im Bereich seltener Erkrankungen wirtschaftlicher - durch die Verwendung eines neuen Trägermaterials und eines speziellen Produktionsprozesses, der Prozessschritte reduziert und die Skalierbarkeit erhöht. Ein erster Markttest ist für nächstes Jahr geplant. Über die Auszeichnung habe sich das gesamte Team riesig gefreut, so Müllner. „Gerade als junges Biotech-Unternehmen gibt eine Auszeichnung wie der Mercur Innovationspreis quasi als externe Validierung unseres Unternehmens, aber auch unserer Technologie, einen extra Schub an Motivation.” Mittelfristig will bespark bio weitere „Enabling Technologies” (Grundlagentechnologien) entwickeln, um die Verfügbarkeit von Therapien und Arzneimitteln zu erhöhen.
Hinweis
Über den Mercur Innovationspreis
Seit 1987 wird der Innovationspreis Mercur von der WK Wien an Wiener Betriebe vergeben. Voraussetzung ist, dass deren Projekte entweder bereits am Markt verfügbar sind oder eine wirtschaftliche Verwertung unmittelbar und nachweislich bevorsteht. Zur Verfügung stehen vier Kategorien: Gesundheit, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Kreativität. Heuer wurde zudem erstmals der „Sonderpreis KI” vergeben. Nach der Einreichung erfolgt eine erste Bewertung der Projekte durch die Expertinnen und Experten des Industriewissenschaftlichen Instituts. Die vielversprechendsten und besten Einreichungen werden danach an eine unabhängige Jury weitergeleitet. Der erste Platz ist mit 8000 Euro dotiert (Sonderpreis KI: 5000 Euro). Die geeignetsten der Top 12-Einreichungen sind für den österreichischen Staatspreis Innovation nominiert.