Schwedens Dynamik und Europas große Aufgaben
Eine der wichtigsten Analysen zur europäischen Technologiebranche ist der jährlich erscheinende State of European Tech Report. Er beleuchtet zentrale Themen wie Talente, Kapitalmärkte, Innovationstrends und die Wettbewerbsfähigkeit in Europa und gilt als Standardwerk für Gründer:innen, Investor:innen, politische Entscheidungsträger:innen und Medien. Schweden rangiert im Vergleich weit oben: Das Land hat europaweit die meisten Unicorns pro Kopf und zeigt besondere Stärke bei Künstlicher Intelligenz, Cleantech und Climate Tech.
Schweden im Aufwind: Gründer:innen mit globalem Anspruch
Der aktuelle Atomico-Report beobachtet einen Aufschwung in Schweden. In den vergangenen 18 Monaten hat sich die Dynamik im Ökosystem spürbar erhöht, und die Gründer:innen treten nun mit mehr Selbstbewusstsein und größeren Ambitionen auf. Besonders im Bereich Künstliche Intelligenz wächst die Einschätzung, dass hier Unternehmen mit internationaler Relevanz entstehen können. Diese Entwicklung bleibt auch außerhalb des Landes nicht unbeachtet.
In Schweden ist die Entwicklung neuer Produkte stark kulturell geprägt. Sie basiert auf einer Kombination aus Einfachheit, gutem Design und praktischer Umsetzung, die Lösungen hervorbringt, mit denen sich die Nutzer:innen identifizieren können. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass derzeit ein weiterer technologischer Fortschritt stattfindet und immer mehr Unternehmen international aktiv werden.
Gleichzeitig macht der Report deutlich, dass europäische Unternehmen im Vergleich zu den USA in vielen Bereichen konkurrenzfähig sind. Europas Ökosystem hat in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte erzielt: Mittlerweile gibt es 65 Städte mit Unicorn-Unternehmen, während es 2010 lediglich drei Firmen mit Milliardenbewertung gab.
Hürden für einen europäischen Binnenmarkt
Der Report unterstreicht Europas Potenzial, während gleichzeitig bestehende Herausforderungen sichtbar gemacht werden. Die regulatorische Landschaft bleibt fragmentiert, und unterschiedliche nationale Regeln erschweren den Aufbau paneuropäischer Unternehmen. Man betont die Notwendigkeit eines einheitlichen und dynamischen Rechtsrahmens, um einen funktionierenden Binnenmarkt ohne unnötige Hürden zu schaffen.
Wachstumskapital und Talentmobilität als zentrale Herausforderungen
Darüber hinaus geht der Report darauf ein, dass es in Europa weiterhin an Wachstumskapital fehle. Viele Unternehmen würden sich an die USA wenden, da die europäischen Märkte für spätere Finanzierungsphasen noch nicht ausreichend entwickelt seien. Auch das sogenannte ,patient capital‘ aus Pensionsfonds und Stiftungen sei stark unterrepräsentiert, obwohl erhebliche Mittel verfügbar wären.
Außerdem wird die Notwendigkeit einer besseren Talentmobilität genannt: Flexible Arbeitsgesetze und unkomplizierte Visa-Prozesse seien entscheidend, um internationale Fachkräfte anzuziehen und langfristig zu halten. Schließlich macht der Bericht deutlich, dass Europa eine bewusstere Risikokultur brauche, da Fortschritt durch mutige Ideen und Investoren mit langfristiger Perspektive entstehe.
Autor: Benedikt Liebsch