Rechtsgrundlagen für Franchise-Systeme
Zwingende Vorschriften und maßgebliche Rechtsgebiete sind zu beachten
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Kartellrecht
In Franchise-Verträgen werden üblicherweise wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen (beispielsweise Gebietsschutz, Bezugsverpflichtungen, Wettbewerbsverbote etc) vereinbart. Diese können in den Grenzen des österreichischen als auch europäischen Kartellrechts vereinbart werden. Sofern bestimmte Marktanteile (30 %) nicht überschritten werden, sind insbesondere die Ausnahmen nach der EU-Gruppenfreistellung für vertikale Vertriebsbindungen Nr. 330/2010 maßgeblich.
In jedem Fall ist es kartellrechtlich unzulässig, Franchise-Nehmer:innen Verkaufspreise vorzugeben (ausgenommen für kurzfristige Werbeaktionen).
Weiters darf den Franchise-Nehmer:innen nicht der passive Vertrieb, dazu zählt der Internetvertrieb, verboten werden. Gleichwohl darf den Franchise-Nehmer:innen der Internetauftritt in bestimmten Grenzen von der/dem Franchise-Geber:in vorgegeben werden.
Anwendbarkeit des Konsumentenschutz-Gesetzes
Sofern die/der Franchise-Nehmer:in Unternehmensgründer:in und eine natürliche Person ist (d.h. nicht als Kapitalgesellschaft den Franchise-Vertrag unterzeichnet), zählt die Unterzeichnung des Franchise-Vertrages nach dem Konsumentenschutzgesetz (KSchG) zu den Gründungsgeschäften. Auf Verbrauchergeschäfte ist zwingend das Konsumentenschutz-Gesetz (KSchG) anwendbar. Einige ansonsten übliche Vertragsklauseln sind in diesem Fall nicht wirksam, z. B.:
- Ausschluss der Gewährleistung
- Ausschluss der Irrtumsanfechtung
- Gerichtsstandsklauseln ausschließlich am Ort der Franchise-Geberin bzw. des Franchise-Gebers.
Wann liegt keine Selbstständigkeit der Franchise-Nehmer:innen vor?
Grundsätzlich sind Franchise-Nehmer:innen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung selbstständig tätig. Franchise-Nehmer:innen sind rechtlich und finanziell selbstständige und unabhängige Unternehmen. Gleichwohl ist es typisch für Franchise-Systeme, dass Franchise-Nehmer:innen die Weisungen zur Umsetzung des Franchise-Systems erhalten und auch zwingend umsetzen, damit die Einheitlichkeit des Franchise-Systems gewahrt wird. Einheitlich geführte Franchise-Betriebe sind Voraussetzung für das Funktionieren eines Franchise-Systems. Darüber hinaus leisten die Franchise-Nehmer:innen auch eine Gebühr, dass das von Franchise-Geber:innen erprobte Geschäftskonzept entsprechend umgesetzt wird.
In Ausnahmefällen sind Franchise-Nehmer:innen keine selbstständigen Unternehmer:innen.
Voraussetzung für Selbstständigkeit ist insbesondere, dass keine persönliche Arbeitsleistungspflicht, also jederzeitige Vertretungsmöglichkeit vorliegt. In Franchise-Verträgen ist grundsätzlich den Franchise-Nehmer:innen eingeräumt, sich vertreten zu lassen bzw. Mitarbeiter:innen einzustellen.
Knebelungen bzw. Weisungen von Seiten der Franchise-Geberin bzw. des Franchise-Gebers können zur Annahme eines Dienstverhältnisses führen. Davon betroffen sind vor allem Weisungen bezüglich Arbeitszeit, Arbeitsort und Materialien. Im Hinblick auf den Arbeitsort wählen zumeistFran chise-Nehmer:innen den Standort des zukünftigen Franchise-Betriebes. Die Arbeitszeit von Franchise-Nehmer:innen richtet sich ebenso nach den üblichen und notwendigen Öffnungszeiten des Franchise-Betriebes.
Darüber hinaus wird für die persönliche Abhängigkeit und damit das Vorliegen eines Arbeitsvertrages gefordert, dass der wirtschaftliche Erfolg der Leistung nicht den Arbeitnehmer:innen, sondern den Arbeitgeber:innen zu Gute kommt.
Die Gebietskrankenkassen in Österreich prüfen in letzter Zeit verstärkt, ob ein Dienstverhältnis vorliegt. Dienstnehmer:in ist nach § 4 Abs. 2 1. Satz Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird. Auch hier bedeutet die persönliche Abhängigkeit, dass die/der Arbeitnehmer:in für andere Leistung erbringt und hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitsverhalten einem Weisungsrecht unterliegt. Wesentlich ist dabei die Gesamtbetrachtung. Die wirtschaftliche Abhängigkeit wäre gegeben, sofern Franchise-Nehmer:innen beispielsweise nicht über eigene Betriebsmittel verfügen würde und der wirtschaftliche Erfolg der/dem Franchise-Geber:in zu Gute kommen würde. In Franchise-Systemen verfügt jedoch die/der Franchise-Nehmer:in über eigene Betriebsmittel und auch der wirtschaftliche Erfolg kommt ihr/ihm zu Gute.
Die Beurteilung ob ein:e Franchise-Nehmer:in nicht selbstständig ist, hat immer im Einzelfall zu erfolgen. Sollte im Ausnahmefall ein:e Franchise-Nehmer:in jedoch als Dienstnehmer:in beurteilt werden, kann es zu umfangreichen, mitunter Existenz bedrohenden Beitragsnachzahlungen kommen. Im Falle eines Dienstverhältnisses ist für die/den Franchise-Nehmer:in das gesamte Arbeitsrecht (Krankenstand, Urlaub etc.) anwendbar.
Arbeitnehmer-Ähnlichkeit von Franchise-Nehmer:innen
Franchise-Nehmer:innen werden nur in Ausnahmefällen als arbeitnehmerähnliche Selbstständige eingestuft. Sollte die wirtschaftliche Abhängigkeit vom franchisegebenden Unternehmen tatsächlich so groß sein, dass Arbeitnehmerähnlichkeit besteht, dann kommen folgende Bestimmungen zur Anwendung:
Anwendbarkeit des Dienstnehmer-Haftpflichtgesetzes
Liegt Arbeitnehmer-Ähnlichkeit vor, gilt für Franchise-Nehmer:innen das Dienstnehmer-Haftpflichtgesetz. Eine allfällige Haftung hängt vom Verschuldensgrad und auch dem Einkommen der Franchise-Nehmer:innen ab. Der Ersatzanspruch kann richterlich bis auf Null gemäßigt werden.
Anwendbarkeit des Kautionsschutz-Gesetzes
Für arbeitnehmerähnliche Franchise-Nehmer:innen gilt das Kautions-Schutzgesetz. Franchisegebende Unternehmen dürfen sich keine Sicherheiten (Kautionen, Bankgarantien) als Voraussetzung für den Vertragsabschluss zusichern lassen.
Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
Arbeitnehmerähnliche Franchise-Nehmer:innen dürfen untereinander von der Franchise-Geberin bzw. vom Franchise-Geber nicht willkürlich unterschiedlich behandelt werden. Die Verträge müssen bei gleichen Voraussetzungen gleich lauten.
Anwendbarkeit des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes
Im Falle von Arbeitnehmer-Ähnlichkeit der Franchise-Nehmerinnen sind Streitigkeiten vor dem Arbeitsgericht auszutragen. Schiedsgerichtsklauseln können nur spontan und nicht bereits im Vertrag vereinbart werden.
Ansprüche bei Beendigung von Franchise-Verträgen
Im Falle der Beendigung von Franchise-Verträgen ist eine Fülle rechtlicher Aspekte, die weitreichende Folgen haben können, zu beachten:
Ausgleichsanspruch des Franchise-Nehmer:innen
Analog zum Handelsvertreter-Recht können unter bestimmten Voraussetzungen die Franchise-Nehmer:innen für die Überlassung ihres Kundenstockes an die Franchise-Geberin bzw. den Franchise-Geber einen Ausgleichsanspruch erhalten. Dieser wird auf zwei Arten ermittelt, wobei als Deckelungsbetrag gesetzlich ein Höchstbetrag vorgegeben ist. Da die Einnahmen der Franchise-Nehmer:innen nicht mit den Provisionseinnahmen von Handelsvertreter:innen verglichen werden können, wurde bei Franchise-Nehmer:innen die Handelsspanne herangezogen. Insofern ist als Höchstbetrag von einem jährlichen Durchschnittsverdienst aus der Handelsspanne der letzten (maximal fünf) Jahre auszugehen.
Der Ausgleichsanspruch besteht nicht, wenn
- die/der Franchise-Nehmer:in selbst grundlos gekündigt hat oder
- der Vertrag zu Recht (insbesondere wegen Vertragsverletzung der Franchise-Nehmerin bzw. des Franchise-Nehmers von der Franchise-Geberin bzw. dem Franchise-Geber vorzeitig aufgelöst wird.
Dieses Recht steht unabhängig andersartiger Vereinbarungen zu.
Entschädigungsanspruch für noch nicht amortisierte Investitionen
Für sämtliche auf Grund des Franchise-Vertrages getätigte, noch zum Vertragsende nicht (völlig) amortisierte Investitionen steht den Franchise-Nehmer:innen zwingend ein Ersatz zu, es sei denn, diese sind angemessen verwertbar.
Ausnahmen:
- Die/der Franchise-Nehmer:in kündigt ohne wichtigen Grund
- Der Vertrag wird zu Recht (insbesondere wegen Vertragsverletzungen der Franchise-Nehmerin bzw. des Franchise-Nehmers) vom fanchisegebenden Unternehmen vorzeitig aufgelöst.
Konkurrenzverbot nach Vertragsbeendigung
Nach der EU-Gruppenfreistellung für vertikale Vertriebsbindungen Nr. 330/2010 kann Franchise-Nehmer:innen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot von einem Jahr für den Standort des Franchise-Betriebes auferlegt werden.
Besonderheiten bei Mietverträgen
Bei Verträgen auf unbestimmte Zeit gilt für Geschäftsräume grundsätzlich ein Kündigungsschutz.
Ausnahme: Gebäude, die aus maximal zwei vermietbaren Objekten bestehen.
Die/der Käufer:in eines Unternehmens hat das Recht, den Mietvertrag zu übernehmen. Bei Fortführung des Unternehmens kann er nicht gekündigt werden. Ist der aktuelle Mietzins unangemessen niedrig, kann die Miete - jedenfalls bei sogenannten "Altbauten“ – auf ein angemessenes Maß erhöht werden.
Ausnahme: Das Unternehmen wird veräußert und von der/dem Erwerber:in fortgesetzt.
Unterschied Mietvertrag / Pachtvertrag
Für Pachtverträge besteht kein Kündigungsschutz. Es wird ein "lebender Betrieb“ in Bestand gegeben.
Bei Mietverträgen besteht ein Kündigungsschutz. Es werden Räumlichkeiten in Bestand gegeben.