Anwendbares Recht für Hotelbuchungen im Internet (B2B)
Für Verträge zwischen einem österreichischen Hotelier und einem ausländischen Unternehmer als Hotelgast
Lesedauer: 7 Minuten
Inhaltsverzeichnis
1.1. Österreichisches Gericht/EU-Gericht
3.2. Gericht des Drittstaats (Nicht-EU-/EWR-Staat)
Anhang:
Auszug aus dem Europäischen Vertragsstatutübereinkommen, Art 4 Rom I-VO
Auszug aus dem E-Commerce-Gesetz, § 20 ECG
Allgemeine Ausführungen
Unternehmer ist – in der Praxis oft erst anlässlich der Ausstellung der Rechnungsadresse erkennbar – wer die Buchung zu unternehmerischen Zwecken vornimmt (Dienstreise, Geschäftsreise). Wer hingegen eine Buchung für Urlaubszwecke vornimmt, tut dies zu privaten Zwecken und ist somit Verbraucher (siehe Broschüre „Anwendbares Recht für Hotelbuchungen im Internet zwischen einem österreichischen Hotelier und einem ausländischen Verbraucher als Hotelgast (B2C)“).
Tipp:
Fragen Sie daher schon bei der Buchung auf wen die Rechnung ausgestellt werden soll.
Die Antwort auf die Frage, welches Recht für Hotelbuchungen im Internet anzuwenden ist, wenn der Hotelier seinen Wohnsitz bzw. Sitz in Österreich hat und der buchende Hotelgast Unternehmer ist, ist von mehreren Kriterien abhängig.
Wesentlich ist festzuhalten, dass bei Hotelbuchungen von Unternehmern, die wie der Hotelier ihren Sitz in Österreich haben, jedenfalls österreichisches Recht zur Anwendung kommt, da es sich dabei um keinen internationalen Sachverhalt handelt.
Liegt aber ein internationaler Sachverhalt vor, spielt es zum einen eine Rolle, ob der buchende Unternehmer – maßgeblich ist dabei der (Haupt-)Sitz des Unternehmers- ebenso
- aus einem EU-Staat stammt oder ob es sich dabei um einen Unternehmer
- aus einem EWR-Staat oder
- aus einem Drittstaat handelt.
Die nachstehenden Ausführungen folgen dieser Unterteilung.
Von Bedeutung ist auch, ob das E-Commerce-Gesetz (ECG) mit dem darin geregelten Herkunftslandprinzip zur Anwendung kommt sowie, wie dieses umgesetzt wurde (siehe Punkt 1.1.) und ob eine Rechtswahl getroffen wurde oder nicht. Auch der Gerichtsstand (also die Frage, vor dem Gericht welchen Staates ein Prozess stattfinden würde) ist in die Überlegungen mit einzubeziehen.
Ist ein österreichisches Gericht zuständig, erübrigt sich für den österreichischen Hotelier die Rechtswahl, weil, wie in den nachstehenden Punkten dargestellt, auch ohne Rechtswahl österreichisches Recht zur Anwendung kommt. Das gilt natürlich erst recht, wenn ausdrücklich österreichisches Recht gewählt wird.
Nähere Informationen: Gerichtsstandvereinbarung
Die Wahl eines österreichischen Gerichts im Rahmen einer Gerichtsstandvereinbarung ist zwischen Unternehmern prinzipiell zulässig. Es sollte aber außerhalb des Rechtsraums EU/EWR (vgl. Punkt 3.) geprüft werden, ob die Entscheidung eines österreichischen Gerichts im Sitzstaat des Hotelgasts auch vollstreckbar ist. Innerhalb des Rechtsraums EU/EWR ist dies Kraft bestehender Vollstreckbarkeitsabkommen gesichert.
1. Hotelbuchung zwischen einem österreichischen Hotelier und einem Hotelgast, der Unternehmer aus einem anderen EU-Staat ist
1.1. Österreichisches Gericht/EU-Gericht
Ohne Rechtswahl
Aufgrund des innerhalb der EU für Hotelbuchungen im Internet für Hotelgäste, die als Unternehmer anzusehen sind, geltenden Herkunftslandprinzips gilt grundsätzlich das Recht des Diensteanbieters, also das österreichische Recht. Dies gilt jedenfalls für Streitigkeiten vor einem österreichischen Gericht. Für Streitigkeiten vor dem Gericht eines anderen EU-Staats hängt es davon ab, wie dort das Herkunftslandprinzip umgesetzt wurde. Aufgrund einer Entscheidung des EuGH muss das Herkunftslandprinzip nämlich nicht zwingend dazu führen, dass das Recht des Niederlassungsstaats des Unternehmers anzuwenden ist. Es dürfen für den grenzüberschreitend tätigen Unternehmer nur keine strengeren Vorschriften als jene im Niederlassungsstaat gelten (Günstigkeitsvergleich). Genau genommen wäre aber zu prüfen, ob dieser andere EU-Staat das Herkunftslandprinzip genauso umgesetzt hat, wie dies in Österreich geschehen ist.
Mit Rechtswahl
Innerhalb der EU ist zwischen Unternehmern die Rechtswahl grundsätzlich eine freie Rechtswahl möglich. Das heißt, es gilt dann eben jenes Recht, das Kraft Vertragsabschluss zwischen den Parteien bestimmt wurde. Dabei spielt es dann auch keine Rolle, ob ein allfälliger Rechtsstreit vor einem österreichischen oder einem anderen EU-Gericht stattfinden würde.
2. Hotelbuchung zwischen einem österreichischen Hotelier und einem Hotelgast, der Unternehmer mit Sitz in einem EWR-Staat ist
Ist der Vertragspartner des österreichischen Hoteliers ein Unternehmer mit Sitz in einem „reinen“ EWR-Staat (darunter werden hier jene EWR-Staaten verstanden, die nicht der EU angehören, also Liechtenstein, Norwegen und Island), ist zunächst maßgeblich, ob der Rechtsstreit vor einem österreichischen Gericht stattfindet oder vor einem Gericht des anderen EWR-Staates.
2.1. Österreichisches Gericht
Ohne Rechtswahl
Findet der Rechtsstreit vor einem österreichischen Gericht statt, gilt vollinhaltlich jene Rechtslage, wie sie unter 1.1. dargestellt wurde; mit anderen Worten: Aufgrund des Herkunftslandprinzips gilt das Recht des Dienstleistungserbringers, sprich des österreichischen Hoteliers, somit österreichisches Recht.
Mit Rechtswahl
Bei einer Rechtswahl, die grundsätzlich beliebig möglich ist, gilt das jeweils von den Parteien gewählte Recht.
2.2. EWR-Gericht
Ohne Rechtswahl
Kraft Herkunftslandprinzips gilt, wenn dieses wie in Österreich umsetzt wurde (siehe zur Frage der Umsetzung des Herkunftslandprinzips Punkt 1.1.), das Recht des österreichischen Dienstleistungserbringers, also österreichisches Recht.
Mit Rechtswahl
Ob eine Rechtswahl möglich ist, ist dem jeweiligen IPR-Gesetz (Internationales Privatrechts-Gesetz des Gerichtsstaats) zu entnehmen. Ist die Rechtswahl erlaubt, wovon auszugehen ist, so gilt das gewählte Recht.
3. Hotelbuchung zwischen einem österreichischen Hotelier und einem Hotelgast, der Unternehmer mit Niederlassung weder in der EU noch im EWR (Drittstaat) ist
3.1. Österreichisches Gericht
Ohne Rechtswahl
Findet der Rechtsstreit vor einem österreichischen Gericht statt, ist nicht das ECG (gilt nur im Verhältnis zu EU- bzw. EWR-Staaten) mit seinem Herkunftslandprinzip maßgeblich, sondern die Rom I-VO. Die Rom I-VO ist vereinfachend gesagt vom Grundsatz geprägt, auf das Recht der charakteristischen Leistung zu verweisen. Dies führt im Falle einer Hotelbuchung bei einem österreichischen Hotelier wiederum zum österreichischen Recht, da die Leistung des Hoteliers als die charakteristische anzusehen ist.
Mit Rechtswahl
Die Möglichkeit der Rechtswahl ist ebenso gegeben, es geht wiederum das gewählte Recht allen anderen gesetzlichen Verweisungen vor.
3.2. Gericht des Drittstaats (Nicht-EU-/EWR-Staats)
Ohne Rechtswahl
Die Frage welches Recht gilt, wird wiederum vom jeweiligen IPR-Gesetz (Internationales Privatrechts-Gesetz des Gerichtsstaats) bestimmt.
Mit Rechtswahl
Ob eine Rechtswahl zulässig ist, bestimmt sich ebenso nach dem jeweiligen nationalen IPR-Gesetz des Gerichtsstaats. Ist eine solche statthaft, gilt das gewählte Recht.
Anhang
Auszug aus dem Europäischen Vertragsstatutübereinkommen, Art 4 Rom I-VO
Art 4 Mangels Rechtswahl anzuwendendes Recht
(1) Soweit die Parteien keine Rechtswahl gemäß Artikel 3 getroffen haben, bestimmt sich das auf den Vertrag anzuwendende Recht unbeschadet der Artikel 5 bis 8 wie folgt:
a) Kaufverträge über bewegliche Sachen unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
b) Dienstleistungsverträge unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
c) Verträge, die ein dingliches Recht an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen zum Gegenstand haben, unterliegen dem Recht des Staates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist.
d) Ungeachtet des Buchstabens c unterliegt die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen für höchstens sechs aufeinander folgende Monate zum vorübergehenden privaten Gebrauch dem Recht des Staates, in dem der Vermieter oder Verpächter seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Mieter oder Pächter eine natürliche Person ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat hat.
e) Franchiseverträge unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Franchisenehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
f) Vertriebsverträge unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Vertriebshändler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
g) Verträge über den Kauf beweglicher Sachen durch Versteigerung unterliegen dem Recht des Staates, in dem die Versteigerung abgehalten wird, sofern der Ort der Versteigerung bestimmt werden kann.
h) Verträge, die innerhalb eines multilateralen Systems geschlossen werden, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 17 der Richtlinie 2004/39/EG nach nicht diskretionären Regeln und nach Maßgabe eines einzigen Rechts zusammenführt oder das Zusammenführen fördert, unterliegen diesem Recht.
(2) Fällt der Vertrag nicht unter Absatz 1 oder sind die Bestandteile des Vertrags durch mehr als einen der Buchstaben a bis h des Absatzes 1 abgedeckt, so unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(3) Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Vertrag eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem nach Absatz 1 oder 2 bestimmten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.
(4) Kann das anzuwendende Recht nicht nach Absatz 1 oder 2 bestimmt werden, so unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, zu dem er die engste Verbindung aufweist.
Anmerkung: Artikel 3 regelt den Vorrang der Rechtswahl.
Auszug aus dem E-Commerce-Gesetz, § 20 ECG, BGBl I Nr 152/2001
§ 20 Herkunftslandprinzip
(1) Im koordinierten Bereich (§ 3 Z 8) richten sich die rechtlichen Anforderungen an einen in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Diensteanbieter nach dem Recht dieses Staats.
(2) Der freie Verkehr der Dienste der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat darf vorbehaltlich der §§ 21 bis 23 nicht auf Grund inländischer Rechtsvorschriften eingeschränkt werden, die in den koordinierten Bereich fallen.
Stand: 17.02.2023