Kärnten braucht junge Perspektiven: Neue Impulse gegen den Brain Drain
Die Junge Wirtschaft Kärnten legt mit der aktuellen Standortstudie und dem daraus entwickelten Maßnahmenprogramm ein ambitioniertes Zukunftskonzept zur Stärkung Kärntens als Lebens- und Arbeitsstandort für junge Menschen vor. Im Fokus stehen die Bereiche Mobilität, Wohnraum, Bildung und Wirtschaft.
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Kärnten steht an einem Wendepunkt: Die kontinuierliche Abwanderung junger, qualifizierter Menschen gefährdet die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Region. Damit verbunden sind nicht nur demografische Herausforderungen, sondern auch spürbare wirtschaftliche und gesellschaftliche Konsequenzen. Das Thema betrifft vor allem junge Menschen zwischen 15 und 29 Jahren – sowohl jene, die in Kärnten leben und arbeiten, als auch diejenigen, die nach ihrer Ausbildung außerhalb des Bundeslands kaum Anreize zur Rückkehr sehen.
Die Junge Wirtschaft Kärnten hat deshalb gemeinsam mit UNIFORCE Consulting eine umfassende Standortstudie durchgeführt. Ziel war es, ein präzises Bild jener Faktoren zu zeichnen, die junge Menschen in ihrer Entscheidung für oder gegen Kärnten als Lebens- und Arbeitsort beeinflussen. Die Ergebnisse münden in ein konkretes Maßnahmenprogramm zur Zukunftssicherung des Standorts – mit dem klaren Fokus, junge Perspektiven nachhaltig zu stärken. Die zentralen Ergebnisse der Studie wurden heute bei einer Pressekonferenz präsentiert.
Junge Menschen verlieren früh das Vertrauen in den Standort
In der Studie wurden über 200 junge Menschen aus Kärnten, der Steiermark und Wien befragt, rund 80 % von ihnen stammen aus Kärnten. Besonders alarmierend ist, dass bereits in der Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen die Standortzufriedenheit auffallend niedrig ist. Rund 40 % der Befragten äußerten sich kritisch über die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Bundesland. Besonders besorgniserregend ist, dass viele dieser Einschätzungen bereits im Schul- oder frühen Studienalter entstehen – einem Zeitraum, in dem junge Menschen beginnen, ihre beruflichen und privaten Lebenswege aktiv zu gestalten. Diese „Brain Drain-Entwicklung“ gefährdet die Innovationskraft und wirtschaftliche Dynamik der Region langfristig. „Das ist besonders bitter, da alle anderen Bundesländer ein Bevölkerungswachstum verzeichnen. Die größte Gefahr liegt darin, dass junge Menschen keinerlei Anreiz sehen, zurückzukehren. Diese Entwicklung müssen wir umkehren – mit echten Perspektiven und zukunftsfähigen Rahmenbedingungen“, unterstreicht WK-Vizepräsidentin Nika Basic, Landesvorsitzende der Jungen Wirtschaft Kärnten.
Vier Handlungsfelder für ein zukunftsfähiges Kärnten
Die Studie gibt nicht nur ein Stimmungsbild wieder, sondern liefert auch konkrete Instrumente zum Gegensteuern. „Es liegt jetzt bei den politischen Entscheidungsträger:innen, den Mut zur Umsetzung zu beweisen. Unsere Maßnahmen sind strategisch fundiert und sofort umsetzbar. Die Grundlage dafür ist das direkte Feedback aus über 200 Interviews mit jungen Menschen, die größtenteils aus Kärnten stammen“, erklärt Eva Maria Wutte, Geschäftsführerin der Jungen Wirtschaft Kärnten. Die vier Handlungsfelder, die über die Attraktivität Kärntens für junge Menschen entscheiden, sind Mobilität, Wohnen, Bildung und Wirtschaft.
Mobilität
Die Studie zeigt: Besonders großer Handlungsbedarf besteht bei der Anbindung peripherer Regionen und der Anschlussmobilität rund um die Koralmbahn. Diese wird zwar insgesamt positiv bewertet – vor allem wegen Zeitersparnis und besserer Erreichbarkeit –, doch ohne funktionierende Verbindungen vor Ort bleibt ihr Potenzial ungenutzt. „Die Koralmbahn darf kein Symbol exklusiver Infrastruktur sein, sondern muss zur Lebensader für ganz Kärnten werden – auch für ländliche Regionen“, betont Basic. „Gerade Abgewanderte sehen darin eine Chance zur Rückkehr – weil sich mit besserer Anbindung der Lebensraum erweitert und neue berufliche Möglichkeiten entstehen. Aber dafür muss die Verbindung auch regional funktionieren.“ Gefordert wird ein mehrstufiges Mobilitätskonzept: Ausbau der S-Bahn-Achsen, Zubringerbusse, On-Demand-Verkehre nach steirischem Vorbild sowie sichere Radwege und Bike-&-Ride-Angebote. Bahnhöfe sollen zudem zu modernen Multifunktionszentren werden – besonders in peripheren Regionen. Mit Co-Working-Spaces, Sharing-Angeboten und Nahversorgung werden sie zu multifunktionalen Alltagszentren. Das schafft flexible Arbeitsmöglichkeiten und stärkt die Standortbindung.
Leistbares Wohnen
Leistbares Wohnen, Eigentumsperspektiven und ein attraktives Freizeitangebot sind laut Studie entscheidend, um junge Menschen in Kärnten zu halten oder zurückzuholen. „In Städten wie Klagenfurt wird zu wenig gebaut – das treibt die Preise. Wir fordern ein Wohnbauprogramm für junge Menschen, mit Eigentumsförderung und schnellen Genehmigungen“, so Basic. „Auch das Freizeitangebot braucht neue Impulse – etwa durch mehr Sport-, Kultur- und Jugendveranstaltungen.“ Für Rückkehrer:innen schlägt die Junge Wirtschaft ein Paket aus Rückkehrbonus, Job- und Wohnungsvermittlung sowie einer digitalen Community-Plattform vor. „Das würde den Neustart in der Heimat erleichtern“, betont Wutte. „Gleichzeitig braucht es mehr duale, technologieorientierte Studienangebote in Kärnten.“
Bildung
Im Bildungsbereich wird die Ausweitung praxisnaher Studienangebote sowie die Internationalisierung und Modernisierung des Hochschulstandorts betont. Die Karriereperspektiven, die Branchenvielfalt und das Einkommensniveau wurden von den Studienteilnehmern hingegen sehr kritisch bewertet. Dabei zeigt sich aber auch ein differenziertes Bild. Wutte: „Unternehmer:innen und Selbstständige sehen die Lage insgesamt deutlich positiver. Vor allem Förderangebote werden von ihnen gut bewertet.“
Wirtschaft
Ein zukunftsfähiges Kärnten braucht nicht nur gute Lebensbedingungen, sondern auch starke wirtschaftliche Perspektiven. „Wir fordern eine koordinierte Wirtschaftsoffensive“, so Basic. „Ein zentraler One-Stop-Shop für Investoren, strategische Standortentwicklung und gezielte Förderprogramme sollen neue Unternehmen anziehen und qualifizierte Arbeitsplätze schaffen.“ Die Studie zeigt: Vor allem gut ausgebildete Fachkräfte vermissen attraktive Jobs.
Die Wirtschaftskammer und der Start-up-Sektor arbeiten bereits an Gründerförderungen. Jetzt braucht es den nächsten Schritt: Eine überregionale Ansiedelungsoffensive – damit Kärnten wirtschaftlich nicht nur lebenswert, sondern auch zukunftsfähig wird.