Binnenmarktstrategie soll wesentliche Vereinfachungen bringen
Informationen der Bundessparte Industrie
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Eine neue Strategie soll die drängendsten Probleme des gemeinsamen Marktes lösen. Die dänische Ratspräsidentschaft nimmt dabei eine zentrale Rolle ein.
Die Europäische Kommission hat Ende Mai 2025 ihre Binnenmarkstrategie vorgelegt. Die aktuellen Gegebenheiten wirken laut Internationalem Währungsfonds (IWF) wie ein Zoll von bis zu 44% auf Waren und bis zu 110% für Dienstleistungen auf die europäischen Unternehmen – und das, obwohl die voranschreitende Integration der EU den Wirtschaftstreibenden das Leben eigentlich einfacher machen sollte.
Mit der neuen Strategie unter dem Titel „Unser europäischer Heimatmarkt in einer unsicheren Welt“ soll der gemeinsame EU-Wirtschaftsraum daher entlang mehrerer Säulen zukunftsfähig gestaltet werden. Dazu gehört u.a. das Bemühen, bestehende Hürden abzubauen. Dazu wurden die „10 hässlichsten Hürden“ im Rahmen einer öffentlichen Konsultation mit Interessenträgern gekürt und sollen nun sukzessive angegangen werden. Neben den komplexen Verfahren ein Unternehmen zu gründen und zu betreiben, die je nach Mitgliedstaat unterschiedlich sind, wurden dabei auch die von der Bundessparte Industrie schon lange kritisierten Probleme bei der zeitweisen Entsendung von Mitarbeitern sowie komplexe und überbordende EU-Regelungen identifiziert. Eine weitere Säule der Strategie ist der verstärkte Fokus auf KMU und sogenannte Small Mid-Caps, um die am stärksten betroffenen Unternehmen am meisten zu entlasten. Daneben soll der Schwerpunkt auf den vermehrten Einsatz von digitalen Instrumenten sowie auf die effektive und möglichst einheitliche Um- und Durchsetzung der Binnenmarktregeln in den Mitgliedstaaten gelegt werden. Das EU-Budget soll mögliche Synergien heben und wenn nötig auch teilweise neu ausgerichtet werden, um den gemeinsamen Wirtschaftsraum weiter voranzubringen. Das Hauptaugenmerk der Binnenmarktstrategie sind grenzüberschreitenden Dienstleistungen, da diese in den letzten 40 Jahren laut Kommission stagnieren. So ist der Anteil des Dienstleistungshandels im Binnenmarkt ähnlich hoch wie zwischen der EU und dem Rest der Welt. Hier schlummert also noch ein riesiges Potenzial, das natürlich auch der Industrie zugutekommen kann.
Einige Maßnahmen sind bereits auf den Weg gebracht worden – Stichwort Omnibus Vereinfachungsvorschläge – und harren nun der finalen politischen Verhandlungen zwischen Ministerrat und Parlament. Hierbei kommt der mit Juli beginnenden Ratspräsidentschaft Dänemarks eine entscheidende Rolle zu. Als „ehrlicher Makler“ zwischen den Mitgliedstaaten einerseits und zwischen Rat, Parlament und Kommission andererseits ist es seit jeher die Rolle des halbjährlich rotierenden Ratsvorsitzes, bestimmte Dossiers im Rahmen der eigenen Prioritäten voranzutreiben. Eine davon ist das Thema Sicherheit und Verteidigung, wobei hier über rein militärische Aspekte hinaus gedacht wird. Dänemark legt auch ein starkes Augenmerk auf die wirtschaftliche Sicherheit und Resilienz, womit wir wieder bei der Stärkung des Binnenmarktes wären. Daneben wird eines der heißesten Eisen, die das nordische Land zu schmieden haben wird, der Beginn der Verhandlungen rund um den mehrjährigen Finanzrahmen nach 2027 sein. Diese werden noch im Sommer 2025 mit den ersten Vorschlägen der Kommission eingeleitet. Es wird sich weisen, ob die Kommission ihre eigene Strategie hochhält und zielgerichtete Investitionen in die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes und die Hebung von diesbezüglichen Synergien tatsächlich im Fokus dieser Vorschläge sein werden.
Unter den genannten Säulen und Maßnahmen der Binnenmarktstrategie begrüßt die Bundessparte Industrie ausdrücklich den Vorschlag zur Schaffung einer neuen Kategorie von Unternehmen, die in weiterer Folge in den Genuss von Ausnahmen oder simplifizierten Regeln kommen können. Der Idee zufolge sollen Firmen zwischen 250 und 750 Mitarbeitern sowie bis zu 150 Millionen Euro Umsatz oder bis zu 129 Millionen Euro Bilanzsumme von nun an als sogenannte Small Mid-Caps (SMCs) von Vereinfachungen profitieren, um zu verhindern, dass der unternehmerische Mittelstand zwischen den Regelwerken für KMU und Großunternehmen zerrieben wird. Laut Statistik der WKÖ würden über 200, und damit die Hälfte der industriellen österreichischen Großunternehmen, Nutznießer dieser Regelung sein. Neben weiteren Simplifizierungsvorschlägen, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung, kann das durchaus zu einem Instrument für flächendeckende Entbürokratisierung und Verwaltungsverschlankung werden.
Autor:
Clemens Rosenmayr
E-Mail: clemens.rosenmayr@wko.at