Sparte Industrie

Trilog-Einigung zur EU-Verpackungsverordnung

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 4 Minuten

18.03.2024

Die Verhandler des EU-Parlaments und des Rats haben sich nach zähem Ringen Anfang März auf einen Kompromiss zur EU-VerpackungsVO geeinigt. 

Ende 2022 hat die Kommission neue Regelungen für Verpackungen und Verpackungsabfälle vorgestellt. Anders als bisher (Richtlinie) sollten Verpackungen nun über eine in den Mitgliedsstaaten direkt anwendbare EU-Verordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation – PPWR) geregelt werden.

Endgültige Beschlussfassung noch nicht fix

Der Entwurf zu dieser neuen Verordnung war eines der meistdiskutierten und meistlobbyierten Dossiers der letzten Jahre. Die nun erzielte Trilog-Einigung ist zwar ein wesentlicher Schritt zum Abschluss des Dossiers, aber völlig in trockenen Tüchern scheint die Sache noch nicht zu sein. So nahm etwa die Kommission die politische Einigung im Rahmen des Trilogs zwischen den Ko-Gesetzgebungsorganen nur zur Kenntnis, unterstützen wollte sie diese allerdings nicht. Es besteht also theoretisch die Möglichkeit, dass die Kommission, solange der Rat keine erste Lesungs-Position verabschiedet, ihren Legislativvorschlag zurückzieht. Falls das nicht passiert, müsste die Einigung jedenfalls vor Inkrafttreten noch formell von Parlament und Rat gebilligt werden – auch hier ist aus heutiger Sicht noch nicht sicher, ob die notwendigen Beschlüsse die erforderlichen Mehrheiten finden werden.

Der offizielle Text der Trilog-Einigung liegt derzeit noch nicht vor, wesentliche Eckpunkte sind jedoch folgende:

In der PPWR wird der gesamte Lebenszyklus von Verpackungen berücksichtigt. Sie legt Anforderungen fest, um sicherzustellen, dass Verpackungen sicher und nachhaltig sind, und verlangt, dass alle Verpackungen wiederverwertbar sind und dass das Vorhandensein bedenklicher Stoffe („forever chemicals“, PFAS) auf ein Minimum reduziert wird. Außerdem werden Anforderungen an die Harmonisierung der Kennzeichnung festgelegt, um die Information der Verbraucher zu verbessern. Im Einklang mit der Abfallhierarchie zielt der Vorschlag darauf ab, das Aufkommen von Verpackungsabfällen erheblich zu verringern, indem verbindliche Ziele für die Wiederverwendung festgelegt, bestimmte Arten von Einwegverpackungen eingeschränkt und die Wirtschaftsteilnehmer verpflichtet werden, die verwendeten Verpackungen zu minimieren.

Nachhaltigkeitsanforderungen und recycled content von Verpackungen

  • Im Text der vorläufigen Einigung werden die meisten Nachhaltigkeitsanforderungen für alle in Verkehr gebrachten Verpackungen und die von der Kommission vorgeschlagenen Kernziele beibehalten.
  • Die Anforderungen an Stoffe in Verpackungen werden verschärft, indem das Inverkehrbringen von Verpackungen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen und per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) oberhalb bestimmter Schwellenwerte enthalten, eingeschränkt wird. Um Überschneidungen mit anderen Rechtsvorschriften zu vermeiden, beauftragten die Mitgesetzgeber die Kommission damit, die Notwendigkeit einer Änderung dieser Beschränkung innerhalb von vier Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung zu prüfen.
  • Planziele für 2030 und 2040 für den Mindestanteil an stofflich verwerteten Materialien in Kunststoffverpackungen werden beibehalten. Kompostierbare Kunststoffverpackungen und Verpackungen, deren Kunststoffanteil weniger als 5 % des Gesamtgewichts der Verpackung ausmacht, sind ausgenommen. Die Kommission muss die Umsetzung der Ziele für 2030 überprüfen und die Machbarkeit der Ziele für 2040 bewerten.
  • Neue Vorschriften zur Reduzierung unnötiger Verpackungen, indem ein maximaler Leerraumanteil von 50 % bei Sammel-, Transport- und E-Commerce-Verpackungen festgelegt wird. Hersteller und Importeure werden verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Gewicht und Volumen der Verpackungen minimiert werden, mit Ausnahme von geschützten Verpackungsdesigns (sofern dieser Schutz zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereits in Kraft war).

Refill- und Reuse-Targets

  • Neue verbindliche Wiederverwendungsziele (Mehrwegziele) für 2030 und Richtziele für 2040. Die Zielvorgaben variieren je nach Art der von den Unternehmen verwendeten Verpackungen:
    • Für alkoholische und alkoholfreie Getränke (mit Ausnahme von Wein und aromatisierten Weinen, Milch und anderen leicht verderblichen Getränken) laut Pressemeldung mindestens 10 %.
    • Transport- und Verkaufsverpackungen (mit Ausnahme von Verpackungen für gefährliche Güter oder Großgeräte und flexiblen Verpackungen, die in direktem Kontakt mit Lebensmitteln stehen) sowie Sammelverpackungen: Welche Quoten hier festgelegt wurden, kann noch nicht gesagt werden.
    • Kartonverpackungen sind generell von diesen Anforderungen ausgenommen.
    • Die Letztvertreiber von Getränken und Speisen zum Mitnehmen sollen verpflichtet werden, den Verbrauchern die Möglichkeit zu bieten, ihre eigenen Behälter mitzubringen. Außerdem sollen diese Take-away-Betriebe bis 2030 10 % der Produkte in einer wiederverwendbaren Verpackung anbieten.
  • Die Vereinbarung sieht eine allgemeine, verlängerbare, fünfjährige Ausnahmeregelung von der Erreichung der Wiederverwendungsziele unter bestimmten Bedingungen vor, u.a. wenn
    • der Mitgliedstaat, der die Ausnahmeregelung in Anspruch nimmt, die bis 2025 zu erreichenden Zielvorgaben für die stoffliche Verwertung von Verpackungen um 5 Prozentpunkte übertrifft und die Zielvorgaben für die stoffliche Verwertung von Verpackungen bis 2030 voraussichtlich um 5 Prozentpunkte übertreffen wird.
    • der ausgenommene Mitgliedstaat auf dem besten Weg ist, seine Abfallvermeidungsziele zu erreichen.
    • die Betreiber einen Unternehmensplan für Abfallvermeidung und -recycling verabschiedet haben, der zur Erreichung der in der Verordnung festgelegten Ziele für Abfallvermeidung und -recycling beiträgt.
  • Kleinstunternehmen sind ausgenommen, und die Möglichkeit, dass Wirtschaftsbeteiligte Pools von bis zu fünf Endverteilern bilden können, um die Zielvorgaben für die Wiederverwendung von Getränken zu erfüllen, wurde eingeführt.

Pfandsysteme

  • Mitgliedstaaten müssen bis 2029 die getrennte Sammlung von mindestens 90 % der Einwegplastikflaschen und Metallgetränkeverpackungen pro Jahr sicherstellen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sie Pfandsysteme für diese Verpackungsformate einrichten. Die Mindestanforderungen gelten nicht für Systeme, die bereits vor dem Inkrafttreten der Verordnung eingerichtet wurden, sofern die betreffenden Systeme das 90 %-Ziel bis 2029 erreichen.
  • Die Mitgesetzgeber einigten sich darauf, die Mitgliedstaaten von der Verpflichtung zur Einführung eines Pfandsystems auszunehmen, wenn sie im Jahr 2026 eine Getrenntsammlungsquote von über 80 % erreichen und einen Umsetzungsplan mit einer Strategie zur Erreichung des übergeordneten Ziels von 90 % Getrenntsammlung vorlegen.

Beschränkungen für bestimmte Verpackungsformate

Beschränkungen bzw. Verbote für bestimmte Verpackungsformate werden ab 2030 eingeführt, darunter Einweg-Plastikverpackungen für Obst und Gemüse, Lebensmittel und Getränke, für Gewürze und Soßen und für kleine Kosmetik- und Toilettenartikel im HORECA-Sektor (z. B. Shampoo- oder Bodylotion-Flaschen), und für sehr leichte Plastiktüten (unter 15 Mikron), es sei denn, sie sind aus hygienischen Gründen erforderlich oder werden als Primärverpackung für lose Lebensmittel verwendet, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.

Autor:
Mag. Gerfried Habenicht
E-Mail: gerfried.habenicht@wko.at