Wettbewerbsfähigkeit & Bürokratie: Eckpunkte der EU-Arbeit
Informationen der Bundessparte Industrie
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Auf der großen Bühne geht es um die Position der EU im globalen Wettbewerb. Im Hintergrund wird auch an Stellschrauben der Bürokratie gedreht.
Die Rede zur Lage der Union der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Mitte September bot ein gewohnt breites Panorama europäischer Politik. Sowohl demokratiepolitisch als auch wirtschaftspolitisch kann sie als Kampfansage an andere Weltregionen gewertet werden. Mit dem „Battery Booster Paket“ will Brüssel die europäische Batterieproduktion stärken und im globalen Wettlauf um Wertschöpfungsketten besser positionieren. Ebenso zielt die „Small Affordable Car Initiative“ darauf ab, leistbare europäische Elektroautos auf den Markt zu bringen – ein klarer Versuch, den wachsenden chinesischen Herstellern Paroli zu bieten. Ob diese Initiativen ausreichen, um echte industriepolitische Schlagkraft zu entfalten, bleibt abzuwarten.
Ein zentrales Projekt im Zusammenhang mit der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Bürokratievereinfachung, das Omnibus-I-Paket, soll die Nachhaltigkeitsberichterstattung und das EU-Lieferkettengesetz vereinfachen. Doch von einem beschlossenen Kurs ist man weit entfernt. Das Beispiel des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) zeigt zwar, dass sich mit dem entsprechenden politischen Willen auch komplexe Vereinfachungen schnell durchsetzen lassen, ohne die hohen Klimaschutzziele zu untergraben. Im vorherigen Fall sind die Fronten jedoch verhärteter: Während die Industrieunternehmen weiterhin Entlastung einfordern, warnen NGOs vor einem Aufweichen der Standards. Das Parlament verhandelt weiter und einigt sich frühestens Ende Oktober auf eine Position. Das Format der Omnibus-Pakete wird dennoch fortgesetzt. Noch heuer sind Vorschläge in den Bereichen Umwelt und Digitales angekündigt, ein Energie-Omnibus ist für das Frühjahr 2026 angeteasert.
Parallel dazu laufen derzeit zahlreiche öffentliche Konsultationen zu künftigen legislativen und nicht-legislativen Initiativen. Das Risiko ist offensichtlich: Unternehmen verlieren leicht den Überblick, werden mit Fragebögen überzogen und müssen Ressourcen für die Beobachtung von Konsultationsprozessen freischaufeln.
Hinzu kommt: Mit den anstehenden Umsetzungsrechtsakten beginnt die eigentliche Arbeit des Green Deal. Viele Details, bislang in Rahmenwerken skizziert, werden nun konkretisiert. Das birgt aber ein verstecktes Risiko – eine Ausweitung der Bürokratie durch technische Standards, Monitoringpflichten und Nachweisanforderungen.
Auch das Europäische Parlament arbeitet derweil an den „nächsten Krachern“. Besonders kontrovers diskutiert wird die Frage der „Künstlichen Intelligenz am Arbeitsplatz“. Hier treffen Grundsatzfragen über Arbeitnehmerrechte, Datenschutz und Innovationsförderung aufeinander – mit hohem Konfliktpotenzial für Gesetzgebung und Praxis.
In Summe wirkt der Brüsseler Beamtenapparat angesichts der neuen politischen Leitlinien für mehr Wettbewerbsfähigkeit leicht eingebremst. Man versucht, Bürokratie zu reduzieren und Industriepolitik sichtbarer zu machen, am zugrundeliegenden System ändert sich jedoch nichts. Darüber hinaus bleibt die politische Kreativität ungebrochen und jedes neue Projekt birgt das Risiko weiterer Komplexität für Unternehmen.
Der Herbst 2025 zeigt damit ein vertrautes Bild: Europa sucht weiterhin nach Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Regulierung, zwischen Vereinfachung und Detailsteuerung. Für die Bundessparte Industrie und die Unternehmen heißt das, wachsam zu bleiben – denn während die Schlagworte vielversprechend klingen, entscheidet sich die Realität im Kleingedruckten.
Autor:
Clemens Rosenmayr MSc, MSc
E-Mail: clemens.rosenmayr@wko.at