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SPIK - Sozialpolitik informativ & kurz

Newsletter Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit 30.7.2025

Lesedauer: 8 Minuten

Aktualisiert am 29.07.2025

Inhaltsübersicht

  • Arbeitskräfteradar 2025: Knappheit trotz Rezession
  • Warum verlassen internationale Studienabsolventen Österreich?
  • Widersprüche beim Equal Pensions Day
  • Was gilt in Zukunft beim Trinkgeld?
  • ZAS-Tag am 8. Oktober 2025: Schwerpunkt Fehlzeiten/Krankenstände
  • Symposium „Die Kräfte des Alters“ am 11.9. - Potenziale, Erfahrungen, Chancen nutzen

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

keine Sommerpause in der Politik: Die Regelungen zu Trinkgeld, freien Dienstnehmern und Hitzeschutz sind in Begutachtung – wir werden berichten, sobald sie „stehen“. Auch die Wirtschaft kennt keine Sommerpause: Bei allen Turbulenzen ist endlich eine Besserung der Konjunktur in Sicht. Damit wird auch zurückkehren, was zuletzt in den Hintergrund gerückt ist – der Arbeitskräftemangel. Dabei spüren ihn die Unternehmen auch jetzt,  wie der neue  Arbeitskräfteradar zeigt – übrigens mit neuer Webseite! .

Ein naheliegendes Potenzial am Arbeitsmarkt wird meist übersehen: Österreich verzeichnet jährlich 16.000 internationale Studienabsolventen, aber die Hälfte wandert ab. Warum?

Anfang August wird stets der „Equal Pension Day“ zelebriert. Die Diskussion dazu ist einseitig und widersprüchlich.

Die neue Trinkgeldregelung bringt Klarheit und Rechtssicherheit.

Am 8.10. ist wieder ZAS-Tag mit einem Update zu Gesetzgebung und Judikatur und dem Schwerpunkt Krankenstände/Fehlzeiten.

Und den „Kräften des Alters“ widmet sich ein Symposium am 11.9.

Alles Gute! 

Rolf Gleißner 



Arbeitskräfteradar 2025: Knappheit trotz Rezession

Dramatischer Rückgang der Erwerbsbevölkerung laut OECD

Durch die Rezession entschärft sich der Arbeitskräftemangel, er bleibt aber hoch. Das zeigt der aktuelle Arbeitskräfteradar von WKÖ und IBW, die breiteste Unternehmensbefragung zu dem Thema. Langfristig schaut es düster aus. 

Die Befragung (n = 2.500) zeigt, dass 78 % der Unternehmen in Österreich aktuell vom Mangel an Arbeits- und Fachkräften betroffen sind (53% sehr bzw. eher stark). Am stärksten betroffen sind Gastronomie & Hotellerie (69 %) sowie Herstellung von Nahrungsmitteln (64 %). Insgesamt wird der Bedarf an benötigten Fachkräften auf rund 176.000 Personen geschätzt. Die Zahl ist rückläufig, liegt aber immer noch über dem Niveau vor COVID.

Einzelne Berufsgruppen sind besonders schwer zu besetzen. Der Beruf "Koch/Köchin" steht wie in den Vorjahren dabei an erster Stelle, gefolgt von Handel/Verkauf und Kraftfahrern.

Engpässe belasten Unternehmer und Mitarbeiter 

Diese Engpässe haben weitreichende Auswirkungen auf die Unternehmen. Diese berichten von Zusatzbelastungen für die Firmenchefs und deren Familien (84 %), stärkerer Arbeitsintensität für die vorhandenen Mitarbeiter (81 %) und mehr Überstunden (67 %). 57 % der Betriebe berichten von Umsatzeinbußen, und 48 % sehen ihre Innovationsfähigkeit eingeschränkt.

Um den Arbeits- und Fachkräftemangel zu bekämpfen, sehen die befragten Unternehmen mehrere Maßnahmen als besonders wichtig an: An erster Stelle stehen mehr Beschäftigungsanreize für Arbeitslose und Anreize für Vollzeitbeschäftigung. Dazu passt die aktuelle Diskussion zur Frage, ob Teilzeit zu stark begünstigt wird.

Ein weiterer wichtiger Ansatz ist die Attraktivierung der Lehrlingsausbildung. Rund die Hälfte der Unternehmen, die bereits Lehrlinge ausbilden, würden gerne mehr aufnehmen, wenn sie dafür geeignete und motivierte Jugendliche finden könnten. Überhaupt ist ein Lehrabschluss ein Garant für einen sicheren Job, denn 80 % der Unternehmen gaben an, dass sie die größten Besetzungsschwierigkeiten bei Positionen haben, für die ein Lehrabschluss benötigt wird. 

Österreichs Erwerbsbevölkerung schrumpft bis 2060 besonders stark

Österreichs Erwerbsbevölkerung schrumpft bis 2060
© OECD

Der Arbeitskräfteradar ist eine Momentaufnahme. Langfristig schaut es nach dem aktuellen OECD-Beschäftigungsausblick düster aus: Demnach soll die österreichische Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis 2060 um 23,7 Prozent zurückgehen – international einer der höchsten Werte!

Fazit 

Der Arbeitskräfteradar zeigt, dass selbst in der Rezession die Wirtschaft durch den Arbeits- und Fachkräftemangel gebremst wird. Laut OECD wird die Demografie die Lage längerfristig massiv verschärfen. Der Mangel darf nicht zum Bremsklotz für den nächsten Aufschwung werden. Um unseren Wohlstand zu erhalten, muss Österreich aktiver werden – durch mehr Beschäftigungsanreize insbesondere für Vollzeit, längeres Arbeiten, eine Attraktivierung der Lehrlingsausbildung und qualifizierte Zuwanderung.

Besuchen Sie die neue Webseite: WKO Fachkräfte-Radar: Gemeinsam Fachkräfte sichern - WKO

 

von Georg Kirchmair, MA



Warum verlassen internationale Studienabsolventen Österreich?

Die WKÖ und die Central European University haben Masterstudienabsolventen befragt, warum sie aus Österreich abwandern. Die Hauptgründe: Hürden am Arbeitsmarkt, Bürokratie und die deutsche Sprache. 

Befragt wurden 378 Absolventen von Masterstudiengängen des Abschlussjahrgangs 2022/23. Die Befragten stammten aus 68 verschiedenen Ländern, darunter Deutschland (20 %), Ungarn (4,4 %), Russische Föderation (4,4 %), Vereinigte Staaten (3,8 %), Indien (2,9 %), Serbien (2,6 %), Ukraine (2,6 %), Türkei (2,6 %) und Italien (2,6 %). 38 % der Befragten absolvierten ein sozial-/geisteswissenschaftliches Studium, 29 % ein wirtschaftswissenschaftliches Studium, 17 % ein MINT-Studium, 8 % ein Kunststudium, 4 % ein juristisches Studium und 4 % ein sonstiges Studium.

Nicht-Europäer gehen wieder, Europäer bleiben 

Grundsätzlich ist Österreich ein attraktives Studienland für internationale Studierende. So war ca. ein Drittel aller Studierenden in einem Masterstudiengang zwischen 2016 und 2019 aus Drittstaaten oder EU-Mitgliedstaaten. Allerdings wandern davon viele wieder ab: Laut Statistik Austria verließen von rund 16.000 internationalen Studienabsolventen im Jahr 2020/21 rund 46 % Österreich innerhalb von 12 Monaten. Die Abwanderung hängt stark vom Herkunftsland ab: 2020/21 verließen 46 % der EU-Bürger Österreich. Von den Personen aus europäischen Drittstaaten (Balkan, UK) blieben 83 %, von den Nicht-Europäern blieb hingegen nur jede/r Dritte.

Die Unterschiede zwischen den Studienrichtungen waren geringer, mehr als 50 % wandern aus den Bereichen Wirtschaft/Recht, MINT und Gesundheit ab, bei Informatik und Ingenieurwesen waren es „nur“ 30 % bzw. 38 %.

Hürden am Arbeitsmarkt: Deutschkenntnisse und Beschäftigungsbewilligung 

Die Hürden, mit denen internationale Studenten zu kämpfen haben, sind während und nach dem Studium unterschiedlich. Während des Studiums sind es bürokratische Hürden wie z.B. langwierige Aufenthaltsverfahren bei den Aufenthaltsbehörden wie der MA 35. Nach dem Studium ist es die Schwierigkeit, einen Job zu finden.

Ganze 75 % der Personen, die Österreich nach ihrem Studium verlassen haben, nannten als Hauptgrund Schwierigkeiten, einen Job zu finden. Eine Hürde ist die deutsche Sprache: Ein Drittel gab an, vor Studienantritt gar keine Deutschkenntnisse zu haben. Während ihres Aufenthalts konnten die meisten ihre Deutschkenntnisse verbessern, aber häufig nur in Richtung B1 und B2. Zum Befragungszeitpunkt konnten nur 12 % der Studienabsolventen fließend Deutsch, also auf C1-Niveau. Meist werden akademische Bewerber erst ab diesem Niveau am Arbeitsmarkt interessant. 44 % der Befragten gaben an, dass sie neben dem Studium nicht genug Zeit für den Deutscherwerb hatten, weitere 37 % konnten sich keinen Deutschkurs oder das entsprechende Zertifikat leisten.

Während Sprachbarrieren EU-Bürger und Drittstaatsangehörige gleichermaßen treffen, gibt es beim Arbeitsmarktzugang Unterschiede: Selbsterhaltungsfähige EU-Bürger haben den unbeschränkten Zugang, Drittstaatsangehörige brauchen eine Bewilligung für eine Beschäftigung von 20 Stunden neben ihrem Studium. 59 % der befragten Studienabsolventen gaben an, dass sie schon Job-Absagen erhalten haben, weil Arbeitgeber keine Beschäftigungsbewilligung beantragen wollten, sei es wegen des zusätzlichen Verwaltungsaufwands oder der zeitlichen Verzögerung. 

Nach dem Studium können sich Drittstaatsangehörige zwar auf jede Stelle bewerben. Aber das kann sich als schwer herausstellen, wenn zum einen studienrelevante Berufserfahrungen während des Studiums, zum anderen Deutschkenntnisse auf einem fortgeschrittenen Niveau fehlen. Daher waren auch 78 % der Befragten, die keinen Job in Österreich finden konnten, aus Drittstaaten.

Verbesserungspotenzial 

Internationale Studienabsolventen haben wertvolle Qualifikationen und sind meist gut integriert. Würden jährlich 2.000 Absolventen mehr in Österreich bleiben, könnte dies bis 2040 zu einem zusätzlichen BIP von über 4,2 Mrd. Euro führen. Angesichts des künftigen Fachkräftemangels wäre es doppelt wichtig, sie im Land zu halten.

Wichtige Maßnahmen zu diesem Zweck wären

  • günstige und studienbegleitende Deutschangebote der Universitäten,
  • studienbezogene Praktikumsangebote,
  • bessere Beratung und Erleichterungen betreffend den Zugang zum Arbeitsmarkt,
  • transparentere und raschere Aufenthaltsverfahren und
  • eine koordinierte Datenerfassung aller Universitäten, um Motive und Hürden noch besser zu kennen.

 

von Mag. Natasha Ghulam LL.M.



Widersprüche beim Equal Pensions Day

Alljährlich wird der Equal Pensions Day zelebriert, also der Pensionsunterschied zwischen Mann und Frau. Obwohl das steigende Frauenpensionsalter hilft, wird beides – Unterschied und Anstieg - von den selben Personen beklagt. 

Das System einer Pensionsversicherung zielt nicht primär auf Gleichheit ab, sondern soll zunächst das im früheren Erwerbsleben erzielte Einkommensniveau während der Pension erhalten. Die aktuellen Pensionen spiegeln daher nicht die gegenwärtige Arbeitswelt, sondern die der letzten 50 Jahre wider, in denen die Erwerbsbeteiligung der Frauen deutlich geringer war als heute.

Entgegen dem Grundsatz „wer mehr einzahlt, bekommt mehr heraus“ ebnet das Pensionssystem die Unterschiede aus dem Erwerbsleben stark ein: zwischen höheren und niedrigeren Einkommen, aber auch zwischen den Geschlechtern.

Das Pensionssystem verteilt bereits massiv um 

„Gleichmacher“ sind u.a. die üblichen überproportionalen Erhöhungen niedriger Pensionen sowie das unterschiedliche Pensionsantrittsalter. Frauen beziehen ihre Pensionen viel länger als Männer aufgrund des niedrigeren Antrittsalters (mit 61 Jahren das zweitniedrigste in der EU) und der längeren Lebenserwartung. Auch profitieren Frauen weit überproportional von Witwen(r)pensionen, der Ausgleichszulage (diese ist gleich hoch ist wie die durchschnittliche deutsche Frauenpension) und – natürlich zurecht – der Anrechnung von Kindererziehungszeiten. All diese Faktoren sind legitim und führen dazu, dass Frauen insgesamt sogar mehr an Pensionen erhalten als Männer.

Frauenpensionsantrittsalter in den EU-Staaten 2023, 2030 und 2050
© WKÖ

Seit 1.1.2024 steigt das Pensionsantrittsalter der Frauen jährlich um ein halbes Jahr, was der Arbeitsmarkt gut aufnimmt. 85 % der zusätzlichen weiblichen Erwerbspersonen sind in Beschäftigung. Laut AMS sind 2025 rund 76 % der Pensionsantritte von Frauen aus Beschäftigung erfolgt, lediglich 6,8 % hingegen aus Arbeitslosigkeit.

Somit wird das steigende Pensionsalter den Gender Pensions Gap reduzieren. Umso merkwürdiger, dass die Aversion gegen das höhere Frauenpensionsalters besonders bei jenen hoch zu sein scheint, die laut den Pension Gap beklagen.

Das heißt natürlich nicht, dass es keinen Handlungsbedarf gibt: Um Einkommen und Pensionen von Frauen zu heben, fordert die Wirtschaftskammer schon lange den Ausbau der Kinderbetreuung, Aufklärung und Förderung bei der Berufswahl (Stichwort Frauen in die Technik) und Anreize, der Teilzeitfalle zu entkommen. 


von Mag. Christina Marx



Was gilt in Zukunft beim Trinkgeld?

Das bisherige System der Trinkgeldpauschalierung war komplex, uneinheitlich und unsicher. Die neue Trinkgeldregelung, die am 1.1.2026 in Kraft treten soll, schafft klare Regeln und Rechtssicherheit. In der Sozialversicherung gibt es einheitliche Pauschalen, eine tatsächliche Überschreitung ist unerheblich. Das Trinkgeld bleib steuerfrei. Die Gesetzwerdung bleibt abzuwarten. Details:

https://www.wko.at/oe/oesterreich/20250724-factsheet-trinkgeldregelung.pdf



ZAS-Tag am 8. Oktober 2025: Schwerpunkt Fehlzeiten/Krankenstände

Traditionell bietet der Manz-Verlag in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Österreich ein Update zum Arbeits- und Sozialrecht des Jahres in einem Tag. Geboten werden:

  • Neues aus der Gesetzgebung
  • Krankenstände und sonstige Fehlzeiten aus rechtlicher Sicht
  • Krankenstände aus Sicht der ÖGK
  • Judikatur-Update 

Ort: Wirtschaftskammer Österreich, Saal 2, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien

Zeit: Mittwoch, 8. Oktober 2025, 9:00 (Eintreffen) – 16:00 Uhr 

Programm und Anmeldung:  Jahrestagung Arbeits- und Sozialrecht 2025 | MANZ Rechtsakademie



Symposium „Die Kräfte des Alters“ am 11.9. - Potenziale, Erfahrungen, Chancen nutzen 


Zeit: 11.9.2025, 14-18h

Ort Haus der Industrie, Schwarzenbergplatz 4, 1030 Wien

Programm und Anmeldung unter https://integrationsfonds.eyepinnews.com/y6MrNcA




Impressum
Wirtschaftskammer Österreich
Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien
Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik
Leiter: Mag. Dr. Rolf Gleißner
Telefon: +43 (0)5 90 900 4286
sp@wko.at
https://wko.info/sp