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SPIK - Sozialpolitik informativ & kurz

Newsletter Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit 30.10.2025

Lesedauer: 8 Minuten

Aktualisiert am 30.10.2025

Inhaltsübersicht

  • Was Talleyrand über die Sozialhilfe gesagt hätte
  • „Krankfeiern nur die anderen“
  • Die Sozialausgaben steigen in Ö und sinken in der EU
  • Pensionssystem: Österreich Letzter bei Nachhaltigkeit – hilft der Kapitalmarkt? 
  • Neues Dienstgeber-Dashboard der ÖGK bündelt alle Informationen für Unternehmen
  • Bewerbungen für das Führungskräfteprogramm Zukunft.Frauen bis 12.11.2025


Liebe Leserinnen, liebe Leser,

„Geldmangel ist ein Segen. Niemand vermag zu sagen, wie viele politische Dummheiten aus Mangel an Geld schon verhindert worden sind“, sagte einst Talleyrand, Außenminister Frankreichs unter Napoleon. In Österreich gibt es aktuelle Belege für seine These: Aufgrund von Budgetnöten wurden etwa die ausufernde Bildungskarenz und die Kombination Geringfügigkeit und Arbeitslosengeld massiv eingeschränkt. Nun kommt endlich auch das System der Sozialhilfe in Bewegung – auf Bundesebene, aber auch in Wien.

Bewegung bräuchte es auch bei Krankenständen. Eine Umfrage unter Arbeitgebern und Arbeitnehmer bringt Überraschungen.

Die Sozialausgaben sinken in der EU, aber sie steigen in Österreich. Das ist nicht nachhaltig.

Am wenigsten nachhaltig unter allen OECD-Staaten ist unser Pensionssystem. Der Kapitalmarkt könnte helfen.

Auf www.gesundheitskasse.at/dgdashboard die neue ÖGK-Plattform mit allen Infos für Unternehmen.

Und Bewerbungen für das Führungskräfteprogramm Zukunft.Frauen bis 12.11.2025.

Alles Gute! 

Rolf Gleißner 



Was Talleyrand über die Sozialhilfe gesagt hätte

Österreich hat die dritthöchsten Sozialausgaben in der EU. Die Budgetnot zwingt die Politik dazu, teure Fehlanreize zu streichen. Endlich ist auch die Sozialhilfe dran. Gut so. 

„Geldmangel ist ein Segen. Niemand vermag zu sagen, wie viele politische Dummheiten aus Mangel an Geld schon verhindert worden sind“, sagte einst Talleyrand, der Außenminister Frankreichs unter Napoleon. Er würde heute in Österreich einige Belege für seine These finden: Aufgrund von Budgetnöten wurden etwa die ausufernde Bildungskarenz und die Kombination Geringfügigkeit und Arbeitslosengeld massiv eingeschränkt.

Nach Jahrzehnten der Fehlentwicklung und Kritik kommt nun endlich auch das System der Sozialhilfe in Bewegung. Zunächst stehen auf der Regierungsagenda wichtige Reformen wie die bundesweite Vereinheitlichung der Sätze, die Reduktion der Transfers für Kinder, die Abwicklung durch das AMS und eine reduzierte Sozialhilfe für anerkannte Flüchtlinge in den ersten drei Jahren. Zieldatum ist der 1.1.2027.

Wien ist Magnet… 

Eine Reform geht aber nicht ohne die zuständige Landesebene, insbesondere Wien, das seit jeher großzügig und daher Magnet für Flüchtlinge ist. Die Folgen: 2017 wohnten 62,7% der Sozialhilfebezieher in Wien, 2023 bereits 72%. Und die Arbeitslosenrate ist in Wien mit fast 12% mehr als doppelt so hoch wie im Rest Österreichs. Jahrelang sah man zu, nun reagiert die Stadt - aus Geldmangel, aber wohl auch, weil jeder Fall einer Familie mit 11 Kindern und 9.000 Euro an Transfers politisch schmerzt.

Syrer und Afghanen haben meist kein Recht auf Asyl, aber auf subsidiären Schutz. Sie haben laut Sozialhilfe-Grundsatzgesetz nur Anspruch auf Grundversorgung, das sind Sachleistungen und ein Taschengeld. 85% (!) der Schutzberechtigten leben in Wien, wo sie aber (wie in Tirol) die höhere Sozialhilfe erhalten. Für jedes Kind gibt es in Wien 326,43 Euro - zusätzlich zu Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld. Bedenkt man dazu das Einkommensniveau in den Herkunftsländern, wundert es nicht, dass die Fertilität bei Syrern, Afghanen und Irakern in Österreich mit 3,3 dreimal so hoch ist wie die der Österreicher und höher als in Syrien und im Irak!

… und kürzt nun endlich die Sozialhilfe 

Seit Jahren ziehen die meisten Flüchtlinge nach Wien – wegen Communities und großzügiger Sozialleistungen. Vor diesem Hintergrund hat nun auch Wien angekündigt, subsidiär Schutzberechtigten nur mehr die Grundversorgung zu zahlen, Tirol will nachziehen. Auch erhielt jede Einzelperson in einer Wohngemeinschaft bisher die volle Sozialhilfe (!), obwohl man sich wie bei Familien die Kosten eines gemeinsamen Haushalts teilt. Das soll künftig berücksichtigt werden.

Damit die Sozialhilfe nicht nur Inaktivitätsfalle wird, müssen Bezieher arbeitsbereit sein. Das Problem: Das AMS vermittelt Jobs, kann bei Arbeitsverweigerung aber nur das Arbeitslosengeld kürzen, nicht die Sozialhilfe, weil diese von den Ländern ausbezahlt wird. Daher soll laut Regierungsprogramm das AMS für Auszahlung und Sperre zuständig werden – ein schwieriges Vorhaben angesichts der Zuständigkeit der Länder.

Das AMS muss ran 

Wenn Schutzberechtigte künftig nur mehr Grundversorgung statt Sozialhilfe erhalten, spart das zwar Geld, und eine „Attraktion“ Wiens fällt weg. Aber dafür entfällt die Arbeitspflicht, und die Grundversorgung darf gar nicht gekürzt werden. Damit „droht“ dasselbe wie bei den Vertriebenen aus der Ukraine, die mehrheitlich in der Grundversorgung bleiben, anstatt zu arbeiten. Umso wichtiger wäre bundesweit eine strikte Pflicht, sich um einen Job zu bemühen, wie sie in Oberösterreich praktiziert wird. Dort ist die Erwerbsquote der Ukrainer doppelt so hoch wie in Wien, Niederösterreich und Burgenland!

Doch es braucht Druckmittel UND Anreize: Eine Arbeitsaufnahme soll nicht gleich zum „Rausschmiss“ aus der Unterkunft führen, und befristet sollten die Berufseinsteiger 35% der Sozialhilfe behalten dürfen. Auch das steht im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, wird aber von Wien und anderen Ländern nicht praktiziert. Also noch genug Anwendungsfälle für die These von Talleyrand…


von Mag. Gabriele StraßeggerMag. Dr. Rolf Gleißner



„Krankfeiern nur die anderen“

Das Thema Krankenstände polarisiert nicht nur zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Mitarbeiter beurteilen sich selbst viel besser als die Kollegen.

Die Zahlen sind klar: In den 10 Jahren vor Covid waren die Österreicher 12 bis 13 Tage pro Jahr im Krankenstand, seit 2022 sind es 15 Tage. Die Lage hat sich also für Betroffene und ihre Arbeitgeber demnach verschlechtert. Aber wie werden Krankenstände in der Praxis wahrgenommen? Market hat dazu dieselben Fragen 1.000 Arbeitnehmern und 500 Arbeitgebern gestellt und teilweise sehr unterschiedliche Antworten erhalten.

Für jeweils ein Drittel der Befragten sind Krankenstände im Unternehmen Gegenstand von Diskussionen. Ein Drittel der Arbeitnehmer, aber nur ein Viertel der Arbeitgeber stellen einen Anstieg von Erkrankungen wahr. 41% der befragten Mitarbeiter fühlen sich durch Krankenstände von Kollegen belastet.

Bei den Ursachen für den Anstieg klaffen die Meinungen auseinander: 84% der Arbeitnehmer vermuten mehr psychische Erkrankungen, 76% veränderte Arbeitsbedingungen und 46% geändertes Verhalten bzw. mehr Sensibilität bei Infektionskrankheiten. Allerdings gehen 62% der Arbeitnehmer davon aus, dass eigene Erkrankungen nicht auf das Arbeitsumfeld zurückzuführen sind.

Ganz anders die Sicht der Arbeitgeber: 41% gehen von zu einfachen Krankschreibungen als Ursache aus, 36% von zu wenig Kontrollen und nur 14% von veränderten Arbeitsbedingungen. Teilweise bestätigen die befragten Arbeitnehmer diesen Befund, denn jeder zweite geht davon aus, dass Krankschreibungen auch ohne Begutachtung durch Ärzte erfolgen.

Krankenstandsmissbrauch bei Kollegen häufig

Der erstaunlichste Unterschied zeigt sich beim Krankenstandsmissbrauch: 93% der befragten Arbeitnehmer geben an, keinen Krankenstand zu „nutzen“, wenn sie arbeitsfähig sind. Aber 38% glauben, dass ihre Kollegen das sehr wohl tun. Damit sind sie misstrauischer als die Arbeitgeber, von denen nur 20% Missbräuche bei ihren Mitarbeitern vermuten!

Es überrascht nicht, dass eine klare Mehrheit der Arbeitgeber bei Missbräuchen strengere Sanktionen und Kontrollen für Arbeitnehmer und Ärzte befürwortet. Aber auch 64% der Arbeitnehmer sprechen sich für strengere Sanktionen für Missbräuche aus und immerhin die Hälfte für generell strengere Kontrollen. 

Fazit 

Wenn zwei dasselbe sehen, sehen sie noch lange nicht das gleiche. Das gilt auch für das hochemotionale und -persönliche Thema Krankenstände. Mehrheitlich einig sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber, dass Missbräuche nicht toleriert werden sollten. Die Unternehmen, weil sie die Kosten tragen, die Mitarbeiter, weil sie bei Ausfällen einspringen müssen. Daher müssen Missbräuche konsequent kontrolliert und abgestellt werden.


von Mag. Dr. Rolf Gleißner



Die Sozialausgaben steigen in Ö und sinken in der EU

Statistisch wird Österreich immer „sozialer“: Der Anteil der Sozialausgaben am BIP stieg zwischen 2012 und 2023 laut OECD von 29,3 auf 30,6%, während er in der EU von 28,4 auf 27,6% fiel.

Die meisten Sozialstaaten haben ihre Ausgaben wieder auf das Niveau vor Covid zurückgeführt. Nicht so Österreich, das sich seit 2012 von Platz 6 auf Platz 3 „hochgearbeitet hat“ und nur noch hinter Finnland und Frankreich liegt.

Abgesehen von den „Top 3-Ländern“ erhöhten sich die Sozialausgaben noch in Deutschland – also in den Ländern mit geringem Wirtschaftswachstum. 2024 sind die Sozialausgaben in Österreich sogar auf 33,3% des BIP (Statistik Austria) gestiegen, sodass wir nach einer OECD-Schätzung inzwischen sogar Weltspitze sind! 

Dieser Trend ist fatal, weil nicht nachhaltig: Während die Sozialausgaben durch die Demografie weiter steigen, erodiert die Finanzierungsbasis, der Faktor Arbeit, durch den Rückgang der Personen im Erwerbsalter und der Arbeitszeit sowie durch stagnierende Produktivität. Fazit: Nachdem Österreich bei der Abgabenlast auf Arbeit und den Lohnnebenkosten schon im Spitzenfeld liegt, müssen die Sozialausgaben wie in anderen Ländern auch durch intelligente Reformen sinken. 

Zitat

„Jedermann will gern auf Kosten des Staates leben, aber fast niemand denkt daran, dass der Staat auf jedermanns Kosten lebt.“ Frederic Bastiat, französischer Ökonom und Politiker


von Mag. Christina Marx


Pensionssystem: Österreich Letzter bei Nachhaltigkeit – hilft der Kapitalmarkt? 

Alljährlich vergleicht Mercer im Global Pension Index weltweit Pensionssysteme. Auch heuer ist Österreich in punkto Nachhaltigkeit Schlusslicht unter 52 Staaten! Dabei werden Angemessenheit (40 %), Nachhaltigkeit (35 %) und Integrität (25 %) des Pensionssystems bewertet. Insgesamt liegt Österreich auf Platz 47 von 52 und erhält die Note C. Nur bei der Angemessenheit der Pensionen schneiden wir gut ab. 

Alljährlich wird das Ergebnis von Politik und Medien weitgehend ignoriert. Marktkritiker beanstanden, dass der Mercer-Index kapitalgedeckte Systeme bevorzugt, öffentlich finanzierte benachteiligt. Die Erklärung ist einfach: Kapitalgedeckte Systeme hängen zwar vom Aktienmarkt und seinen Schwankungen ab. Langfristig entwickeln sich Aktien aber besser als andere Wertanlagen. Öffentlich finanzierte Systeme hängen zwar nicht vom Finanzmarkt ab, aber von der Demografie. Und dieses Fundament bröckelt bekanntlich. Das haben so „kapitalistische“ Länder wie Schweden, Dänemark und die Niederlande erkannt, die mit Erfolg auf einen Mix aus Staat und Kapitalmarkt setzen.

In Dänemark sind 80 Prozent der Bevölkerung in Pensionskassen abgesichert, das Pensionsvermögen beträgt 580 Mrd Euro! In Österreich sind es 30 Mrd Euro. Immerhin enthält das Regierungsprogramm einige Ansätze zur Stärkung der 2. und 3. Pensionssäule. Natürlich erfordert Nachhaltigkeit vor allem eine Reform der 1. Säule, aber das ist eine andere Geschichte. 

Mercer CFA Institute Global Pension Index 2025


von MMag. Amra Bilic 



­­­Neues Dienstgeber-Dashboard der ÖGK bündelt alle Informationen für Unternehmen 

Seit Anfang Oktober bietet die zentrale Online-Plattform unter www.gesundheitskasse.at/dgdashboard eine übersichtliche, personalisierte Gesamtübersicht aller wichtigen ÖGK-Angelegenheiten.

Mit sicherem Login via ID Austria sind Beiträge, Anträge, Salden und mehr auf einen Blick verfügbar – so einfach wie Telebanking. Das DG-Dashboard bündelt bisher getrennte Dienste an einem Ort und spart so Zeit und Aufwand. Zudem steht ein Handbuch als Download bereit.




Bewerbungen für das Führungskräfteprogramm Zukunft.Frauen bis 12.11.2025

Das Führungskräfteprogramm Zukunft.Frauen unterstützt mit einer konkreten Weiterbildung und einem starken Netzwerk den Weg von bestens qualifizierten Frauen in die Spitzenposition, in Vorstand und Aufsichtsrat.

Die Bewerbungsfrist für den 28. Durchgang (Start im März 2026) läuft noch bis 12.11.2025.

Details unter: www.zukunft-frauen.at




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