Zum Inhalt springen
Stadtansicht von Kopenhagen
© Sergii Figurnyi | stock.adobe.com

Dänemark übernimmt den EU-Ratsvorsitz ab 1.7.2025

Schwerpunkte aus Sicht der WKÖ

Lesedauer: 4 Minuten

24.06.2025

Am 1. Juli 2025 übernimmt Dänemark die EU-Ratspräsidentschaft von Polen. Das Halbjahresprogramm beschreibt detailliert auf 46 Seiten die Prioritäten und Leitlinien des dänischen Vorsitzes. 

Die Schwerpunkte aus WKÖ-Sicht sind:

Sicherheit, Verteidigung und geopolitische Resilienz 

  • Massive sicherheitspolitische Herausforderungen (v. a. durch Russlands Krieg gegen die Ukraine) erfordern stärkere EU-Eigenständigkeit.
  • Die EU soll bis 2030 verteidigungsfähig werden, u. a. durch Investitionen in die europäische Rüstungsindustrie und durch Integration der ukrainischen Industrie in europäische Wertschöpfungsketten.
  • Unterstützung der Ukraine auf politischer, wirtschaftlicher und militärischer Ebene.
  • Weiterführung und Ausbau des ReArm Europe Plans sowie des SAFE-Instruments zur Finanzierung von Verteidigungsausgaben.
  • Ziel: robustere Lieferketten, verstärkte zivile und militärische Resilienz, engere Kooperation mit NATO und Drittstaaten.
  • Ein besonderer Fokus liegt auf der Stärkung von Partnerschaften mit gleichgesinnten Ländern (z. B. USA, UK, Indo-Pazifik, Afrika).
  • Bekämpfung hybrider Bedrohungen und Aufbau strategischer Autonomie. 

Langfristige wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der EU

  • Stärkung der EU-Wirtschaftsstruktur durch Strukturreformen und produktivitätssteigernde Maßnahmen.
  • Umsetzung des Wettbewerbsfähigkeitskompasses der Kommission mit Fokus auf Investitionen, Innovation und Technologieführerschaft.
  • Ziel ist die Stärkung der wirtschaftlichen Grundlagen Europas, um die Resilienz zu erhöhen, stabile Lieferketten zu sichern, die wirtschaftliche Sicherheit zu verbessern, die globale Position der EU zu festigen, und durch forschungsbasierte Innovation Wachstumschancen zu schaffen.
  • Es wird ein Schwerpunkt auf Regelungsvereinfachung und bessere Regulierung in der EU gelegt, um die tägliche Arbeit von Unternehmen und anderen Akteuren zu erleichtern: Vereinfachung regulatorischer Prozesse durch Impact Assessments, Reduktion von Meldepflichten und bessere Umsetzung bestehender Gesetze.
  • Mobilisierung von Investitionen über die Spar- und Investitionsunion
  • Kapitalmarktunion und Bankenunion: Stärkere Integration, mehr grenzüberschreitendes Kapital.
  • Förderung privater Investitionen in Verteidigung, Digitalisierung, Green Tech. 

Binnenmarkt, Entbürokratisierung und Unternehmensfreundlichkeit

  • Vereinfachung und Modernisierung des Binnenmarkts: Omnibus-Gesetzgebungspakete zur Vereinfachung von EU-Vorschriften– Dänemark will insbesondere die Verhandlungen zum ersten und vierten Omnibuspaket beschleunigen (z. B. Nachhaltigkeitsberichterstattung, DSGVO).
  • Einführung neuer Unternehmensformen wie der SMC („Small Mid-Caps“) zur Förderung von KMU-Wachstum.
  • Verbesserte Regulierungsfolgenabschätzungen und Abbau bürokratischer Hürden.
  • Ziel: Rechtssicherheit, Kostenreduktion und digitale Vereinfachung für Unternehmen.
  • Förderung besserer Umsetzung bestehender Regeln, klare Bewertung von Kosten und Nutzen neuer Gesetzgebung. 

Industrielle Dekarbonisierung und Grüne Transformation

  • Die dänische Präsidentschaft positioniert die grüne Wende als Wachstumstreiber für Industrie und Beschäftigung. Die Präsidentschaft wird eine Industriepolitik vorantreiben, die grüne Stärken, Investitionen und Technologieentwicklung in ganz Europa fördert.
  • Umsetzung des Clean Industrial Deal und Beschleunigung der industriellen CO₂-Reduktion, Industrial Decarbonisation Accelerator Act, Kreislaufwirtschaftspaket.
  • Ausbau sauberer, bezahlbarer Energiequellen als Standortfaktor (u. a. Investitionen in EU-Energieinfrastruktur, schnellere Genehmigungen)
  • Vereinbarung über das EU-Klimaziel 2040 zur Schaffung von Planungssicherheit für Unternehmen.
  • Förderung von Life-Science, Bioökonomie, grüner Wasserstoffwirtschaft und Kreislaufwirtschaft, resiliente Lieferketten für kritische Rohstoffe. 

Digitalisierung, Technologiepolitik und strategische Autonomie

  • Massive Investitionen und Förderungen in Schlüsseltechnologien: KI, Quantentechnologie, Biotechnologie, Raumfahrt, Halbleiter.
  • Aufbau strategischer digitaler Souveränität durch stärkere EU-eigene Technologieentwicklung.
  • Schaffung eines EU-Rechtsrahmens für den digitalen Euro und digitalen Zahlungsverkehr, European Business Wallet, Reformen zur Datenwirtschaft (z. B. FIDA).
  • Verbesserung des Datenschutzes und Cybersicherheits-Rahmens, Aufbau sicherer Datenräume
  • Europäische Digitalstrategie zur Stärkung globaler Wettbewerbsfähigkeit 

Handel, strategische Partnerschaften und wirtschaftliche Resilienz

  • Ziel: robuste und offensive Handelspolitik, Abschluss und Ratifizierung von Handelsabkommen (u. a. Mercosur, Mexiko, Afrika, Indo-Pazifik)
  • Stärkung multilateraler Regeln und Institutionen (WTO-Reform, Vorbereitung WTO-Ministerkonferenz 2026), Schutz vor unfairem Handel und wirtschaftlichem Druck (z. B. von China).
  • Investitionsschutz, Rohstoffpartnerschaften und Unterstützung für Partnerländer (inkl. Ukraine) bleiben wichtig.
  • Ausbau der Global Gateway-Initiativen und Diversifizierung globaler Lieferketten. 

Steuern, Zölle und Finanzpolitik

  • Überarbeitung der Energie- und CO₂-Besteuerung (ETD, CBAM) zur Förderung klimafreundlicher Wirtschaftstätigkeit.
  • Revision der Energie- und Tabakbesteuerung, Einführung und Ausbau des CO₂-Grenzausgleichs (CBAM)
  • Förderung fairer Besteuerung durch Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerdumping, Stärkung der Verwaltungskooperation.
  • Verhandlungen über neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) ab 2028 – mit Fokus auf Eigenmittel, Sicherheit, Klima und Resilienz.
  • Fortsetzung der Zollreform, Modernisierung der Zollunion inklusive Digitalisierungsmaßnahmen für Zollverfahren, u. a. im E-Commerce-Bereich. 

Arbeitsmarkt, soziale Inklusion und Fachkräftesicherung

  • Initiativen zu Umschulung und Weiterbildung (Upskilling, Reskilling) im Kontext von Digitalisierung und demografischem Wandel. Förderung von guten Arbeitsbedingungen im Wandel der Arbeitswelt.
  • Verbesserung von Mobilität, fairer Arbeitsbedingungen und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.
  • Umsetzung des EU-Sozialpfeilers, Stärkung des sozialen Dialogs, Digitalisierung der Sozialversicherungskoordination, Unterstützung von sozial benachteiligten Gruppen.
  • Initiativen zur Stärkung der sozialen Teilhabe, Gleichstellung und Bekämpfung von Diskriminierung
  • Fokus auf nachhaltigen sozialen Wohnbau und Verbesserung des Zugangs zu leistbarem Wohnraum. EU-weite Bemühungen um mehr leistbaren Wohnraum als Beitrag zur Standortattraktivität. 

EU-Erweiterung, Wertegemeinschaft und institutionelle Reformen

  • Fortschritte bei der EU-Erweiterung (Ukraine, Moldau, Westbalkan) auf Basis von Reformen und Rechtsstaatlichkeit
  • Vorbereitungen auf eine erweiterte EU: interne Entscheidungs-, Budget- und Wertearchitektur anpassen (z. B. Mehrheitsentscheidungen, Finanzierungsmechanismen, institutionelle Funktionsfähigkeit).
  • Verteidigung gemeinsamer Werte: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte.
  • Förderung der Resilienz europäischer Demokratien, u. a. durch European Democracy Shield, Maßnahmen gegen Desinformation und Tech-Regulierung. 

Gesundheit, Innovation und Versorgungssicherheit

  • Verhandlungen über das EU-Pharma-Paket zur Innovationsförderung und verbesserten Arzneimittelversorgung.
  • Ausbau der europäischen Versorgungssicherheit für kritische Medikamente.
  • Unterstützung von Innovation im Bereich Life Science und medizinischer Krisenvorsorge. 

Transport, Infrastruktur und nachhaltige Mobilität

  • Förderung klimafreundlicher Transportlösungen und Vorantreiben der grünen Verkehrswende (z. B. CO₂-Berechnungen im Güterverkehr, Net-Zero-Vorgaben für Schifffahrt).
  • Integration der Ukraine und Moldau in das europäische Verkehrsnetz.
  • Verbesserung grenzüberschreitender Mobilität und Passagierrechte.
  • Fortschritte bei nachhaltigen Investitionen in Häfen, Schienen und Straßenverkehr, Förderung der Schiene, Modernisierung des Luftverkehrs und Stärkung des maritimen Sektors. 

Verbraucherschutz und Marktüberwachung

  • Revision der Pauschalreise- und Streitbeilegungsrichtlinien (Reisestornierungen, Streitbeilegung und Produktsicherheit).
  • Neue digitale Verbraucheragenda 2025–2030 mit Fokus auf digitale Risiken und Minderjährigenschutz.
  • Ziel: Stärkung der Marktaufsicht in einer zunehmend digitalisierten und globalisierten Konsumlandschaft.
Weitere interessante Artikel
  • Europa-Karte
    30 Jahre EU-Binnenmarkt - Unvollendeter Meilenstein der Integration
    Weiterlesen