XXII. Wettbewerbssymposium: Kartellrecht zwischen alten und neuen Herausforderungen
Rückblick und Unterlagen vom 11.11.2025
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Am 11. November 2025 fand das traditionelle Wettbewerbssymposium zum 22. Mal in den Räumlichkeiten der Wirtschaftskammer Österreich statt. Diese hybrid organisierte Veranstaltung ist mit fast 300 angemeldeten Teilnehmer:innen das größte jährliche Fachsymposium in Österreich zum Thema Wettbewerbspolitik und -recht.
In ihrem Begrüßungsstatement warnte Dr. Rosemarie Schön, Leiterin der Abteilung für Rechtspolitik der Wirtschaftskammer Österreich, davor, alte und untaugliche Konzepte zur Inflationsbekämpfung heranzuziehen, da man dadurch eine Eindämmung der Preisentwicklung nicht leisten kann und die Erwartungshaltungen der Menschen enttäuscht werden.
Das diesjährige Symposium stand unter dem Generalthema „Kartellrecht zwischen alten und neuen Herausforderungen“.
In seiner Keynote betonte Dr. Bernhard Kofler-Senoner, CERHA HEMPEL Rechtsanwälte GmbH und Vorsitzender des Arbeitskreises Österreich der Studienvereinigung Kartellrecht die zentrale Rolle des Wettbewerbsrechts für gesamtwirtschaftliche Problemlösungen und warnte vor unrealistischen Erwartungen an die Vollzugsbehörden sowie vor überzogenen Regulierungsvorschriften, die dem Wirtschaftsstandort Österreich schaden könnten.
Im Panel I präsentierten die Spitzenbeamtinnen des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) und des Bundesministeriums für Wirtschaft, Energie und Tourismus (BMWET) aktuelle Entwicklungen im Kartellrecht. Dr. Felicitas Parapatits (BMJ) erläuterte die durch den Media Freedom Act bedingten neuen Regelungen und hob die Bedeutung der jüngsten EuGH-Rechtsprechung zum Schutz von Kronzeugenunterlagen hervor. MR MMag. Erika Ummenberger-Zierler (BMWET) thematisierte die Herausforderungen der Inflationsdebatte und die Notwendigkeit, Qualitäts- und Preiskriterien politisch zu gewichten.
Das Panel II wurde traditionell von den zentralen Wettbewerbsbehörden in Österreich gestaltet. Dr. Martin Janda, stellvertretender Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), präsentierte die umfangreichen Aktivitäten der Behörde im vergangenen Jahr und wies vor allem auf die Advocacy-Projekte hin, die zu einem wesentlichen Teil dem Kampf gegen Bieterabsprachen gewidmet waren. Über die abgeschlossenen und laufenden Branchenuntersuchungen in jüngster Zeit hält die BWB aber weiterhin an der Notwendigkeit der Fokussierung ihrer Ermittlungsmöglichkeiten fest.
Als zweite Amtspartei und Wettbewerbsbehörde mit justiziellem Einschlag referierte der Bundeskartellanwalt Dr. Ludwig Majer über die aus seiner Sicht wesentlichsten kartellrechtlichen Fälle des abgelaufenen Geschäftsjahres. Majer betonte auch den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Wohlstand in einer Volkswirtschaft einerseits und einem funktionierenden Kartellrecht als zentralen Baustein einer Marktwirtschaft andererseits.
Mag. Sonja Köller-Thier, Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht, setzte eigene Schwerpunkte bei ihrer Darstellung der kartellgerichtlichen Praxis, vor allem den für die Auslegung des Faire-Wettbewerbsbedingungengesetzes bedeutenden zwei Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH. Neuerlich musste sie auf die im Regierungsübereinkommen zwar berücksichtigte, aber weiterhin bestehende Personalknappheit beim Kartellgericht hinweisen.
Mag. Eduard Paulus vom Bundesverwaltungsgericht sprach über zwei wichtige EuGH-Entscheidungen im Bereich des wettbewerbsrelevanten Regulierungsrecht: einerseits zu Fragen der Entgeltregulierung im Eisenbahnbereich, andererseits über die systematische Auslegungsprobleme bei der Vervielfältigung im Medien- und Urheberrecht.
Abschließend rundete Hon.-Prof. Dr. Dr. Jörg Zehetner, KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH und Vorsitzender der Österreichischen Wettbewerbskommission, den Reigen der Präsentationen mit dem Verweis auf die letzte Schwerpunktempfehlung der Wettbewerbskommission ab. Weiters empfahl Zehetner die Lektüre des BWB-Tätigkeitsberichtes. Er betonte die - selbst innerhalb einer aufgeheizten Inflationsdebatte – große Bedeutung des EU-Beitritts für Österreich, aber dass eine weltweite Betrachtung inzwischen an Bedeutung gewonnen hat. Abschließend sprach er weiterhin bestehenden möglichen rechtsstaatlichen Defizite im Zusammenhang ua mit der Settlementpraxis in Österreich an, die aber legistisch einfach geregelt werden könnten.
Mit Blick auf das kommende Jahr erwarten die Teilnehmer:innen ein weiteres Wettbewerbssymposium, das erneut Maßstäbe für fachlichen Austausch und innovative Impulse im Bereich des Kartellrechts setzen wird.
Präsentationen:
- Dr. Martin Janda (BWB)
- Mag. Sonja Köller-Thier (Oberlandesgericht Wien)
- Dr. Ludwig Majer (Bundeskartellanwalt)
- Dr. Felicitas Parapatits (BMJ)
Impressionen:
Der Bericht wurde von Dr. Theodor Taurer, LL.M., MBA, verfasst und spiegelt die persönliche Meinung des Autors wider.