Hotellerie, Fachverband

Auswirkungen der Gewerbeordnungsnovelle 2017 auf Tourismus- und Freizeitbetriebe

Informationen der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft über die wichtigsten Änderungen für Betriebe der Branche

Lesedauer: 8 Minuten


Für Betriebe der Tourismus-, Freizeit-, Kultur- und Gesundheitswirtschaft ergeben sich einige Änderungen durch die Gewerbeordnungsnovelle 2017. Die wichtigsten Neuerungen im Berufs- und Betriebsanlagenrecht im Überblick: 

Berufsrecht

Betriebsanlagenrecht


Pferdeeinstellung als landwirtschaftliche Urproduktion

Das Einstellen von höchstens 25 Einstellpferden, d.h. von fremden Pferden, ist der landwirtschaftlichen Urproduktion zuzuordnen und unterliegt damit nicht mehr der Gewerbeordnung, wenn dabei nicht mehr als zwei Einstellpferde je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche gehalten werden und diese Flächen sich in der Region befinden.

Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse (z. B. Futtermittel, Einstreu) müssen dabei überwiegend aus dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb stammen. Daher sind auch sämtliche Flächen auf denen kein Futterertrag gewonnen werden kann – wie Hausgärten, Obstanlagen, Weingärten, Reb- und Baumschulen, Forstbaumschulen (auf landwirtschaftlichen Flächen), Energieholzflächen, Christbaumflächen – keine landwirtschaftlich genutzten Flächen im Sinne der Pferdeeinstellung als Urproduktion.

Die Voraussetzung, dass sich die landwirtschaftlich genutzten Flächen in der Region befinden müssen, ist jedenfalls dann erfüllt, wenn diese in einem Umkreis von 10 km zur Betriebsstätte liegen. 


  • max. 25 Pferde
  • max. 2 Pferde pro ha landwirtschaftlich genutzter Fläche
  • landwirtschaftlich genutzte Fläche in der Region der Betriebsstätte (Umkreis von 10 km)
  • landwirtschaftliche Erzeugnisse (z. B. Futtermittel, Einstreu) überwiegend aus dem eigenen Betrieb 


Pferdeeinstellung als landwirtschaftliches Nebengewerbe

Wie bisher können Pferde auch im Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes eingestellt und vermietet werden. Dies gilt allerdings nur für jene landwirtschaftlichen Betriebe, die eine sonstige land- und forstwirtschaftliche Urproduktion ausüben und nicht jene der Pferdeeinstellung.

Werden Pferde somit im Rahmen der landwirtschaftlichen Urproduktion eingestellt, dürfen daneben – als landwirtschaftliches Nebengewerbe – nur mehr andere Reittiere als Pferde (z. B. Esel) eingestellt werden.

Werden Pferde im Rahmen des landwirtschaftlichen Nebengewerbes eingestellt, so muss eine Unterordnung dieser Tätigkeit gegenüber dem land- und forstwirtschaftlichen Urproduktionsbetrieb vorliegen.


Werden von Einstellbetrieben die Grenzen der Urproduktion überschritten bzw. ist eine Unterordnung unter die land- und forstwirtschaftliche Haupttätigkeit nicht mehr gegeben, dann handelt es sich beim Einstellen von Pferden um eine gewerbliche Tätigkeit.



Neuregelung der allgemeinen Nebenrechte

Gewerbetreibende können im Rahmen eines Vertragsverhältnisses Leistungen anderer Gewerbe erbringen, die ihre eigenen Leistungen wirtschaftlich sinnvoll ergänzen.  Ob eine Leistung eine wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung darstellt, ergibt sich aus der Sicht des Nachfragers. 

Für diese Leistungen muss dann keine zusätzliche Gewerbeberechtigung mehr angemeldet werden, wenn folgende drei Grenzen eingehalten werden:

  • Leistungen aus reglementierten Gewerben dürfen bis zu 15 % der jeweiligen gesamten Leistung (Auftragswert bzw. Zeitaufwand) umfassen,
  • Leistungen aus freien Gewerben bis zu 30 % des Gesamtumsatzes des Wirtschaftsjahres,
  • der wirtschaftliche Schwerpunkt und die Eigenart des Betriebes müssen erhalten bleiben;

Zu beachten ist auch, dass sich Gewerbetreibende bei Ausübung der Nebenrechte entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte zu bedienen haben, soweit dies aus Gründen der Sicherheit - Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum – notwendig ist.

Darüber hinaus sind auch Ausübungsvorschriften (siehe Anm. 1) und Standesregeln wie bisher bei der Ausübung von Nebenrechten zu beachten.


  • wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung der eigenen Leistung
    • reglementierte Gewerben: bis zu 15% der jeweiligen gesamten Leistung (Auftragswert bzw. Zeitaufwand),
    • freie Gewerben: bis zu 30% des Gesamtumsatzes des Wirtschaftsjahres,
    • wirtschaftlicher Schwerpunkt und Eigenart des Betriebes müssen erhalten bleiben
  • entsprechend ausgebildete und erfahrene Fachkraft, wenn Nebenrechtstätigkeit Gefahr für Leben, Gesundheit oder Eigentum
  • Beachtung Ausübungsvorschriften 

Anwendungsbeispiele 

  • Weinhandel und Gastronomie 
    Ein entgeltlicher Ausschank von Wein durch Handelsgewerbetreibende ist nur zulässig, wenn der Kunde auch tatsächlich Wein gekauft wird. Ansonsten ist die Anmeldung eines Gastgewerbes erforderlich.
  • Fitnessstudio und Gastronomie 
    Kann ein Fitnessstudio im Rahmen des Nebenrechts entgeltlich Speisen verabreichen und Getränke ausschenken?
    Ja, wenn der Ausschank bzw. die Verabreichung ausschließlich an Gäste erfolgt, die die Leistungen des Fitnessstudios in Anspruch nehmen.
  • Hotellerie  
    Massage-, Kosmetik- oder Friseurleistungen sind bspw. aus Sicht des Hotelgastes wirtschaftlich sinnvoll ergänzende Leistungen zu seinem Hotelaufenthalt.  Da es sich um reglementierte Gewerbe handelt, dürfen diese Leistungen nicht mehr als 15% der gesamten Leistung ausmachen.  Nimmt man die Beherbergungsdauer (Zeitaufwand) von 24 Stunden, so können die Leistungen aus dem Nebenrecht (Massage, Kosmetik, Friseur) 3 ½ Stunden betragen. Für die Erbringung wird eine entsprechend ausgebildete und erfahrene Fachkraft benötigt. Die Ausübungsvorschriften der Gewerbe sind zu beachten.
    Darüber hinaus kann das Hotel Leistungen aus freien Gewerben erbringen, die die Beherbergung sinnvoll ergänzen. Solarium, Fitnessstudio oder Eventveranstaltung sind solche freien Gewerbe. Alles in allem dürfen die Leistungen die im Nebenrecht erbracht werden nicht über 30% des Gesamtumsatzes betragen.

Neue Nebenrechte des Beherbergungsgewerbes 

Anbieten und Veranstaltung von bestimmten Pauschalreisen - Anbieten und vertragliche Zusage von verbundenen Reiseleistungen

Grundsätzlich ist für das Anbieten und die Veranstaltung von Pauschalreisen und für das Anbieten und die vertragliche Zusage von verbundenen Reiseleistungen, ein Reisebürogewerbe anzumelden.

Nach der Definition der Pauschalreise-RL wird bereits das Angebot einer Übernachtung samt einer weiteren touristischen Leistung (z. B. Massage), die mehr als 25 % des Gesamtpreises ausmacht, als Pauschalreise verstanden. Dies führt dazu, dass alle Hotels, die derartige Leistungen anbieten, eine Berechtigung für das Gewerbe des Reisebüros benötigen würden.

Mit dem neuen Nebenrecht ist es Beherbergungsbetrieben nun, ohne Anmeldung eines Reisebürogewerbes, möglich, die Unterkunft in ihrem eigenen Betrieb mit folgenden sonstigen touristischen Leistungen zu kombinieren: Ski- und Liftkarten, Verleih von Sportausrüstung (siehe Anm. 2), Sport- und Wanderführungen (siehe Anm. 3), Eintrittskarten für Veranstaltungen und Freizeiteinrichtungen (siehe Anm. 4), Wellnessbehandlungen, Veranstaltung von Tagesausflügen. Ausgenommen ist die An- und Abreise der Gäste.

Die Ausnahme umfasst nur das Anbieten der kombinierten Reiseleistung. Für die konkrete sonstige touristische Leistung, wie bspw. Massage, ist eine eigene Gewerbeberechtigung erforderlich – allerdings nur sofern die Prozentgrenzen (15 %, 30 %, siehe Abschnitt „Neuerungen der allgemeinen Nebenrechte) überschritten werden.


Achtung:

Diese Ausnahme für Beherbergungsbetriebe bezieht sich nur auf die Gewerbeordnung. Die Bestimmungen der Pauschalreiserichtlinie - Informationspflichten, Haftung für das Gesamtpaket sowie die Pflicht zur Absicherung bezahlter Beträge im Falle der Insolvenz – sind davon unabhängig einzuhalten.



Massageleistungen für Beherbergungsgäste

Bis zu 15 % der gesamten Leistung, gemessen am Auftragswert oder auch am Zeitaufwand, d. h. der Beherbergungsdauer, können Massageleistungen an Beherbergungsgästen grundsätzlich nach dem allgemeinen Nebenrecht erbracht werden.   
Darüber hinaus können nun, durch ein neues Nebenrecht für Beherbergungsbetriebe, Massagen für Beherbergungsgäste erbracht werden. In diesem Fall müssen die Fachkräfte auf dem Niveau der Massage-Verordnung ausgebildet sein, wobei sie weder die Unternehmer- noch die Ausbilderprüfung abzulegen haben.


Gewerbeberechtigung – Gewerbelizenz

Mit der Novelle wird eine digitale Gewerbelizenz eingeführt. Sie umfasst sämtliche Gewerbe einschließlich der Nebenrechte. Begründet wird sie mit der Anmeldung eines Gewerbes durch einen Gewerbetreibenden, der zum Zeitpunkt dieser Anmeldung über keine Gewerbeberechtigung verfügt.  Die erste Gewerbeberechtigung ist immer anzumelden (reglementierte oder freie Gewerbe).

Liegt aber eine Gewerbelizenz vor, so ist bei weiteren Gewerbeberechtigungen zu unterscheiden: Weitere Gewerbeberechtigungen

  • für reglementierte Gewerbe müssen wie bisher angemeldet werden;
  • für freie Gewerbe müssen nur angezeigt werden.

Durch beide Vorgänge wird die Gewerbelizenz erweitert.


Entschärfung der Sperrstundenregelung („Raucherregelung“) 

Bei unzumutbarer Belästigung der Anrainer, durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes, musste die Gemeinde die Sperrstunde vorverlegen.
Nunmehr kann die Gemeinde die Sperrstunde vorverlegen, und hat vor der Beurteilung, ob eine unzumutbare Belästigung für Nachbarn vorliegt, muss ein Gutachten durch einen Sachverständigen eingeholt werden.

Dies soll Rechtssicherheit für Gastgewerbebetreibende gewährleisten, welche spätestens ab dem Jahr 2018 keine Möglichkeit mehr haben werden, ihren Gästen das Rauchen innerhalb des Gastgewerbebetriebes zu gestatten.


Keine Genehmigungspflicht für vorübergehende Tätigkeiten

Durch die neue Definition einer „gewerblichen Betriebsanlage“, entfällt für bloß vorübergehende Tätigkeiten die Betriebsanlagengenehmigung.

Bei vorübergehender Ausübung verschiedener gewerblicher Tätigkeiten, z. B. Veranstaltungen mit Gastronomie, sind allerdings weiterhin die Veranstaltungsgesetze der Länder zu beachten.


Kein Genehmigungsverfahren für bestimmte Anlagenveränderungen

Emissionsneutrale Änderungen, temporäre Änderungen und Maschinentausch können künftig ohne Anzeige- und Genehmigungspflicht erfolgen. Dadurch wird der Freiraum für Änderungen der Anlage ohne zusätzliche Bürokratie deutlich erweitert.

Der Betrieb muss z. B. sein Public Viewing nicht mehr der Behörde anzeigen, ebenso wenig emissionsneutrale Änderungen und den Maschinentausch. Beim Maschinentausch entfällt zudem die Notwendigkeit ausrangierte Geräte für Kontrollen aufzubewahren, diese können unmittelbar entsorgt/verkauft werden.


Neugestaltung vereinfachtes Genehmigungsverfahren

Die Inanspruchnahme von vereinfachten Genehmigungsverfahren wird erleichtert und die Verfahrensdauer von maximal drei auf maximal zwei Monate verkürzt. Nachbarn haben in diesem Verfahren keine Parteistellung, das heißt, dass sie keine Einwendungen und auch keine Berufung erheben können. Sie müssen jedoch von der Behörde gehört werden (Anhörungsrecht).

In der Gastronomie und Hotellerie gibt es für folgende genannten Betriebe die Möglichkeit eines vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens:

  • Gastronomiebetriebe bis zu 200 Verabreichungsplätzen, in denen lediglich Hintergrundmusik gespielt wird,
  • Beherbergungsbetriebe mit nicht mehr als 100 Fremdenbetten,
  • Mischbetriebe der Gastronomie und Beherbergung, die den Kriterien jeweils entsprechen,
  • Freie „Gastgewerbe, wie z. B. Schutzhütten, Würstelstand, Buschenschankbuffet, Gästebeherbergung bis 10 Fremdenbetten.

Wegfall von Hürden und Kosten bei Antragstellung und im Verfahren

Die maximal zulässige Verfahrensdauer wird um ein Drittel verkürzt, künftig dauert das vereinfachte Verfahren maximal zwei Monate statt bisher drei. Das ordentliche Verfahren dauert künftig maximal vier Monate statt bisher sechs.
Der Umfang der Einreichunterlagen wurde um das Eigentümerverzeichnis des Betriebsgrundstücks sowie der Nachbargrundstücke reduziert. Künftig erledigt die Behörde Grundbuchsabfragen kostenfrei anstelle des Genehmigungswerbers. Zudem entfallen die Bundesabgaben im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren.


Beraten statt Strafen bei leichten Vergehen

Künftig wird bei leichten Vergehen, bei denen keine gravierenden Gefahren oder Folgen entstanden sind, der Anlageninhaber aufgefordert, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Dies inkludiert auch eine Information über die zu treffenden Maßnahmen („beraten“). Wird die Maßnahme fristgerecht realisiert, erübrigt sich ein Verwaltungsstrafverfahren.  Hiervon erfasst sind bspw. auch gastgartenbezogene Vergehen.


Anmerkung 1
z. B.:
Gastronomie und Hotellerie – Jugendschutzgesetze, Tabakgesetz, Lebensmittel- und Hygienevorschriften, etc.
Reisebüros – Pauschalreisegesetz, Insolvenzabsicherung, Beschäftigung fachkundiger Arbeitnehmer (LAP Reisebüroassistent oder Abschluß einer höheren Schule/Handelsschule/Hotelfachschule oder mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit sowie ausreichende Kenntnisse einer Fremdsprache)
Fremdenführer – Legitimation für Mitarbeiter, fachliche Eignung der Mitarbeiter (Dienstnehmerprüfung)

Anmerkung 2
Wintersport-, Tennis-, Squash-, Golf-, Kletter-, Wander-, Nordic-Walking-, Tauch-, Reitausrüstung, Ausrüstung für Kitesurfing, Jetski, Wasserski, Wakeboards, Segways, Inlineskates & Skateboards, Fahrräder, E-Bikes, Kanus, Tretboote, Schlauchboote, Surfbretter, Stand-Up Paddle-boards, Bocciakugeln, Pfeil & Bogen

Anmerkung 3
z. B. auch Tanzkurse

Anmerkung 4
z. B. Greenfees für Golfplätze


Herausgeber: Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft
Für den Inhalt verantwortlich: Mag. Maria Schreiner 
Alle Angaben erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung des Autors oder der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft ist ausgeschlossen.

Stand: 02.07.2018