Kollektivvertrag Textilindustrie, Arbeiter/innen, gültig ab 1.4.2019

Gilt für:
Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Wien

Kollektivvertrag


abgeschlossen zwischen dem Fachverband der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie, Berufsgruppe Textilindustrie einerseits und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft PRO-GE, andererseits.

I. Geltungsbereich

räumlich: Für alle Bundesländer der Republik Österreich, ausgenommen Tirol und Vorarlberg

fachlich: Für alle dem Fachverband der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie,   Berufsgruppe Textilindustrie, angehörenden Unternehmungen bzw. selbständigen Betriebsabteilungen

persönlich: Für alle Arbeiter und Arbeiterinnen sowie für gewerbliche Lehrlinge

II. Neufestsetzung des Lohntarifes 

Die seit 1. Dezember 2018 geltenden tariflichen Mindestlöhne für die bestehenden sechs Lohngruppen ergeben sich aus dem im Anhang beigeschlossenen Lohntarif. 

III. Erhöhung der ZeitlöhnerInnen 

1. Die tatsächlich bezahlten IST-Löhne, ausgenommen der gewerblichen Lehrlinge, werden mit Wirkung ab 1. April 2019 in den Lohngruppen A bis D um 3,0 % und in den Lohngruppen E bis F um 2,8 % erhöht. Der so erhöhte IST-Lohn ist überdies darauf zu prüfen, ob er dem neuen tariflichen Mindestlohn laut Anlage entspricht. Ist dies nicht der Fall, so ist der IST-Lohn auf den neuen tariflichen Mindestlohn anzuheben. 

2. Unter IST-Lohn im Sinne des Punkt 1 ist der tatsächliche Gesamtverdienst des/der Arbeiters/Arbeiterinnen, einschließlich aller wie immer gearteten Zulagen und Prämien, mit Ausnahme der neben dem Grundlohn gesondert berechneten Schmutz-, Staub- und Gefahrenzulagen, zu verstehen.

3. Wird der Grundlohn auf den neuen tariflichen Mindestlohn angehoben, können starre Prämien und Zulagen (mit Ausnahme der neben dem Grundlohn gesondert berechneten Schmutz-, Staub- und Gefahrenzulagen) in ihrer Höhe so abgeändert werden, dass über die IST-Lohnerhöhung hinaus keine weitere Erhöhung des bisherigen tatsächlichen Gesamtverdienstes eintritt.

IV. Erhöhung bei Akkorden und akkordähnlichen Prämien (§ 9 Abschnitt A des Rahmenkollektivvertrages) 

1. Die Akkorde, gleichgültig, ob es sich um Geld- oder Zeitakkorde handelt, sind mit Wirkung ab 1. April 2019 in den Lohngruppen A bis D um 3,0 % und in den Lohngruppen E bis F um 2,8 % zu erhöhen. 
Die IST-Lohnerhöhung ist so durchzuführen, dass bei Geldakkorden die bestehenden Akkordsätze bzw. Stückpreise (also die Sätze für 1.000 Schuss, 1 kg gespultes Garn etc.), bei Zeitakkorden der bisher angewandte Minutenfaktor mit dem Umrechnungsfaktor 1,03 bzw. 1,028 multipliziert werden.

2. Erreicht oder übersteigt der um die IST-Lohnerhöhung erhöhte bisherige Akkorddurchschnittsverdienst der Gesamtheit jener ArbeiterInnen, die der gleichen in der Lohngruppeneinteilung angeführten Arbeitstätigkeit zuzuordnen sind, den neuen tariflichen Mindestlohn um 25 %, ist keine weitere Erhöhung der Akkorde vorzunehmen. (Für die Ermittlung des Akkorddurchschnittsverdienstes ist § 9 Abschnitt A (2) - (4) anzuwenden.) Ist dies nicht der Fall, ist festzulegen, welche Akkorde zu verändern sind, damit die oben genannte ArbeiterInnengruppe einen Akkorddurchschnittsverdienst von 25 % über dem neuen tariflichen Mindestlohn erreicht.

3. Bei Entlohnungsformen, bei denen sich der Gesamtverdienst aus einem Akkordverdienst und einem Prämienverdienst zusammensetzt, z. B. Qualitätsprämien u.ä., wird lediglich der Akkordverdienst von der IST-Lohnerhöhung erfasst, die Prämie bleibt in ihrer betragsmäßigen Höhe unverändert. Der Überprüfung im Sinne des Punkt 2 ist daher ebenfalls nur der Akkorddurchschnittsverdienst zugrunde zu legen.

4. Bei akkordähnlichen Prämien (§ 9 Abschnitt A des Rahmenkollektivvertrages) sind für die Erhöhung der IST-Löhne die Bestimmungen des Punkt 1 und 2 über die Akkorde sinngemäß anzuwenden. Ist die Voraussetzung des Punkt 2 erfüllt und führt die Erhöhung des Grundlohnes zu einer über die IST-Lohnerhöhung gemäß Punkt 1 hinausgehenden Erhöhung des Gesamtdurchschnittsverdienstes der Prämiengruppe, sind die Prämien in ihrer Höhe so abzuändern, dass über die IST-Lohnerhöhung hinaus keine weitere Erhöhung des bisherigen Gesamtdurchschnittsverdienstes (Grundlohn plus Prämie) eintritt. 

V. Erhöhung bei variablen Leistungsprämien  (§ 9 Abschnitt B des Rahmenkollektivvertrages)

1. Der Gesamtdurchschnittsverdienst (Grundlohn plus Prämie) der Prämiengruppe ist mit Wirkung vom 1. April 2019 in den Lohngruppen A bis D um 3,0 % und in den Lohngruppen E bis F um 2,8 % zu erhöhen.

2. Durchführung der IST-Lohnerhöhung:
Die IST-Lohnerhöhung ist nach Maßgabe folgender Bestimmungen vorzunehmen:
Für die einzelnen Prämiengruppen wird der bisherige Gesamtdurchschnittsverdienst ermittelt. Unter "Prämiengruppe" im obigen Sinne sind alle ArbeiterInnen zusammenzufassen, die die gleiche im Prämienlohn vergebene Tätigkeit verrichten. Der Berechnung des Gesamtverdienstes sind die letzten dreizehn, vor dem 1. April 2019 liegenden Lohnwochen zugrunde zu legen. Wurden im Berechnungszeitraum Veränderungen der Prämien vorgenommen, die den Verdienst beeinflussen, sind die in der Zeit vor der Abänderung bestehenden Prämien entsprechend aufzuwerten. Aus Gründen einer abrechnungsmäßigen Vereinfachung kann für die Ermittlung des bisherigen Gesamtdurchschnittsverdienstes auch ein anderer Zeitraum, für den derartige Durchschnittsberechnungen bereits vorliegen, im Einvernehmen mit dem Betriebsrat herangezogen werden.

Der so ermittelte Gesamtdurchschnittsverdienst der Prämiengruppe ist um den Faktor der ISTLohnerhöhung pro Monat zu erhöhen. Um den so ermittelten Erhöhungsbetrag ist der Grundlohn anzuheben.

Erreicht trotz der IST-Lohnerhöhung der Prämiengrundlohn nicht den neuen Tariflohn, so ist der Prämiengrundlohn auf den neuen Tariflohn anzuheben.

3. Führt die Erhöhung des Grundlohnes zu einer über die IST-Lohnerhöhung gemäß Punkt 1 und 2 hinausgehenden Erhöhung des Gesamtdurchschnittsverdienstes der Prämiengruppe, sind die Prämien in ihrer Höhe so abzuändern, dass über die IST-Lohnerhöhung hinaus keine weitere Erhöhung des bisherigen Gesamtdurchschnittsverdienstes (Grundlohn plus Prämie) eintritt.

VI. Änderungen des Rahmenkollektivvertrages (RKV) vom 1. April 2016 für die ArbeiterInnen der österreichischen Textilindustrie

Geändert wird ANHANG 5, "B) Inlandsdienstreisen"

§1 (5) Reisekosten und Aufwandsentschädigung 
Das Taggeld gemäß § 1 (5) Reisekosten- und Aufwandsentschädigung wird von € 50,62 auf € 51,64 erhöht. Die volle Reiseaufwandsentschädigung (Tag- und Nachtgeld) wird von € 73,94 auf € 74,96 erhöht.

§ 2 (4) Trennungskostenentschädigung   
Die Trennungskostenentschädigung gemäß § 2 (4) wird von € 21,29 auf € 21,72 erhöht. 

§ 3 (1) Messegelder   
Das Messegeld gemäß § 3 (1) wird von € 23,45 auf € 23,92 erhöht.

Eingefügt wird in der Ziffer (5) im § 5 Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit, Schicht- und Nachtarbeit nach dem ersten Absatz und vor den Worten "Die Überstundengrundvergütung beträgt…"

Ab 1.1.2020 gilt weiters: Für die 11. und 12. Arbeitsstunde an einem Tag gebührt, ausgenommen Arbeitsstunden im Rahmen gleitender Arbeitszeit, ein Zuschlag von 100 %. Dies gilt auch bei gleitender Arbeitszeit, sofern Überstunden ausdrücklich angeordnet werden. Werden in einer Arbeitswoche mehr als 50 Stunden geleistet, so gebührt, ausgenommen Arbeitsstunden im Rahmen gleitender Arbeitszeit, ab der 51. Arbeitsstunde, sofern es sich um eine Überstunde handelt, ein Zuschlag in Höhe von 100 %. Dies gilt auch bei gleitender Arbeitszeit, sofern Überstunden ausdrücklich angeordnet werden.

Pausen:
Werden Überstunden geleistet, so ist nach Ende der achten und vor Beginn der elften Arbeitsstunde eine bezahlte Pause von mindestens zehn Minuten zu gewähren, die in die Arbeitszeit einzurechnen ist. Innerbetrieblich bereits bestehende gleichwertige oder günstigere Regelungen – aus welchem Titel auch immer - sind auf diese Pause anzurechnen. Kein Anspruch auf diese Pause besteht, wenn die nach der zehnten Stunde zu erbringende Arbeitsleistung voraussichtlich nicht länger als 60 Minuten dauert.

Eingefügt wird neu eine Ziffer (11) im § 5 Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit, Schicht- und Nachtarbeit

(11) Verbrauch von Zeitguthaben:
Wurde die Abgeltung für Überstunden durch Zeitausgleich vereinbart, so legt der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin den Verbrauch der Zeitguthaben fest, doch hat er bzw. sie sich um das Einvernehmen mit dem Arbeitgeber zu bemühen. Kommt das Einvernehmen nicht zustande, kann er bzw. sie mit einer Vorankündigungszeit von vier Wochen den Verbrauchszeitpunkt für jeweils bis zu fünf Arbeitstage bzw. fünf Schichten einseitig festlegen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden nicht verbrauchte Zeitguthaben ausbezahlt.

Eingefügt wird in der Ziffer (1) im § 21 Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach der Tabelle der Dauer der Kündigungsfristen und vor den Worten "Endet das Arbeitsverhältnis durch …"

Ab dem 1.1.2021 gilt hinsichtlich der Kündigungstermine bei Arbeitgeberkündigung folgende Regelung: Für alle bestehenden sowie künftig neu begründeten Dienstverhältnisse gilt im ersten Jahr des Dienstverhältnisses der Fünfzehnte und letzte Tag eines jeden Kalendermonats als vereinbarter Kündigungstermin. Ab dem zweiten Jahr des Dienstverhältnisses gilt nur mehr der letzte Tag eines jeden Kalendermonats als vereinbarter Kündigungstermin.

Eingefügt wird neu § 8e Pflichtpraktikanten/Pflichtpraktikantinnen

Schülern/Schülerinnen von mittleren und höheren Schulen, die aufgrund schulrechtlicher Vorschriften ein Betriebspraktikum ableisten müssen, gebührt abweichend von den Regelungen dieses Abschnittes für die Dauer eines vorgeschriebenen Betriebspraktikums (maximal 1 Monat pro Kalenderjahr – ausgenommen längere Betriebspraktika aufgrund des Schulversuchs bei vierjährigen technischen Fachschulen) ein Monatslohn in Höhe der Lehrlingsentschädigung im 2. Lehrjahr (laut Tabelle bei 3- bzw. 4-jähriger Lehrzeit). Dies gilt auch, wenn nur eine teilweise Arbeitspflicht besteht. Sehen die Praktikumsvorschriften eine Anwesenheit im Betrieb von weniger als 38,5 Stunden pro Woche vor (z. B. vier Tage pro Woche), so gebührt der der vorgesehenen Anwesenheitszeit entsprechende Teil des Monatslohns.

VII. Geltungsbeginn

Inkrafttreten: 1.4.2019

Wien, 21.3.2019

FACHVERBAND TEXTIL-, BEKLEIDUNGS-, SCHUH- UND LEDERINDUSTRIE

Der Obmann:

Ing. Manfred Kern

Die Geschäftsführerin:

Mag. Eva Maria Strasser 


BERUFSGRUPPE TEXTILINDUSTRIE

Der stv. Vorsitzende:

DI Georg Comploj 

Die Berufsgruppenleiterin:

Mag. Ursula Feyerer


ÖSTERREICHISCHER GEWERKSCHAFTSBUND 
GEWERKSCHAFT PRO-GE

Der Bundesvorsitzende:

Rainer Wimmer


Der Bundessekretär: 

Peter Schleinbach

Der Sekretär:

Gerald Kreuzer


Lohntarif für die Textilindustrie (ausgenommen Tirol und Vorarlberg)

gültig ab 1.4.2019

Lohngruppe                                                                              €/Monat

A ...................................................................................... 1.500,00
Tätigkeiten einfacher Art, auch mit kurzer Einarbeitung und Einweisung 

B ...................................................................................... 1.530,00
Tätigkeiten mit kurzer Zweckausbildung 

C ...................................................................................... 1.561,00
Tätigkeiten mit längerer Zweckausbildung und Fachkenntnissen 

D ...................................................................................... 1.592,00
Tätigkeiten mit längerer Zweckausbildung, die entsprechende Fachkenntnisse, selbständige Ausführung sowie Verantwortung erfordern 

E ...................................................................................... 1.623,00
Facharbeiter/innen oder Arbeitnehmer/innen, die Tätigkeiten ausüben, für die typischerweise der Abschluss einer einschlägigen Berufsausbildung erforderlich ist 

F ................................................................................... 1.658,00
SpitzenfacharbeiterInnen

Lehrlingsentschädigung 

Die Lehrlingsentschädigung beträgt ab 1.4.2019:

Bei 4-jähriger Lehrzeit in Euro:Bei 2-jähriger Lehrzeit:
  Tabelle I Tabelle II   Tabelle I Tabelle II
im 1. Lehrjahr 676,00 829,00 im 1. Lehrjahr 676,00 829,00
im 2. Lehrjahr 823,00 1.093,00 im 2. Lehrjahr 921,00 1.194,00
im 3. Lehrjahr 1.047,00 1.351,00      
im 4. Lehrjahr 1.287,00 1.559,00      

Die Tabelle II gilt für Lehrlinge, deren Lehrverhältnis nach Vollendung des 18. Lebensjahres oder nach bestandener Reifeprüfung beginnt.