Zwei Personen stehen vor Monitor einer Anlagenregelung, eine Person hält Steuerungsmaus in Hand
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Die behördenfitte Betriebsanlage

Betriebsanlagencheck

Lesedauer: 5 Minuten

31.05.2023

Viele neue Betriebsgründer aber auch Inhaber einer Gewerbeberichtigung stellen sich die berechtigte Frage, ob und wann man eine Betriebsanlagengenehmigung benötigt.

Diese Frage ist in der Praxis oft nicht einfach zu beantworten, da die Gewerbeordnung regelt, dass jeder Betrieb, der geeignet ist, durch Emissionen Nachbarn zu stören, belästigen oder in ihrer Gesundheit zu gefährden, einer Genehmigung bedarf. Es kommt daher nicht auf eine tatsächliche Störung an, sondern reicht bereits die Möglichkeit einer Störungseignung. Es ist daher möglich, mittels Feststellungsbegehren an die Gewerbebehörde einen Antrag zu stellen, ob eine Betriebsanlage genehmigungspflichtig ist oder nicht.

Die zweite Freistellungsverordnung nimmt Typen von Betriebsanlagen von der Genehmigungspflicht aus.

Darüber hinaus muss eine genehmigte Betriebsanlage alle fünf Jahre einer Überprüfung gemäß § 82b GewO unterzogen werden, Bagatellanlagen gemäß § 359b GewO alle sechs Jahre. Eine nicht durchgeführte Überprüfung sowie Nichtbeseitigung von Mängeln kann zu einer Verwaltungsstrafe, aber auch zur Leistungsfreiheit einer bestehenden Anlagenversicherung führen.

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Die Genehmigungsfreistellungsverordnung befreit eine große Zahl von kleinen Betriebsanlagen (Betriebsanlagen mit geringem Gefährdungspotenzial) von der Genehmigungspflicht und stellt einen wichtigen Schritt in Richtung Bürokratieabbau dar. Durch den Entfall der Genehmigungspflicht können Gründer schneller starten. Die Verordnung beendet die länderweise unterschiedliche Genehmigungspraxis der zuständigen Behörde und schafft durch den klar definierten Entfall der Genehmigungspflicht für bestimmte Betriebstypen mehr Rechtssicherheit. Ab sofort gelten österreichweit die gleichen Regelungen hinsichtlich genehmigungsfrei gestellter Betriebsanlagen. Langfristig profitieren bis zu 90.000 Unternehmen von weniger Verwaltungsaufwand und mehr Rechtssicherheit.

Berechnet man externe Kosten und den eigenen Zeitaufwand, beläuft sich die Kostenersparnis für Gründer pro Fall auf rund € 2.000,-- bis € 3.000,--. Für die Wirtschaft insge-samt entfallen Kosten im Ausmaß von rund 6,6 Millionen € pro Jahr.

Der Einsparungseffekt durch die erste Genehmigungsfreistellungsverordnung aus 2015 und die aktuelle Novelle dazu beläuft sich schätzungsweise auf insgesamt 15,4 Millionen Euro.

Grundsätzlich umfassen die in der Verordnung aufgezählten Betriebsanlagentypen alle die zu einer solchen Betriebsanlage gehörenden Verwendungen von Maschinen, Geräten, Ausstattungen und Betriebsweisen. Entscheidend ist das Erscheinungsbild der Betriebsanlage nach ihrem Typus.

Welche Betriebsanlagen werden in der Verordnung ausdrücklich erwähnt?

  • Einzelhandelsbetriebe inklusive Lebensmittelhandel*
  • Bürobetriebe wie Reisebüros
  • Lager
  • Kosmetik- Fußpflege- und Massagebetriebe
  • Frisöre, Floristen und Bandagisten
  • Änderungsschneidereien, kleine Schneidereien und Schuhservicebetriebe
  • Fotografen
  • Dentalstudios und gewerbliche zahntechnische Labors
  • Beherbergungsbetriebe mit max 30 Betten
  • Eissalons mit und ohne Gastgarten
  • Übernahmestellen von Textilien für Textilreiniger und Wäschebügler
  • Rechenzentren
  • Betriebsanlagen, die innerhalb einer Eisenbahnanlage liegen
  • Betriebsanlagen, die innerhalb eines Flugplatzes liegen
  • Betriebsanlagen, die innerhalb eines Hafens liegen
  • Betriebsanlagen, die innerhalb einer Krankenanstalt liegen
  • Betriebsanlagen, die innerhalb einer genehmigten Gesamtanlage liegen

* „Einzelhandel“ ist als Betriebstype anzusehen, deren Merkmal die Abgabe von Gebrauchsgütern an Letztverbraucher ist. Wesentlich ist das Erscheinungsbild der Betriebsanlage als Einzelhandelsbetrieb, nicht aber die Gewerbeberechtigung, deren Ausübung der Betrieb einer solchen Einzelhandelsbetriebsanlage dient. Gängige Tätigkeiten, die in Einzelhandelsbetriebsanlagen ausgeübt werden, sind beispielsweise Uhren und Schmuckhandel, Textilhandel, Papierhandel, Blumenhandel/Floristik, Drogerien/Parfümerien, Foto/Optik, Spielwarenhandel, Handel mit Elektrogeräten usw.

Dabei kommt es auf das Erscheinungsbild der Betriebsanlage nach außen an.

Der Begriff „Betriebsfläche“ ist in dem Sinne zu verstehen, wie er auch in § 359b GewO 1994 verwendet wird und erfasst sämtliche betrieblich genützte Flächen, inkludiert also im Sinne des Grundsatzes der Einheit der Betriebsanlage auch Lagerflächen usw.

Eine Arbeitsstättenbewilligung nach § 92 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) ist grundsätzlich für die in der 2. Genehmigungsfreistellungsverordnung genannten Betriebsanlagen nicht erforderlich, da von diesen nur ein geringes Gefährdungspotential ausgeht.

Sollten Ausnahmegenehmigungen von der Arbeitsstättenverordnung nach § 95 Abs. 3 ASchG (z.B. Ausnahmen von der Raumhöhe in verbauten Stadtgebieten) erforderlich sein, kann gesondert um diese angesucht werden.

"Lager“ sind Einrichtungen zur Aufbewahrung von Waren, Stoffen oder Gemischen in ortsbeweglichen oder ortsfesten Behältern bzw. Verpackungen. Zur betriebstypischen Tätigkeit in Lagern gehört auch die mögliche Veränderung der Mengenzusammensetzung der Aufbewahrungs- oder Verpackungseinheiten (z.B. Entnahme kleinerer Verpackungseinheiten aus Überverpackungen, Umpacken, Zusammenpacken kleinerer Verpackungseinheiten in Überverpackungen). Notwendige Nebeneinrichtungen, beispielsweise ein Lagerbüro, sind dann als Bestandteil eines Lagers anzusehen, wenn sie hinsichtlich der beanspruchten Fläche nur ein untergeordnetes Ausmaß besitzen und dem Betriebsanlagenzweck Lager zu dienen bestimmt sind.
Über die reinen Manipulationstätigkeiten zwecks Ein- oder Auslagerung hinausgehende Tätigkeiten, wie etwa offenes Umfüllen von Flüssigkeiten, sind vom Begriff "Lagerbetrieb" im Sinne dieser Verordnung nicht mehr umfasst und sind daher nicht genehmigungsfrei gestellt.

Die für den Übergang zwischen Lagerung und Transport notwendigen Manipulationstätigkeiten dürfen auch im Freien stattfinden.

Grundsätzlich obliegt es dem Betriebsinhaber in seiner Eigenverantwortung festzustellen, ob seine Betriebsanlage der Genehmigungsfreistellungsverordnung unterliegt. Unterstützung erhalten Sie dabei von den Expertinnen und Experten Ihrer Wirtschaftskammer.

Im Zweifelsfalle kann sich der Betriebsinhaber am Projektsprechtag bei der zuständigen Behörde davon vergewissern. Die Beratungsergebnisse sollten per Aktenvermerk dokumentiert und vom Betriebsinhaber aufbewahrt werden.

  1. Gilt die Verordnung nur für die dort angeführten Betriebsanlagen?
    Wichtig ist der Hinweis, dass die Aufzählungen in der Verordnung nur beispielhaft sind. Die Behörde kann aufgrund einer Einzelfallbetrachtung auch bei allen anderen nicht unter die Verordnung fallenden Betriebsanlagen feststellen, dass aufgrund der Gewerbeordnung keine Genehmigungspflicht besteht.
  2. Was ist zu beachten, wenn ich unsicher bin, ob meine Betriebsanlage unter die Genehmigungsfreistellungsverordnung fällt?
    Grundsätzlich
    obliegt es dem Betriebsinhaber in seiner Eigenverantwortung festzustellen, ob seine Betriebsanlage der Genehmigungsfreistellungsverordnung unterliegt. Unterstützung erhalten Sie dabei von den Expertinnen und Experten Ihrer Wirtschaftskammer. 

    Im Zweifelsfalle kann sich der Betriebsinhaber am Projektsprechtag bei der zuständigen Behörde davon vergewissern, dass keine Genehmigungspflicht besteht. Die Beratungsergebnisse sollten per Aktenvermerk dokumentiert und vom Betriebsinhaber aufbewahrt werden.

    Wenn Zweifel nicht anders ausgeräumt werden können, kann auch ein Antrag nach § 358 GewO eingebracht werden (Erlassung eines Feststellungsbescheides, ob die Betriebsanlage genehmigungspflichtig ist), über den von der Behörde zu entscheiden wäre.


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