Erdkugel aus Glas liegt auf Moos und Farnen, Hintergrund grün verschwommen
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Änderung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000

Reform bringt Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren

Lesedauer: 4 Minuten

Unternehmen, die die Errichtung von UVP-Anlagen vorhaben, für die eine Umwelt­verträglichkeits­prüfung erforderlich ist bzw. Unternehmen, die solche Anlagen bereits betreiben oder ändern, wird die Reform der UVP-Verfahren eine spürbare Erleichterung bringen. Viele der neuen Regelungen führen zur Beschleunigung und zur Vereinfachung des Verfahrens und unterstützen weiters die Energiewende.

Wesentliche Änderungen im Überblick 

  • Das UVP-Genehmigungsverfahrens erhält eine verbesserte Struktur, so ist ein Vorbringen nur mehr innerhalb eines Zeitplans möglich. Verspätete Vorbringen (nach Fristablauf) sind nicht mehr zu berücksichtigen. Verfahrensverschleppungen wird dadurch ein Riegel vorgeschoben. Neue Tatsachen und Beweismittel sind spätestens eine Woche vor der mündlichen Verhandlung bei der Behörde einzubringen.
  • Die an die Kundmachungsform geknüpfte Präklusionsregelung gilt in allen UVP-Verfahren. D.h., wer nicht zeitgerecht (innerhalb der Auflagefrist) Einwendungen erhebt, verliert die Parteistellung.
  • Ein sukzessives „Nachschieben“ von Beschwerdegründen ist nicht mehr zulässig. Damit werden auch die Verfahren vor Gericht deutlich verkürzt.
  • Durch das „Einfrieren des Stands der Technik“ bereits zu Verfahrensbeginn werden Verfahrensschleifen verhindert. Damit ersparen sich Projektwerber ständiges mühsames Nachziehen ihrer Unterlagen auf einen im Laufe des UVP-Verfahrens geänderten Stand der Technik.
  • Bestimmungen betreffend ökologische Maßnahmen (Ausgleichsmaßnahmen und Ersatzmaßnahmen) werden deutlich vereinfacht.
    • Gemeinden, in denen nur Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen vorgesehen werden, gelten nicht als Standortgemeinden. Sie haben keine Parteistellung im Verfahren.
    • Erleichterung durch Flächenpool: Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen, die auf Vorratsflächen durchgeführt wurden, können im UVP-Verfahren angerechnet werden.
    • Maßnahmenkonzept genügt für Genehmigung: Können Ausgleichsmaßnahmen zum Genehmigungszeitpunkt noch nicht ausreichend konkretisiert werden, kann ein Maßnahmenkonzept genehmigt werden.
    • Ausgleichszahlungen sind anstelle von Maßnahmen möglich.
  • Für immissionsneutrale Änderungen reicht ein Anzeigeverfahren anstelle eines Änderungsverfahrens.
  • Erleichterte Anpassung an den technologischen Fortschritt („technologische Weiterentwicklung“ durch Umgang wie bei immissionsneutraler Änderung.
  • Anstelle einer worst-case-Betrachtung hat die Behörde bei der Genehmigungsentscheidung ein realistisches Szenario (über die Umweltauswirkungen des Vorhabens) zugrunde zu legen. Durch Auflagen mit Augenmaß ist mit Kostenersparnissen für Projektwerber zu rechnen.
  • Ein Effizienzgewinn durch Digitalisierung wird insbesondere durch Zuschalten von Sachverständigen bei mündlichen Verhandlungen erfolgen. Online- oder Hybridverhandlung sind unter Berücksichtigung der AVG-Verfahrensgrundsätze (Einfachheit, Raschheit, Zweckmäßigkeit, Kostenersparnis) möglich
  • Wiederaufnahme des Verfahrensdauermonitorings - damit ist wieder mehr Transparenz über die tatsächlichen UVP-Verfahrensdauern gegeben.
  • Information Sharing/Ausbau des Investorenservices: Projektwerber können auf vorhandene Grundlagendaten bei der Behörde zugreifen und ersparen sich dadurch zeit- und kostenaufwändige Erhebungen.
  • Erleichterungen bei der Abnahmeprüfung geben der Behörde die Möglichkeit, nachträglich geringfügige Abweichungen zu genehmigen. Änderungen, die der technologischen Weiterentwicklung dienen sowie immissionsneutrale Änderungen gelten jedenfalls als „geringfügig“.
  • Durch verstärkte Bindungswirkung der SUP kann beim Umweltverträglichkeitsgutachten verstärkt auf Erkenntnisse aus der SUP aufgebaut werden. Doppelprüfungen werden damit vermieden.
  • Eine Klarstellung führt dazu, dass Umweltorganisationen ein Revisionsrecht nur dann zukommt, wenn sie im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Parteistellung hatten.
  • Erleichterungen für den Ausbau der Erneuerbaren („Vorhaben der Energiewende“) gelten für genannte Tatbestände in Anhang 1: Energiewirtschaft (Z. 4 und 6), Rohrleitungen (Z. 13), Starkstromfreileitungen (Z. 16), Tiefbohrungen (Z. 28 und 33), Wasserwirtschaft, einschließlich Pumpspeicherkraftwerke (Z. 30 und 31), Rodungen und Trassenaufhiebe, sofern sie für die vorgenannten Vorhaben erforderlich sind (Z. 46), Abfallwirtschaft (Z. 1 und 2), Lagerung von brennbaren Gasen in Behältern (Z. 80 lit. b) und für den Eisenbahnausbau (Z. 10 des Anhanges 1 und des § 23b)
  • Nach durchgeführter SUP darf die Genehmigung nicht ausschließlich wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbilds versagt werden.
  • Sofern in einem Bundesland Vorrangs- oder Eignungsflächen (im Einklang mit EAG-Zielen) ausgewiesen sind, braucht es keine Flächenwidmung mehr. Besteht keine entsprechende überörtliche Raumplanung, ist die Zustimmung der Standortgemeinde zum Antrag erforderlich.
  • „Vorhaben der Energiewende“ sind im „hohen öffentlichen Interesse“ gelegen. Das erleichtert die Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens.
  • Die Behörde hat, wenn keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstehen, die aufschiebende Wirkung einer nicht ausreichend substanziierten Beschwerde gegen den Genehmigungsbescheid abzuerkennen. Damit ist ein sofortiger Baubeginn möglich.
  • Das bestehende Genehmigungskriterium betreffend die Begrenzung von Emissionen von Schadstoffen nach dem Stand der Technik wird durch eine taxative Aufzählung der betroffenen Treibhausgase konkretisiert. Dadurch bestehen nun Erleichterungen für Anlagen, die dem Emissionshandel unterliegen.
  • Neu ist die Vorlage eines Bodenschutzkonzepts bei den Einreichunterlagen. Es sind Auswirkungen des Vorhabens auf Boden und Fläche in den Antragsunterlagen (der UVE) darzustellen.
  • Die Alternativenprüfung wurde an das Wording der UVP-Richtlinie angepasst.
  • Um das besser strukturierte Verfahren zu erleichtern, hat der Projektwerber in seiner UVE seine Angaben in „prioritär“ und „nicht prioritär“ zu gliedern.
  • Der Zeitplan ist bei erheblichen Änderungen von der Behörde zu aktualisieren. Das soll zu mehr Flexibilität beitragen.
  • Eine Klarstellung führt dazu, dass Bürgerinitiativen auch im vereinfachten Verfahren Parteistellung haben.
  • Änderungen in Anhang 1 (Liste der UVP-pflichtigen Vorhaben) betreffen Abfallbehandlungsanlagen, Energiewirtschaft, Tätigkeiten mit radioaktiven Stoffen, Infrastrukturprojekte, Bergbau, Wasserwirtschaft und die Land- und Forstwirtschaft.  

Die Änderungen wurden am 22. März 2023 kundgemacht und treten am 23. März 2023 in Kraft. Für Vorhaben, für die beim Inkrafttreten der Novelle ein Genehmigungsverfahren anhängig ist, sind Änderungen in Anhang 1 nicht anwendbar. Außer auf Wunsch des Projektwerbers.
Die Erleichterungen, wie z.B. für immissionsneutrale Änderungen gelten auch für Vorhaben, für die bereits ein Verfahren vor Inkrafttreten der Novelle eingeleitet wurde.

Stand: 23.03.2023

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