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Bundes­­vergabe­gesetz-Novelle 2016 - Schwer­punkt faire und regionale Ver­gabe

Bestbieter- statt Billigbieterprinzip

Lesedauer: 3 Minuten

Grundsätzliches:

Seit der am 1.03.2016 in Kraft getretenen BVergG-Novelle 2016, BGBl. I Nr. 7/2016, gilt bei öffentlichen Aufträgen nunmehr das Best- statt des Billigstbieterprinzips. So wird etwa bei Bauaufträgen mit einem Auftragsvolumen von mehr als einer Million Euro der Fokus stärker auf Qualitätskriterien, Regionalität und Folgekosten gelegt. Das Bestbieterprinzip wird auch auf Teile der Lebensmittelbeschaffung ausgedehnt, um auch in diesem Bereich einen qualitativ hochwertigen Einkauf der öffentlichen Hand zu sichern. Darüber hinaus sollen insbesondere Lohn- und Sozialdumping durch eine neue Subunternehmerregelung verhindert werden. 

Die bisherige Vergabepraxis führte immer wieder zu einer Benachteiligung regionaler Klein- und Mittelbetriebe. Eine Ursache dafür lag in der Vernachlässigung des „Bestbieterprinzips“ zu Gunsten des „Billigstbieterprinzips“. Der harte Kampf um das günstigste Angebot wurde unter anderem zum Preis des Lohn- und Sozialdumpings geführt, Scheinfirmen beteiligten sich an Ausschreibungen und die Auftragsketten zwischen Bietern, Sub- und Sub-Subunternehmen waren mitunter kaum nachvollziehbar. Heimische KMU gerieten aufgrund der verschärften Wettbewerbsbedingungen oft ins Hintertreffen – und mit ihnen die Sicherung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen vor Ort. 

Welche wesentlichen Neuerungen brachte die Novelle?

Die Novelle sieht eine strengere Verankerung des Bestbieterprinzips vor. Damit soll die Entstehung von Preisdruck verhindert werden, der in der Kette der ausführenden Unternehmen weitergegeben wird und zu Lohn- und Sozialdumping führen kann. 

Für bestimmte Vergabeverfahren ist das Bestbieterprinzip nunmehr verpflichtend. Das bedeutet, dass in den im Gesetz genannten Konstellationen nicht mehr alleine der niedrigste Preis für den Zuschlag maßgeblich sein darf, sondern daneben zumindest ein weiteres Zuschlagskriterium vom Auftraggeber festgelegt werden muss. 

Dem Zuschlag muss ein Qualitätswettbewerb zugrunde liegen. Dem Auftraggeber bleibt nur in den Fällen, in denen der Qualitätsstandard einer Leistung klar und eindeutig beschrieben werden kann (z.B. bei bestimmten Arten von standardisierten Rohbauarbeiten oder bei Lieferungen von Waren mit einem hohen Standardisierungsgrad), die Möglichkeit, das Angebot allein aufgrund des niedrigsten Preises zu wählen. Es muss also ein Vergleichsstandard existieren, der die angebotenen Leistungen objektiv vergleichbar macht. In den anderen Fällen und in den gesetzlich ausdrücklich dem Bestbieterprinzip unterworfenen Konstellationen, sind Ausschreibungen, die faktisch das Billigstbieterprinzip anwenden, rechtswidrig und bekämpfbar. Der Auftraggeber hat die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung rechtzeitig bekannt zu geben.  

Welche Auswirkung haben diese Bestimmungen im Zusammenhang mit Subunternehmern?

Bieter haben gleichzeitig mit dem Angebot sämtliche Sub- und Subsubunternehmer bekanntzugeben, die an der Erfüllung des ausgeschriebenen Auftrages mitwirken sollen. Bei vorliegender sachlicher Rechtfertigung kann diese Bekanntgabepflicht auf Kernbereiche des Auftrags eingeschränkt werden.  

Nachdem ein Zuschlag erteilt wurde, darf ein Wechsel eines bekanntgegebenen Subunternehmers oder die Heranziehung neuer Subunternehmer nur mit Einwilligung des Auftraggebers geschehen. Die allfällige Verweigerung der Zustimmung muss sachlich begründet werden. Dem Auftraggeber ist ein Einblick in die Ausführungsstruktur der Bieter zu ermöglichen. Außerdem kann der Auftraggeber nunmehr für bestimmte Vertragstypen festlegen, dass sensible Aufgaben (z.B. bei Bau- und Dienstleistungsaufträgen) des Auftrages vom Auftragnehmer selbst auszuführen sind.

Welche Überprüfungspflicht trifft die Auftraggeber?

Das Kompetenzzentrum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfung (LSDB) in Wien verwaltet eine zentrale Strafevidenz, die sämtliche in diesem Zusammenhang erlassenen und rechtskräftig gewordenen Strafbescheide – insbesondere wegen Unterentlohnung – enthält. 

Welche Klarstellung trifft der Gesetzgeber zur Losregelung?

Die Novelle bestätigt ausdrücklich die geübte Praxis, dass auch im Oberschwellenbereich (Schwellenwert von derzeit 5,538.000 EUR exkl. USt) von klassischen Auftraggebern ein bestimmter Teil der Lose (bzw. Gewerke) nach den Regeln des Unterschwellenbereichs vergeben werden darf.

Da ausdrücklich der Wert des einzelnen Loses als Auftragswert gilt, ist die Direktvergabe eines solchen Loses (bei einem Wert unter 100.000 EUR) auch im Oberschwellenbereich möglich.     

Anhang: Gesetzliche Regelungen

§ 91 Abs 4 und 5 BVergG lautet: 

(4) In den Ausschreibungsunterlagen ist anzugeben, ob der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder – sofern der Qualitätsstandard der Leistung durch den öffentlichen Auftraggeber in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht klar und eindeutig definiert ist – dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden soll. Die Ermittlung des aus der Sicht des öffentlichen Auftraggebers technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes erfolgt aufgrund der Ermittlung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses entweder anhand eines Kostenmodells oder anhand von bekannt gegebenen Zuschlagskriterien. 

(5) Der Zuschlag ist bei der Vergabe folgender Leistungen dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot zu erteilen: 

  1. Bei Dienstleistungen – insbesondere bei geistigen Dienstleistungen-, die im Verhandlungsverfahren gemäß § 34 Z 2 bis 4 vergeben werden sollen, oder
  2. Wenn die Beschreibung der Leistung im Wesentlichen funktional erfolgt, oder
  3. Bei Bauaufträgen, deren geschätzter Auftragswert mindestens 1 Million EUR beträgt oder
  4. Wenn es sich um eine Auftragsvergab im Wege eines wettbewerblichen Dialoges handelt oder
  5. Wenn es sich um eine Auftragsvergabe im Wege einer Innovationspartnerschaft handelt.

Stand: 01.01.2024

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