Eine erwachsene Hand und eine Kinderhand halten beide gemeinsam ein Miniatur-Haus
© RuZi | stock.adobe.com

Erb- und Pflichtteilsrecht – anwendbar auf Todesfälle ab 1.1.2017

Erbrechts-Änderungsgesetz 2015

Lesedauer: 14 Minuten

Mit dem Tod einer Person enden nur ihre höchstpersönlichen Rechte (z.B. Unterhaltsansprüche, Namensrecht, Wahlrecht) und Pflichten (z.B. Strafen). Alle sonstigen Rechte und Pflichten sind vererblich.


Achtung: Mit dem Erbrechts-Änderungsgesetz 2015 wurde das Erbrecht in vielen Punkten neu geregelt. Die neuen Bestimmungen gelten für Todesfälle nach dem 31.12.2016. Im Folgenden wird die seit 1.1.2017 geltende Rechtslage dargestellt.

Wer im konkreten Fall zur Erbschaft berufen ist, ergibt sich aus dem Gesetz oder einem allenfalls vorhandenen Testament (testamentarische Erbfolge). Beschränkt wird die Testierfreiheit durch das Pflichtteilsrecht.

1. Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge kommt vor allem dann zur Anwendung, wenn der Verstorbene kein gültiges Testament (siehe unten, Punkt 2) errichtet hat. Wenn der Verstorbene nur über Teile seines Vermögens verfügt hat, kommt die gesetzliche Erbfolge für das verbleibende Vermögen zum Tragen. 

Nach der gesetzlichen Erbfolge kommen die Rechte und Pflichten des Verstorbenen dem Ehegatten bzw. eingetragenen Partner und den Angehörigen des Verstorbenen zu. Die Angehörigen werden nach dem Verwandtschaftsgrad in verschiedene Gruppen geteilt (sog. Linien).

Gesetzliche Erbfolge ohne Ehegatten, eingetragenen Partner bzw. Lebensgefährten:

  • Die erste Linie bilden die Kinder des Verstorbenen und deren Nachkommen (Enkel). Die Kinder teilen sich den Nachlass nach Köpfen. Sollte ein Kind bereits früher verstorben sein und selbst Nachkommen hinterlassen haben, teilen sich diese den Anteil ihres vorverstorbenen Elternteils (Repräsentation). In die erste Linie fallen auch adoptierte und uneheliche Kinder. 

  • Die zweite Linie bilden die Eltern des Verstorbenen und deren Nachkommen (Geschwister bzw. Nichten und Neffen des Verstorbenen). Sie kommen aber nur dann zum Zug, wenn niemand aus der ersten Linie erbt.

    Leben noch beide Elternteile, erben sie je zur Hälfte. 

    Ist ein Elternteil vorverstorben und hinterlässt Nachkommen (Geschwister oder Halbgeschwister des Verstorbenen) treten diese in dessen Recht ein (Repräsentation).

    Wenn beide Eltern des Verstorbenen bereits verstorben sind, wird ihre jeweilige Hälfte unter ihren jeweiligen Nachkommen aufgeteilt (Repräsentation). Haben die Eltern nur gemeinsame Kinder (Geschwister des Verstorbenen) oder deren Nachkommen (Nichten/Neffen des Verstorbenen) hinterlassen, teilen sich diese die ganze Verlassenschaft. Wenn neben gemeinsamen Kindern der Eltern auch noch Kinder nur eines Elternteils (also Halbgeschwister des Verstorbenen) vorhanden sind, erben diese und deren Nachkommen nur den ihnen von der Hälfte gebührenden Anteil.

    Ist ein Elternteil verstorben und hinterlässt keine Nachkommen, fällt die gesamte Verlassenschaft dem anderen noch lebenden Elternteil des Verstorbenen zu (Anwachsung).

     Sind beide Eltern vorverstorben und hinterlässt nur einer der Elternteile Nachkommen (Halbgeschwister des Verstorbenen), teilen sich diese bzw. deren Nachkommen die gesamte Verlassenschaft (Anwachsung). 
  • Die dritte Linie besteht aus den Großeltern des Verstorbenen und deren Nachkommen (Onkel, Tanten des Verstorbenen). Sie kommt dann zum Zug, wenn auch aus der zweiten Linie niemand erbt. Das ist dann der Fall, wenn der Verstorbene Einzelkind war, keine Nachkommen hinterlässt und beide Elternteile vorverstorben sind.

    Wenn alle vier Großelternteile noch am Leben sind, erhält jeder ein Viertel der Verlassenschaft. Bereits verstorbene Großeltern werden von ihren Nachkommen repräsentiert. Sind von der Seite eines Elternteils beide Großeltern ohne Nachkommen vorverstorben, erhalten die noch lebenden Großeltern der anderen Seite die gesamte Verlassenschaft (Anwachsung). 
  • Wenn der Verstorbene nur noch seine Urgroßeltern hinterlässt, erben diese in vierter Linie jeweils ein Achtel.

    Wenn ein Teil eines Urgroßelternpaares nicht mehr lebt, fällt dessen Achtel an den noch lebenden Teil dieses Paares (Anwachsung). 

    Leben beide Teile eines Urgroßelternpaares nicht mehr, wächst dessen Viertel dem anderen Großelternpaar desselben Elternteiles des Verstorbenen an, sodass der Anteil auf der väterlichen bzw. mütterlichen Seite bleibt. 

    Wenn beide Urgroßelternpaare der väterlichen bzw. mütterlichen Seite vorverstorben sind, teilen sich die noch lebenden Urgroßeltern der anderen Seite die Verlassenschaft.

    Sind alle Urgroßeltern verstorben, ist die Republik Österreich berechtigt, sich die Verlassenschaft anzueignen. 

Gesetzliche Erbfolge mit Ehegatten bzw. eingetragenem Partner:

Nach der für Todesfälle ab dem 1.1.2017 geltenden Rechtslage sind eingetragene Partner Ehegatten gleichgestellt. Wieviel der Ehegatte oder eingetragene Partner erhält, hängt davon ab, welche Linie zur Erbschaft berufen ist:

Kommt die erste Linie zum Zug, erhält er ein Drittel der Verlassenschaft. Wenn die Eltern des Verstorbenen erben, erhält er zwei Drittel. Ist ein Elternteil vorverstorben, erhält der Ehegatte bzw. eingetragen Partner auch dessen Anteil. Wenn der Verstorbene weder Nachkommen noch Eltern hinterlässt, erbt der Ehegatte bzw. eingetragene Partner alles. Auf den Erbteil des Ehegatten bzw. eingetragenen Partners ist alles anzurechnen, was dieser durch Ehe- oder Partnerschaftsvertrag oder Erbvertrag aus dem Vermögen des Verstorbenen erhält. 

Neben dem Erbteil erhält der Ehegatte bzw. eingetragene Partner als sog. gesetzliches Vorausvermächtnis das Recht, in der Ehe- bzw. Partnerschaftswohnung weiter zu wohnen, sowie die zum Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, sofern diese zur Fortführung der bisherigen Lebensverhältnisse erforderlich sind (z.B. Möbel, Elektrogeräte). 

Außerordentliches Erbrecht des Lebensgefährten:

Mit dem Inkrafttreten der Erbrechtsreform 2015 wird erstmals auch der Lebensgefährte im Erbrecht berücksichtigt: Er erhält die gesamte Verlassenschaft, wenn der Verstorbene weder ein Testament noch gesetzliche Erben hinterlässt, sofern er mit dem Verstorbenen in den letzten drei Jahre vor dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

Wenn es gesetzliche oder testamentarische Erben gibt, erbt er zwar nichts, hat aber dafür das Recht, für die Dauer eines Jahres die gemeinsame Wohnung sowie die dazugehörenden Haushaltsgegenstände zu benützen. 

Außerordentliches Erbrecht der Vermächtnisnehmer:

Wenn weder gesetzliche Erben noch der Lebensgefährte des Verstorbenen vorhanden sind, der Verstorbene aber zu Lebzeiten Vermächtnisse (Legate) ausgesetzt hat, werden die Vermächtnisnehmer verhältnismäßig als Erben betrachtet. Ein Vermächtnis ist eine letztwillige Verfügung, mit der lediglich einzelne Vermögenswerte vermacht, aber niemand zum Erben eingesetzt wird. 

Hinterlässt der Verstorbene auch keine Vermächtnisnehmer, ist die Republik Österreich berechtigt, sich die Verlassenschaft anzueignen. 

Pflegevermächtnis:

Dem Verstorbenen nahestehende Personen, die diesen vor seinem Tod gepflegt haben, haben nach der neuen Rechtslage Anspruch auf das sog. Pflegevermächtnis. Der Begriff Pflegevermächtnis ist insofern missverständlich, als dieser Anspruch keine entsprechende letztwillige Verfügung voraussetzt, sondern sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Voraussetzung ist, dass die pflegende Person in den letzten drei Jahren vor dem Tod des Verstorbenen mindestens sechs Monate lang unentgeltlich Pflegeleistungen in nicht bloß geringfügigem Ausmaß erbracht hat.

Nahestehende Personen sind der Ehegatte des Verstorbenen, die sonstigen gesetzlichen Erben, deren Ehegatten (z.B. Schwiegertochter des Verstorbenen), eingetragene Partner oder Lebensgefährten und deren Kinder. 

Die Höhe des Pflegevermächtnisses richtet sich danach, was sich der Verstorbene aufgrund der Pflege durch die ihm nahestehenden Personen an Pflegekosten erspart hat. Hat die pflegende Person zwar eine Zuwendung oder ein Entgelt erhalten, die den Wert der Pflegeleistung nicht erreicht, steht ein Pflegevermächtnis in Höhe des Differenzbetrages zu.

Die Erben erhalten das Pflegevermächtnis zusätzlich zu ihrem Erbteil, außer der Verstorbene hätte Gegenteiliges verfügt. Es gebührt jedenfalls neben dem Pflichtteil.

2. Testamentarische Erbfolge 

Wenn die gesetzlichen Erben nicht zum Zug kommen sollen, kann zu Lebzeiten ein Testament errichtet werden, mit dem von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen wird. Ein Testament ist eine letztwillige Verfügung, mit der eine oder mehrere Personen zum Erben eingesetzt werden. Für letztwillige Verfügungen gelten strenge Formvorschriften. 

3. Anrechnung von Schenkungen auf den gesetzlichen oder testamentarischen Erbteil 

Sowohl bei der gesetzlichen als auch bei der testamentarischen Erbfolge muss sich der Erbe eine Schenkung, die er vom Verstorbenen zu Lebzeiten erhalten hat, auf seinen Erbteil anrechnen lassen, wenn der Verstorbene dies letztwillig angeordnet oder mit dem Geschenknehmer vereinbart hat. Wird die spätere Anrechnung auf den Erbteil bereits im Schenkungsvertrag vereinbart, ist dafür die Schriftform erforderlich. Wird die Anrechnung erst nach der Schenkung vereinbart, besteht Notariatsaktpflicht.

Schenkungen an ein Kind sind hingegen auf dessen gesetzlichen Erbteil anzurechnen, wenn ein anderes Kind dies verlangt. Das Gesetz geht bei dieser Regelung davon aus, dass der Verstorbene seine Kinder in der Regel gleich behandeln will. Selbst wenn ein anderes Kind die Berücksichtigung einer Schenkung verlangt, findet eine Anrechnung nicht statt, wenn das Stammvermögen durch die Schenkung nicht geschmälert wurde. Das heißt, die Schenkungen können aus den laufenden Einkünften (z.B. Zinsen, Mieteinnahmen) bestritten werden, ohne dass auf die Vermögenswerte (z.B. Sparbuch, Verkauf der Mietwohnung) gegriffen wird. Es kommt auch dann zu keiner Anrechnung, wenn der Verstorbene angeordnet hat, dass keine Anrechnung stattfinden soll. 

Der Begriff „Schenkung“ ist weit zu verstehen. Er umfasst jede Leistung, die nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft unter Lebenden gleichkommt.

Rechnerisch ist zunächst vom Wert des Geschenks zum Zeitpunkt der Schenkung auszugehen. Dieser Wert ist nach dem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex auf den Todeszeitpunkt aufzuwerten und der Verlassenschaft hinzuzurechnen. Von der so um den Wert der Schenkung erhöhten Verlassenschaft sind dann die Erbteile zu ermitteln (siehe oben). Vom Erbteil des anrechnungspflichtigen Erben ist der Wert der Schenkung dann abzuziehen. Der anrechnungspflichtige Erbe ist nicht zur Herausgabe seines Geschenks verpflichtet.

4. Haftung der Erben für Schulden

Der Umfang der Haftung hängt von der Art der Erbantrittserklärung ab. Bei bedingter Erbantrittserklärung haften die Erben den Verlassenschaftsgläubigern nur bis zum Wert des ihnen zugekommenen Nachlassvermögens. In diesem Fall ist die Errichtung eines Inventars zwingend vorgesehen. Bei unbedingter Erbantrittserklärung haften die Erben den Verlassenschaftsgläubigern unbeschränkt. Diese Unterscheidung gilt für gesetzliche und testamentarische Erben gleichermaßen.


Achtung: Wird ein zum Nachlass gehörendes Unternehmen vom Erben länger als drei Monate ab Einantwortung weitergeführt, haftet der Erbe unbeschränkt für die Verbindlichkeiten des Verstorbenen. Diese Haftung kann durch Eintrag ins Firmenbuch, verkehrsübliche Bekanntmachung oder Mitteilung an den Gläubiger ausgeschlossen werden.


5. Pflichtteilsrecht 

Durch das Pflichtteilsrecht wird die Freiheit, sein Vermögen nach Belieben zu vererben, eingeschränkt. Es ordnet an, dass bestimmte nahe Angehörige durch ein Testament nicht völlig übergangen werden können.

Pflichtteilsberechtigte Personen:

Zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen zählen der Ehegatte oder eingetragene Partner und die Nachkommen (Kinder, Enkel, Urenkel) des Verstorbenen. Diese Personen haben im konkreten Fall nur dann Anspruch auf den Pflichtteil, wenn sie nach der gesetzlichen Erbfolge (also ohne Testament) tatsächlich zum Zug gekommen wären, nicht enterbt wurden und auch nicht auf den Pflichtteil verzichtet haben.

Lebensgefährten, Eltern und Geschwister haben keinen Pflichtteilsanspruch.

Pflichtteilshöhe:

Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Er wird vom „reinen Nachlass“ berechnet. Darunter versteht man jenen Wert, der von den Aktiven nach Abzug von Schulden, den Kosten des Verlassenschaftsverfahrens und sog. Erbfallschulden (z.B. Begräbniskosten) übrig bleibt.

Der Pflichtteil ist grundsätzlich in Geld zu leisten. Er kann aber auch in Form einer sonstigen Zuwendung gedeckt werden: Alles, was der Pflichtteilsberechtigte vom Verstorbenen zu Lebzeiten als Schenkung oder von Todes wegen (Vermächtnis, Erbvertrag, Schenkung auf den Todesfall) erhalten hat, ist bei der Pflichtteilsdeckung zu berücksichtigen.

Anrechnung auf den Pflichtteil:

Rechnerisch werden Zuwendungen auf den Todesfall und Schenkungen unter Lebenden unterschiedlich behandelt:

  • Alles, was der Pflichtteilsberechtigte von Todes wegen, also als Erbteil, Vermächtnis oder nach dem Erbfall als Begünstigter einer vom Verstorbenen errichteten Privatstiftung oder vergleichbaren Vermögensmasse erhält, wird vom Geldpflichtteil abgezogen (sog. Anrechnung). Solche abzugsfähigen Zuwendungen auf den Todesfall sind auf den Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen zu bewerten.
  • Schenkungen zu Lebzeiten, die ein Pflichtteilsberechtigter oder auch ein Dritter vom Verstorbenen zu Lebzeiten erhalten hat, werden dem Nachlass zuerst rechnerisch hinzugeschlagen. Von dem dadurch erhöhten „reinen Nachlasswert“ werden die Pflichtteile berechnet. Dann wird beim einzelnen Pflichtteilsberechtigten die von ihm erhaltene Schenkung abgezogen (sog. Hinzu- und Anrechnung). Die Bewertung erfolgt hier nach dem Schenkungszeitpunkt.

Schenkungen an pflichtteilsberechtigte Personen werden unbefristet angerechnet; solche an nicht Pflichtteilsberechtige nur, wenn die Schenkung innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Tod des Verstorbenen gemacht wurde. 

Die Anrechnung von Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte können die anderen Pflichtteilsberechtigten und die Erben verlangen; die Berücksichtigung von Schenkungen an nicht Pflichtteilsberechtigte nur die Pflichtteilsberechtigten. 

Als Schenkung gilt jede Leistung, die nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft unter Lebenden gleichkommt. Ausgenommen von der Hinzu- und Anrechnungspflicht sind aber u.a. Schenkungen, die aus Einkünften ohne Schmälerung des Stammvermögens gemacht wurden, sofern der Verstorbene und der Geschenknehmer nichts anderes vereinbart haben.

Pflichtteilsschuldner:

Der Pflichtteilsanspruch richtet sich bis zur Einantwortung gegen die Verlassenschaft, danach gegen den oder die Erben.

Entstehen und Fälligkeit des Anspruchs:

Der Pflichtteilsanspruch entsteht mit dem Tod des Verstorben. Wenn der Pflichtteil durch Zuwendungen (z.B. Schenkung auf den Todesfall, Vermächtnis) gedeckt wird, ist er sofort fällig. Hat der Pflichtteilsberechtigte hingegen Anspruch auf einen Geldpflichtteil, weil er durch Zuwendungen nicht oder nur teilweise gedeckt ist, kann er diesen erst ein Jahr nach dem Tod des Verstorbenen verlangen. Dem Pflichtteilsberechtigten stehen jedoch bis zur Auszahlung Zinsen in Höhe von vier Prozent zu.

Pflichtteilsstundung und Ratenzahlung:

Zu einer Stundung des Pflichtteils oder Zahlung in Raten kann es kommen, weil der Verstorbene dies letztwillig angeordnet hat oder der/die Erbe(n) es verlangen: 

  • Letztwillig verfügte Stundung/Ratenzahlung: 
    Der letztwillig Verfügende kann die Stundung des Pflichtteilanspruchs auf höchstens fünf Jahre nach seinem Tod oder die Auszahlung in Raten innerhalb dieses Zeitraums anordnen. Im Falle einer solchen Stundung kann der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil erst nach Ablauf der Stundung verlangen.

    Wenn der Pflichtteil in Form einer Zuwendung (z.B. Vermächtnis, Schenkung auf den Todesfall) besteht, kann auch angeordnet werden, dass der Pflichtteilsberechtigte diese Zuwendung erst nach einer gewissen Zeit erhalten soll. Die Erstreckung dieser Zuwendung ist aber wiederum nur höchstens fünf Jahre möglich. Auch kann angeordnet werden, dass der Pflichtteilsberechtigte über einen gewissen Zeitraum (höchstens fünf Jahre) sukzessive Zuwendungen erhalten soll, mit denen in Summe der Pflichtteil abgedeckt werden soll. 

    Der Pflichtteilsberechtigte kann den Pflichtteil (oder einen Teil davon) trotz Stundungsanordnung vorzeitig fordern, wenn ihn das Zuwarten unter Berücksichtigung aller Umstände unbillig hart träfe. Dabei sind jedoch auch die Interessen und die Vermögenslage des Pflichtteilsschuldners zu berücksichtigen.

    In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann die Dauer der Stundung bzw. Ratenzahlung vom Gericht auf bis zu zehn Jahre verlängert werden.


    Achtung: Solche Stundungs- oder Ratenzahlungsanordnungen haben den strengen Formvorschriften für letztwillige Verfügungen zu entsprechen. Formfehler führen zur Unwirksamkeit der Anordnung. 


  • Stundung/Ratenzahlung auf Verlangen des/der Erben:
    Auch ohne entsprechende Anordnung des Verstorbenen, hat das Gericht eine Stundung oder Ratenzahlung zu gewähren, wenn die Erben dies verlangen und sie die sofortige Erfüllung der Pflichtteile unter Berücksichtigung aller Umstände unbillig hart träfe. Die Dauer der Stundung bzw. Ratenzahlung beträgt auch hier höchstens fünf Jahre.

    Als Grund für eine Stundung oder Ratenzahlung nennt das Gesetz ausdrücklich, dass der Pflichtteilsschuldner mangels ausreichenden anderen Vermögens sein Unternehmen, das seine wirtschaftliche Lebensgrundlage darstellt, veräußern müsste, um die Pflichtteile auszahlen zu können, oder die sofortige Entrichtung den Fortbestand eines Unternehmens erheblich gefährden würde

    In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann die Dauer der Stundung bzw. Ratenzahlung auch hier auf höchstens zehn Jahre verlängert werden.

    Egal, ob die Stundung bzw. Ratenzahlung vom Verstorbenen angeordnet oder vom Gericht auf Verlangen des/der Erbe(n) bewilligt wurde, ist der Pflichtteilsanspruch mit vier Prozent zu verzinsen.

Pflichtteilsminderung:

Der Pflichtteil verringert sich auf die Hälfte, wenn der Verstorbene und der Pflichtteilsberechtigte zu keiner Zeit oder über einen längeren Zeitraum vor dem Tod nicht in einem Naheverhältnis standen, wie es zwischen solchen Familienangehörigen gewöhnlich besteht. Eine Pflichtteilsminderung findet aber nicht statt, wenn der Verstorbene den Kontakt zum Pflichtteilsberechtigten grundlos gemieden oder berechtigten Anlass für den fehlenden Kontakt gegeben hat. Der Verstorbene muss die Pflichtteilsminderung in seiner letztwilligen Verfügung anordnen.

Entziehung des Pflichtteils („Enterbung“):

Unter Enterbung versteht man die Entziehung des Pflichtteils. Sie ist nur bei Vorliegen bestimmter, besonders triftiger Gründe möglich. Enterbungsgründe sind

  • bestimmte strafbare Handlungen gegen den Verstorbenen oder seine Angehörigen,
  • die absichtliche Vereitelung des letzten Willens des Verstorbenen (auch der Versuch),
  • die Zufügung schweren seelischen Leides gegen den Verstorbenen,
  • die gröbliche Vernachlässigung familienrechtlicher Verpflichtungen gegenüber dem Verstorbenen sowie
  • die Verurteilung zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen Freiheitsstrafe, egal gegen wen sich die Straftat richtete.

6. Erbverzicht / Pflichtteilsverzicht

Der Erbverzicht ist ein zu Lebzeiten mit den gesetzlichen Erben abgeschlossener Vertrag, mit dem diese auf ihr künftiges Erbrecht verzichten. Dieser Vertrag bedarf zu seiner Gültigkeit des Notariatsaktes oder der Beurkundung durch ein gerichtliches Protokoll. Für die Aufhebung eines Erbverzichts ist einfache Schriftform ausreichend. 

Wenn im Verzichtsvertrag nichts anderes vereinbart wurde, erstreckt sich der Verzicht auch auf den Pflichtteil.

Pflichtteilsberechtigte können aber auch nur auf den Pflichtteil verzichten. Ein schon vor dem Tod des Verstorbenen erklärter Pflichtteilsverzicht kann ebenfalls nur in Form eines Notariatsaktes oder mit gerichtlicher Beurkundung abgegeben werden.

7. Vererbung von Gesellschaftsanteilen

Unternehmen werden häufig in Form einer Gesellschaft betrieben. Anteile an einer solchen Gesellschaft stellen dann mitunter einen zentralen Vermögenswert der Verlassenschaft dar. Wie dieser erbrechtlich zu behandeln ist, hängt von der jeweiligen Gesellschaftsform ab. 

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH):

Der Tod eines Gesellschafters hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf den Bestand der Gesellschaft. Der Geschäftsanteil an einer GmbH fällt in den Nachlass und ist vererbbar. Er kann auch Gegenstand eines Vermächtnisses sein. Sehr häufig finden sich in Gesellschaftsverträgen jedoch Klauseln, wonach die verbleibenden Gesellschafter (oder einzelne von ihnen) den Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters erhalten sollen. Durch solche Aufgriffsrechte kann verhindert werden, dass bisher unternehmensfremde Personen künftig Einfluss auf das Unternehmen nehmen. Die Rechtslage bei Tod eines Gesellschafters kann daher immer nur anhand des konkreten Gesellschaftsvertrages beurteilt werden.

Offene Gesellschaft (OG):

Durch den Tod eines OG-Gesellschafters wird die Gesellschaft aufgelöst und tritt in Liquidation. Während der Abwicklung ist die Verlassenschaft des Verstorbenen Gesellschafterin. Der Vertreter der Verlassenschaft (z.B. Verlassenschaftskurator) ist zum Firmenbuch anzumelden.

Um die Auflösung der Gesellschaft zu verhindern, können die verbleibenden Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. Dann scheidet die Verlassenschaft aus der Gesellschaft aus und ist entsprechend abzufinden. 

Der Gesellschaftsvertrag kann allerdings die Vererbbarkeit der Gesellschafterstellung vorsehen (sog. Nachfolgeklausel). Dann wird die Gesellschaft mit dem Erben fortgesetzt. Der Erbe hat dann das Recht, seinen Verbleib in der Gesellschaft davon abhängig zu machen, dass ihm die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt wird. Die Offene Gesellschaft wird dann zur Kommanditgesellschaft (KG). Wenn die verbleibenden Gesellschafter gegen diese Umwandlung in eine KG sind, ist der Erbe befugt, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist sein Ausscheiden aus der Gesellschaft zu erklären. Der Erbe kann diese Rechte nur innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der Einantwortung der Verlassenschaft geltend machen.

Kommanditgesellschaft (KG):

Für Komplementäre gelten dieselben Bestimmungen wie für die OG. Stirbt der einzige Komplementär, ist die Kommanditgesellschaft aufgelöst, sofern kein anderer nachfolgt.

Der Tod eines Kommanditisten hat auf den Fortbestand der Gesellschaft keinen Einfluss. Sein Geschäftsanteil ist vererblich und fällt in den Nachlass, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht. Mehrere Erben werden mit ihrer Erbquote Kommanditisten. Ist ein Erbe bereits Kommanditist, erhöht sich sein Kommanditanteil entsprechend. Erbt hingegen ein bisheriger Komplementär, bleibt dieser Komplementär mit entsprechend erhöhtem Anteil.

Stand: 29.07.2021