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Weiter­­gabe­­­recht von Miet­verträgen bei Unternehmens­nachfolge

Detailinformationen zum Weitergaberecht

Lesedauer: 8 Minuten

Das gesetzliche Weitergaberecht bei Unternehmensnachfolge ist geregelt in § 12a Abs. 1 Mietrechtgesetz (MRG). Darunter versteht man den automatischen Übergang der Mietrechte im Fall einer Unternehmensveräußerung (insbesondere Kauf, Schenkung), vom Veräußerer (Altmieter) auf den Erwerber (Neumieter). Die Weitergabe in Form der Verpachtung ist geregelt in § 12a Abs. 5 MRG.

Nicht gemeint ist eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen. Hier bleibt der Mieter (die Gesellschaft) und damit das Mietrecht identisch. Dieser Fall ist geregelt in § 12a Abs.  3  MRG:, hier hat der Vermieter bei einem sog. „Machtwechsel“ das Recht den Mietzins auf ein angemessenes Niveau anzuheben. Näheres siehe Veränderungen in der Gesellschafterstruktur des Mieters

Wann besteht ein gesetzliches Weitergaberecht für Geschäftsräume?


Ein gesetzliches Weitergaberecht für Hauptmietverträge zu Geschäftsräumen besteht nur im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG); das heißt idR für Mietgegenstände in Gebäuden mit mehr als zwei selbständig vermietbaren Einheiten,

  • deren Baubewilligung bis zum 30. Juni 1953 rechtskräftig erteilt wurde;
  • die nach dem 30. Juni 1953 rechtskräftig baubewilligt wurden, wenn sie mit Wohnbauförderungsmitteln errichtet wurden;
  • deren Baubewilligung bis zum 8. Mai 1945 erteilt wurde, wenn es sich beim Geschäftsraum um einen Mietgegenstand im Wohnungseigentum handelt. 

Bei Mietverträgen, die nicht im Vollanwendungsbereich des MRG liegen („Teilanwendungsbereich") sowie bei Vollausnahmen vom MRG besteht kein gesetzliches Weitergaberecht nach dem MRG. Sehr wohl kann es aber in diesen Fällen ebenso wie bei Untermietverträgen zu einer Vertragsübernahme nach den Bestimmungen des Unternehmensgesetzbuches (UGB) auch hinsichtlich der Mietrechte kommen. Bei Hauptmietverträgen im Vollanwendungsbereich des MRG hingegen verdrängt § 12a MRG als Sonderbestimmung die sonst anwendbare Bestimmung des § 38 UGB.

Was bewirkt das gesetzliche Weitergaberecht?

Das gesetzliche Weitergaberecht bewirkt, dass immer dann, wenn das Unternehmen des Mieters an einen Erwerber veräußert wird, auch die Mietrechte übergehen. Der Vermieter erhält im Gegenzug das Recht, den Mietzins auf einen angemessenen Betrag anzuheben.  

Obwohl das MRG von der „Veräußerung einer Geschäftsräumlichkeit“ spricht, ist es unerheblich, ob das Unternehmen verkauft oder verschenkt wird. Das Gesetz versteht unter „Veräußerung“ jede Art von Einzelrechtsnachfolge. 

Beispiele für eine "Veräußerung" (Einzelrechtsnachfolge): 

  • Unternehmenskauf  
  • Unternehmensschenkung  
  • Übertragung des Unternehmens durch einen Leibrentenvertrag  
  • Unternehmenserwerb durch Vermächtnis (= Legat)
  • Gründung einer neuen Personengesellschaft durch einen bisherigen Einzelunternehmer
  • Einbringung eines Einzelunternehmens als Sacheinlage in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft
  • Fortführung einer bisherigen Personengesellschaft durch einen Einzelunternehmer (sofern es sich nicht um den letzten verbleibenden Gesellschafter eben dieser Personengesellschaft handelt; in diesem Fall würde eine Gesamtrechtsnachfolge vorliegen)

Beispiele für eine Gesamtrechtsnachfolge, für die § 12a Abs. 1 MRG nicht gilt (und somit - zumindest auf Basis dieser Bestimmung - keine Mietzinserhöhung möglich ist):

  • Umwandlungen im Sinne des Umwandlungsgesetzes
  • Verschmelzungen von Gesellschaften
  • Spaltungen im Sinne des Spaltungsgesetzes
  • Fortführung einer Personengesellschaft durch den letzten verbleibenden Gesellschafter als Einzelunternehmen
  • Gesamtrechtsnachfolge bei Erbschaft (nicht hingegen bei Vermächtnissen)

    Gemäß § 46a Abs. 2 MRG kann der Vermieter allerdings dann, wenn der vererbte Mietvertrag bereits am bzw. vor dem 1. März 1994 bestanden hat, nur schrittweise über 15 Jahre verteilt (d.h. jedes Jahr um ein Fünfzehntel) auf den angemessenen Hauptmietzins anheben). 

Muss ein neuer Mietvertrag verfasst werden?

Ein neuer Mietvertrag muss nicht verfasst werden. Es ist nicht einmal notwendig, den neuen Mieter im Mietvertrag richtig zu stellen oder durch einen Zusatz zu ergänzen. Der Erwerber des Unternehmens tritt automatisch in alle Rechte und Pflichten des Übergebers (Altmieter) ein.

Sowohl der Übergeber als auch der Erwerber sind jedoch verpflichtet, die Unternehmensübertragung dem Vermieter unverzüglich anzuzeigen. Der Vermieter hat daraufhin das Recht, den Mietzins bis spätestens 6 Monate nach dieser Anzeige auf einen angemessenen Betrag hinaufzusetzen. Macht der Vermieter davon Gebrauch, kann er vom Mieter rückwirkend ab dem der Unternehmensveräußerung folgenden nächsten Zinstermin (idR der nächste Monatserste nach Veräußerung) den erhöhten Mietzins verlangen. Macht der Vermieter von diesem Recht innerhalb der 6-Monatsfrist keinen Gebrauch, so bleibt es endgültig beim bisherigen Mietzins.

Wird dem Vermieter die Unternehmensübertragung nicht angezeigt, haften ihm gegenüber sowohl der Altmieter als auch der Neumieter für seinen Mietzinsentgang, also für die Differenz zwischen Altmietzins und angemessenem Mietzins nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen.

Was bedeutet es, wenn im Mietvertrag das Weitergaberecht ausgeschlossen wurde?

Das gesetzliche Weitergaberecht kann im Mietvertrag nicht ausgeschlossen werden. Ein solcher Ausschuss ist ungültig. Der Vermieter kann sich auch in diesem Fall gegen die Unternehmensübertragung nicht wehren und hat den neuen Mieter (allenfalls zu einem neuen Mietzins) zu akzeptieren.

Tipp: 
Klären Sie die Frage der Angemessenheit des Mietzinses bereits vorweg durch ein Gutachten. Der Mieter, der beabsichtigt das Unternehmen zu übertragen, kann auch einen Antrag bei Gericht bzw. bei der Schlichtungsstelle der Gemeinde (wenn dort eine Schlichtungsstelle eingerichtet ist), auf Feststellung des angemessenen Mietzinses einbringen. Der Vermieter ist an diese Entscheidung gebunden, wenn die Unternehmensübertragung innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft der Entscheidung erfolgt.

Darf der Hauptmieter sein Unternehmen verpachten?

Bei der Verpachtung handelt es sich um keine "Veräußerung“ im Sinne des § 12a Abs 1 MRG. Aus diesem Grund erlaubt § 12a Abs 5 MRG zusätzlich ausdrücklich die Verpachtung des Unternehmens. In diesem Fall verbleiben die Mietrechte beim Hauptmieter, der Vermieter kann aber – wie bei der Veräußerung – den Mietzins für die Dauer der Verpachtung auf einen angemessenen Betrag anheben, sofern der Mietzins diesen Betrag nicht ohnehin schon erreicht. Auch hier bestehen die selben Anzeigepflichten.

Auch das Verpachtungsrecht ist zwingend; wurde es im Mietvertrag ausgeschlossen, so ist dieser Ausschluss ungültig.

Wird das Unternehmen jedoch aus wichtigen vorübergehenden persönlichen Gründen (z.B. Krankheit) für einen Zeitraum von insgesamt höchstens fünf Jahren (maximal also fünf 5 Jahre für die Gesamtdauer des Mietverhältnisses) verpachtet, so kommt es zu keiner Anhebung des Hauptmietzinses. In diesem Fall ist die Verpachtung also ohne Mietzinserhöhung zulässig. Auch dabei handelt es sich um zwingendes Recht.

Ist immer sofort der volle angemessene Mietzins zu bezahlen?

Eine wichtige Beschränkung der sofortigen Erhöhungsmöglichkeit des Vermieters sieht das MRG dann vor, wenn das Unternehmen an eine im Übertragungszeitpunkt gesetzlich erbberechtigte Person (in der Regel Kinder bzw. Ehegatte) übertragen wird. Der Mietzins kann in diesem Fall nicht sofort auf das volle angemessene Niveau angehoben werden, sondern nur über 15 Jahre verteilt (d.h. jedes Jahr um ein Fünfzehntel dieses Betrages).

Diese Erleichterung (aus der Sicht des Mieters) gibt es bei Verpachtung nicht. Dort besteht nur die oben dargestellte vollständige Ausnahme von der Erhöhungsmöglichkeit, wenn der Mieter aus wichtigen persönlichen Gründen (Krankheit) sein Unternehmen für insgesamt maximal fünf Jahre verpachtet.

Beeinflussen vom Mieter getätigte Investitionen den angemessenen Mietzins?

Vom Mieter getätigte Investitionen zur Verbesserung des Mietgegenstandes sind bei der Berechnung des angemessenen Mietzinses entsprechend mietzinsmindernd zu berücksichtigen, wenn sie noch von objektivem Nutzen sind.

Spielt die Art der Branche für den angemessenen Mietzins eine Rolle?

Bei der Prüfung der Höhe des angemessenen Mietzinses ist insofern auf die ausgeübte Geschäftstätigkeit zu achten, als bei "ertragsschwachen Branchen“, die "aus sozialen Gründen schutzwürdig sind“ nicht der volle angemessene Mietzins begehrt werden kann, sondern eben ein (im Streitfall vom Gericht bzw der Schlichtungsstelle festzusetzender) geringerer Mietzins. Gemeint sind damit im Wesentlichen Geschäfte zur Aufrechterhaltung der Nahversorgung (sogenannte "Greißler“).

Was kann ich tun, wenn kein gesetzliches Weitergaberecht besteht?

Außerhalb des Vollanwendungsbereiches des MRG besteht kein gesetzliches Weitergaberecht. Möchte der Mieter trotzdem ein Weitergaberecht haben, muss es vertraglich vereinbart werden. Auch in diesem Fall sollte dem Vermieter die Ausübung des Weitergaberechts angezeigt werden. 

Bei der vertraglichen Vereinbarung eines Verpachtungsrechtes ist die Rechtslage jedoch genau umgekehrt: Beruft sich der Mieter auf ein solches vertragliches Verpachtungsrecht, so kann der Vermieter im Verpachtungsfall sehr wohl den Mietzins auf ein angemessenes Niveau anheben. Anders wäre der Fall nur dann, wenn auf die Mietzinserhöhung im Vertrag ausdrücklich verzichtet wurde.

Tipp: 
Aus diesem Grund wäre es eventuell sinnvoll, auch in jenen Fällen, wo ein gesetzliches Weitergaberecht / Verpachtungsrecht besteht, zusätzlich ein vertragliches Weitergaberecht / Verpachtungsrecht ohne Erhöhungsmöglichkeit des Mietzinses zu vereinbaren.

Stand: 01.03.2024

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