Gründerboom: Wie steirische Jung-Betriebe durchstarten
Trotz Pandemie und hoher Inflation gab es 2022 steiermarkweit den zweithöchsten Gründungswert aller Zeiten. Warum und wieso? Wir haben drei Jungunternehmen nach ihren Motiven gefragt.
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Es ist nach dem Rekord 2021 der zweithöchste Gründungswert aller Zeiten, den die Steiermark im Vorjahr verzeichnen konnte: Insgesamt 4.736 Steirerinnen und Steirer waren es laut der neuen Gründerbilanz, die den Schritt in die Selbständigkeit wagten, 8,1 Prozent mehr als vor der Pandemie 2019. Ein „positives Zeichen für den Gesamtstandort“, wie WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk konstatiert.
Partnersuche am Jobmarkt
Und die Gründungslust reißt trotz wirtschaftlicher Herausforderungen nicht ab. So startete beispielsweise Helmut Schleich, bis Ende 2021 noch Vorstandsdirektor der Merkur Versicherung, erst vor zwei Wochen mit seiner Marke „meet2find“ durch – einer Art Dating-Service für die Jobvermittlung. „Ich habe gemerkt, dass Unternehmen es oft deshalb nicht schaffen, Personal zu finden, weil sie immer noch so vorgehen wie vor 20 Jahren“, berichtet er. Mit meet2find will Schleich die gängigsten Probleme lösen. Unternehmen werden mit Arbeitssuchenden „gematcht“, die mit ihren angegebenen Fähigkeiten optimal für den konkreten Beruf geeignet sind. Vorerst, bis zum wirklichen Matching, funktioniert der Kontakt aber anonym. „Ich will meine Erfahrungen nutzen und etwas Sinnvolles zurückgeben. Deshalb habe ich mich für die Gründung entschieden“, erklärt Schleich. Geholfen habe das breite Unterstützungsangebot der WKO Steiermark – im Vorjahr wurden ganze 41.646 Gründungsberatungen durchgeführt. „Der Fokus reicht hier von Themen wie Steuern und Businessplan bis hin zu Versicherungen“, so Leopold Strobl, Koordinator des Gründer- und Wirtschaftsservice.
Süße Lücke gefüllt
Die neuen steirischen Unternehmen sind übrigens immer öfter in weiblicher Hand. So waren Frauen im Vorjahr für 45,2 Prozent der Gründungen verantwortlich. Darunter: Antonella Salvati und Manuela Luzzi, die das „La Dolce Mandel“ in den Räumlichkeiten des ehemaligen Zentralkartenbüros in Graz eröffneten. „Wir wollten uns einfach etwas Eigenes aufbauen“, erklärt Luzzi. „Deshalb haben wir uns gedacht: Was fehlt kulinarisch in Graz?“ Die Antwort: Zuckermandeln! „Eine uralte Tradition in Italien – da werden sie zu verschiedensten Anlässen – Hochzeiten, Geburtstagsfeiern, Kommunionen – verschenkt.“ Das Geschäft laufe schon gut an. Luzzi: „Wir haben uns gesagt: Jetzt oder nie! Und schauen optimistisch in die Zukunft.“
Produkt für alle Sinne
Wie Luzzi und Salvati träumten viele Steirer schon immer von der Selbständigkeit, das zeigt eine Abfrage der Hauptmotive für Gründungen (siehe Grafik unten). Bei René Nagl war es aber die Leidenschaft für das konkrete Thema, die ihn animierte. „Nach einer langen Geschichte in der Automobilindustrie habe ich gemerkt, dass das mein Herz nicht erfüllt“, erzählt er. Er begann privat zu tüfteln – bis ihm die Idee einer kalten, sicheren Flamme kam, die nun bereits patentiert ist. „Dann habe ich mir gedacht: Der heilige Gral wäre doch, alle fünf Sinne anzusprechen“, berichtet er. Gesagt getan, gemeinsam mit Dominic Berner gründete er „FIVSEN“. Die Idee: Ein personalisierbares Produkt, das als Hardware-Technologie alle Sinne anspricht und das Wohlbefinden der Kunden steigert. Letzteres hat sich laut Nagl durch die Gründung auch bei ihm verbessert: „Man freut sich jeden Abend wieder auf den nächsten Tag.“
Gründerbilanz
- 4.736 Steirerinnen und Steirer wagten 2022 den Schritt in die Selbständigkeit, 2019 waren es zum Vergleich 353 weniger.
- 14.146 Gründungen entfielen auf die Sparte Gewerbe und Handwerk, 8.939 auf den Handel, 6.892 auf Information und Consulting.
- 41.646 Gründungsberatungen bzw. Kontakte wurden verzeichnet, 7.845 umfassende Beratungen.
- 35,3 Jahre sind steirische Gründer im Schnitt alt – jünger als im Bundesschnitt (36,2 Jahre).