Panoramabild im Grünen auf die Brauerei, mit Burg links im Vordergrund und einigen PV-Anlagen
© Foto Freisinger

Schluck für Schluck nachhaltiges Bier

Dank Fernwärme, Biogas und Solarenergie wird in Göss Bier CO2-neutral gebraut. Kritik kommt von Konsumentenschützern.

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Aktualisiert am 22.09.2023

Der Anblick macht durstig. Tausende Bierflaschen rattern in Reih und Glied zwischen Reinigungs-, Inspektions-, Abfüll-, Verschluss- und Etikettierstation über endlos scheinende Förderbänder durch die Halle. Dazwischen werden Kisten für den Handel und Fässer für die Gastronomie versandfertig gemacht und Aludosen zurechtgeschnitten, gebogen, befüllt und verschlossen. Die drei Abfülllinien in der Gösser-Brauerei am Stadtrand von Leoben laufen auf Hochtouren – soll heißen: 36.000 Flaschen, 42.000 Dosen und 620 Fässer pro Stunde. In der Jahresbilanz stehen damit 1,4 Millionen Hektoliter Gösser – was dem Bier in Österreich einen Marktanteil von 15 Prozent beschert.

Der Brauerei-Standort, an dem schon vor tausend Jahren Nonnen Bier gebraut haben, hat in den letzten Jahren mehrere Schritte Richtung Nachhaltigkeit gesetzt. Bereits seit 2007 bezieht man die für den Produktionsprozess notwendige Wärme zu 40 bis 45 Prozent aus dem benachbarten Sägewerk von Mayr-Melnhof, wo Sägemehl und Rinden verfeuert werden. Zudem liefert eine 1.500 Qua­dratmeter große Solaranlage das für das Maischen notwendige Warmwasser, erklärt Michael Zotter, der seit Februar als Braumeister die Gesamtverantwortung für die Bierproduktion in Göss trägt. In der betriebseigenen Biogasanlage wird der Braurest Treber – davor sehr begehrtes, weil hochqualitatives Tierfutter – jetzt vergoren und daraus Energie gewonnen. Seit 2016 bewirbt man sich auf Basis dieser Nachhaltigkeitsprojekte als „erste CO2-neu­trale Brauerei Österreichs“.

Michael Zotter
© Höfler Michael Zotter


„Unser Nachhaltigkeitsprogramm ist Vorbild für eine mexikanische Brauerei.“


Der Slogan geriet kürzlich allerdings ins Kreuzfeuer der Kritik. Der Verein für Konsumenteninformationen (VKI) klagte die Brauunion wegen irreführender Werbung, da lediglich beim Vorgang des Brauens selbst, nicht aber im gesamten Herstellungsprozess auf fossile Energie verzichtet werde. Strittig war, ob der Brauprozess auch die für die Biererzeugung notwendige Herstellung des Malzes umfasst. Denn zur Herstellung des – im Fall von Gösser zugekauften – Malzes wird die erforderliche Wärme überwiegend aus Erdgas gewonnen. Die erste Instanz gab den Klägern recht, die Brauunion als Mutterkonzern von Gösser berief gegen das Urteil. Das Verfahren läuft. 

Die 144 Gösser-Beschäftigten haben seit Kurzem neue „Kollegen“: Auf den Grünflächen der Brauerei grasen bis zu 60 Esel. Die Tiere wurden im Zuge einer Spendenaktion vor der Schlachtung oder aus katastrophalen Haltungszuständen gerettet. 



  • 9.800.000 Hektoliter Bier werden in den 346 österreichischen Brauereien produziert. Es gibt mehr als 1.000 verschiedene Sorten.
  • 700.000.000 Euro fließen über verschiedene Steuern auf Bier insgesamt
    in den österreichischen Staatshaushalt.