Die Trends am Arbeitsmarkt sind ein Seismograph für wirtschaftliche Veränderung.
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Der Arbeitsmarkt als präziser Seismograph

Die Trends am Tiroler Arbeitsmarkt sind ein Seismograph für wirtschaftliche Veränderungen. Der Sommertourismus entwickelt sich erfreulich, auch die IT-Branche boomt. Produktion und Bau kämpfen mit Rückgängen.

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Aktualisiert am 20.09.2023

In Blick auf die Entwicklungen am Tiroler Arbeitsmarkt von 2019 bis 2023 ist keine trockene statistische Angelegenheit, sondern gibt Aufschluss darüber, in welchen Branchen sich neue Chancen eröffnen und wo derzeit Probleme bestehen. Die Veränderungen sind wie ein Seismograph und geben verlässlich darüber Auskunft, wie es um die Wirtschaft bestellt ist. Bemerkenswert ist, dass der Tiroler Arbeitsmarkt von den zahlreichen Krisen der vergangenen drei Jahre im Großen und Ganzen unbeeindruckt geblieben ist – zumindest oberflächlich betrachtet: So waren im Juli 2019 in Tirol rund 345.000 Menschen unselbstständig beschäftigt, im Juli 2023 fast 359.000. Die Arbeitslosenquote lag in Tirol im Juli 2019 bei 3,1 %, derzeit besteht mit 2,6 % sogar Vollbeschäftigung. Der Arbeitsmarkt hat somit allen Einflüssen standgehalten und sich als sehr stabil erwiesen.

Tourismusland Tirol

„Schaut man allerdings genauer hin, zeigen sich markante Unterschiede in den einzelnen Wirtschaftsbereichen“, erklärt Stefan Garbislander, Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik, Innovation und Nachhaltigkeit. Fast ein Fünftel des gesamte­n Beschäftigungswachstums Tirol­s entfällt auf den Bereich Beherbergung und Gastronomie. Hier stieg die Beschäftigung in den Jahren 2019 bis 2023 um knapp 6 %. Beleuchtet man diese Zahlen noch tiefer, entdeckt man, dass das Wachstum vor allem im Sommerhalbjahr stattgefunden hat. „Das ist ein ausgesprochen positives Ergebnis für das Tourismusland Tirol, denn seit Jahren wird versucht, die starke Wintersaison in Richtung eines Ganzjahrestourismus auszuweiten“, analysiert Garbislander.

Das scheint durch die vielen innovativen Angebote der heimischen Hotels und Restaurants tatsächlich gelungen zu sein. Für die Tourismusbetriebe ist es derzeit allerdings besonders herausfordernd, angesichts des massiven Arbeitskräftemangels den hohen Qualitätsanspruch zu halten. „Deshalb gilt es, Arbeitsplätze im Gesamtpaket attraktiv zu gestalten und sich so auf dem heiß umkämpften Mitarbeitermarkt zu positionieren“, erklärt Spartenobmann Alois Rainer. Viele Tourismusbetriebe bieten mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, gutem Lohnniveau, Weiterbildungs- und Fitnessangeboten sowie modernen Mitarbeiter­unterkünften hochinteressante Arbeitsbedingungen, streicht der Spartenobmann hervor.

Beschäftigungswachstum

Noch höher als im Tourismus fällt das Beschäftigungswachstum mit über 20 % im Sektor Information und Kommunikation aus. Die zunehmende Bedeutung dieser Zukunftsbranche für die Tiroler Gesamtwirtschaft wird damit deutlich unter Beweis gestellt. Die Beschäftigungsentwicklung macht auch Problemzonen sichtbar: Der Produktionsbereich wuchs im Zeitraum von 2019 bis 2023 nur um 1,2 % und auch der Bau liegt mit 4,3 % unterdurchschnittlich. „Für die Politik lässt sich aus diesen Daten ablesen, wo sie bei den Rahmenbedingungen nachjustieren muss und welche Bereiche öffentliche Impulse benötigen“, betont Stefan Garbislander.

Die Zahlen zeigen auch deutlich, welche Dimension der öffentliche Sektor inzwischen angenommen hat: 44 % des Beschäftigungswachstums entfallen auf den öffentlichen Bereich. Für Volkswirt Stefan Garbislander muss die Politik diese Entwicklung im Auge behalten: „Der Großteil der Mittel für den öffentlichen Sektor kommt aus Steuergeldern, die wiederum in der Privatwirtschaft, also von den Tiroler Betrieben und ihren Mitarbeiter:innen, verdient werden. Wichtig ist, dass die Balanc­e erhalten bleibt.“