Das Tourismusland Tirol nutzt die vielfältigen Möglichkeiten und Formate der ITB, um sich bestmöglich zu präsentieren.
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Große Bühne für große Prozesse

Mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit, bewusstem Reisen und Regionalität präsentierte sich Tirol bei der ITB, der Leitmesse des weltweiten Tourismus in Berlin.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 13.04.2023

In diesem Motto steckt eine starke Ansage. „Open for change“ war das große Leitmotiv für die ITB Berlin, die nach vierjähriger Pause vom 7. bis 9. März 2023 wieder stattfinden konnte. Nicht nur für die Touristiker:innen der Welt war und ist das Motto ein recht dynamischer Kick. Die weltgrößte Tourismusmesse hatte sich auch selbst in neuem, schlankeren und treffsicheren Rahmen präsentiert.

Gestrafft um die zwei Endbesuchertage wurde die Messe als reine Fachmesse organisiert und rund 5.500 Aussteller aus 161 Ländern waren dem touristischen B2B-Ruf in Deutschlands Hauptstadt gefolgt. „Wir müssen den Tourismus nachhaltiger und resilienter aufstellen, nachdem er in den letzten Jahren die größte Krise erlebt hat und nun wieder Schwung aufnimmt“, hatte der deutsche Vizekanzler Robert Habek bei seiner Eröffnungsrede die diffizilen Aufgaben, die jüngsten Zäsuren und die große Erleichterung in Worte gefasst, die Touristiker:innen und Destinationen weltweit vereinen – und auf Trab halten.

Veränderung

„In den vergangenen drei Jahren hat sich einiges verändert, denn die Corona-Pandemie hatte insbesondere auch Auswirkungen auf den heimischen Tourismus“, lenkt der Tiroler Wirtschafts- und Tourismuslandesrat Mario Gerber den Blick auf Tirol und hält weiter fest: „Aktuelle Zahlen zeigen, dass sich der heimische Tourismus wieder gut erholt hat und Reisen nach Österreich beziehungsweise im Speziellen auch nach Tirol fast wieder auf dem Niveau von 2019 sind.“

Dieser Feststellung wohnt ein großes Aufatmen inne, das Karin Seiler, die Geschäftsführerin der Tirol Werbung im Interview mit der Tiroler Wirtschaft zudem zu befeuern versteht, wenn sie sagt: „Urlaub bleibt den Menschen trotz Unsicherheit und Krisen weiterhin wichtig. Sie wollen nicht darauf verzichten. So zeigen Daten aus Deutschland, dass in anderen Bereichen des Alltags gespart wird, um sich einen Urlaub leisten zu können. Reisen liegt bei den Konsumprioritäten auf Platz zwei hinter den Lebensmitteln, aber noch vor Wohnen, Gesundheit, Kleidung oder dem Auto. Umgekehrt achten die Menschen beim Reisen aber auch mehr aufs Geld.“

"Regionalität sollte nicht an den Landesgrenzen enden. Wenn ich einen Betrieb in Kufstein habe, ist es wesentlich regionaler, bei einem bayrischen Metzger einzukaufen, als beispielsweise in Niederösterreich."


Andere Bedürfnisse, andere Wünsche

Dass es wieder bergauf geht und die grundsätzlichen Voraussetzungen für erfolgreiche touristische Zukunftsjahre ziemlich gut sind, ändert nichts daran, dass die touristischen Uhren heute anders ticken und Landesrat Gerber sagt: „Was sich in den letzten Jahren – nicht zuletzt aufgrund des Klimawandels – geändert hat, sind die Bedürfnisse und Wünsche der Gäste. Es wird mehr Wert auf Nachhaltigkeit, bewusstes Reisen und Regionalität gelegt, weshalb Tirol diese Themen bei der diesjährigen ITB in den Fokus gerückt hat. Für den Erfolg des Tourismuslandes ist es meiner Meinung nach wesentlich, sowohl auf die Bedürfnisse der Gäste als auch auf jene der Einheimischen einzugehen.“ Die auf der ITB präsentierten Themen sind so aktuell wie komplex und gespickt mit richtig großen politischen aber auch zahlreichen kleinen unternehmerischen Stellschrauben, die gedreht werden müssen.

Die neuen Rahmen der Wirtschaftsförderung des Landes beziehungsweise der Tourismusförderung im Speziellen erleichtern das den Unternehmer:innen durch entsprechende Förderinstrumente. Um dem Wirtshaussterben effektiv entgegenzuwirken wurde etwa die Wirtshausprämie auf 20.000 Euro verdoppelt und auch das Thema Nachhaltigkeit spielt eine bedeutende Rolle. „Antragstellende Tourismusbetriebe erhalten nun beispielsweise einen Nachhaltigkeitsbonus in Höhe von 5.000 Euro, wenn das Unternehmen beziehungsweise seine Produkte oder Dienstleistungen eine anerkannte Auszeichnung, einen Preis oder eine Zertifizierung im Umwelt-, Nachhaltigkeits- oder Energiebereich erhalten haben“, leitet Gerber beispielhaft durch die neuen Förderschienen, die den touristischen Perspektivenwechsel begleiten, vor dem sich das Land auch durch das Bekenntnis zu mehr Qualität und weniger Quantität – etwa indem keine neuen Betten mehr gefördert werden – verneigt.

Für Gerber zählt zum Perspektivenwechsel auch, dass der Erfolg des Tiroler Tourismus nicht allein an Nächtigungs- und Ankunftszahlen festgemacht wird, „sondern neben wirtschaftlichen auch vermehrt gesellschaftliche Kennzahlen wie Tourismuswahrnehmung, Mitarbeiter:innen-Zufriedenheit oder Wiederbesuchsabsicht sowie ökologische Messgrößen wie Anteile regenerativer Energien heranziehen.“

Masterplan und Guide für den Wandel ist und bleibt das Strategiepapier „Der Tiroler Weg – Perspektiven für eine verantwortungsvolle Tourismusentwicklung“, das im Jahr 2021 präsentiert wurde und in dessen Rahmen Gerber die Kommunikation mit der Bevölkerung, die Erhebung des Status quo in Bezug auf die Nachhaltigkeit, um Mythen von Fakten zu trennen, sowie eine noch stärkere Fokussierung eines Ganzjahrestourismus als vorrangig unterstreicht. „Ein zeitlicher Horizont ist dabei bewusst nicht festgelegt – denn der Tiroler Weg endet nie“, so Gerber.

"Für den Erfolg des Tourismuslandes Tirol ist es wesentlich, sowohl auf die Bedürfnisse der Gäste als auch auf jene der Einheimischen einzugehen."


Regionale Dynamiken

„Wir versuchen natürlich, jetzt schon die Rahmenbedingungen so herzustellen, dass es in Zukunft noch Freude macht, Unternehmer:in und Gastronom:in zu sein. Hier denken wir in Generationen“, sieht auch Alois Rainer, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der WK Tirol, den längst eingeschlagenen neuen Tiroler Weg selbst als Ziel. Rainer ist Chef des Traditionshauses Gasthof Post in Strass im Zillertal und kann die zahlreichen kleinen Schritte beschreiben, mit welchen die Tourismusunternehmen die Schlagworte Nachhaltigkeit, bewusstes Reisen und Regionalität vor Ort auf den Boden bringen. „Regionalität hat durch Corona nicht nur im Handel einen Boost bekommen. Der Verein Tiroler Wirtshauskultur trägt dieses regionale Denken aber schon seit geraumer Zeit mit und es gibt andere Schwerpunkte, wie die freiwillige Herkunftsbezeichnung ‚Da kommt’s her‘“, spricht der Spartenobmann den Schulterschluss zwischen Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer an, dem sich schon einige hundert Betriebe angeschlossen haben.

Bei der Beschaffung der regionalen Lebensmittel sind den Tiroler Gastronomie-Betrieben jedoch manchmal „natürliche“ Grenzen gesetzt. „Man muss offen sagen, dass es an der Menge – speziell bei Schweinefleisch – mangelt“, sagt Rainer und regt in dem Zusammenhang an, Regionalität neu zu denken: „Regionalität sollte nicht an den Landesgrenzen enden. Das heißt, wenn ich einen Betrieb in Kufstein habe, ist es wesentlich regionaler, bei einem bayerischen Metzger einzukaufen, als in Niederösterreich.“ Die Regionen nicht an die Landesgrenzen zu koppeln, macht durch die Brille der Nachhaltigkeit und Regionalität betrachtet, genauso viel Sinn, wie die gelebte Küchenkunst, das ganze Tier und nicht nur die Edelteile verarbeiten zu können.


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