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Person mit blauem Hemd und Bart sitzt konzentriert an einem Schreibtisch und blickt konzentriert auf einen Laptop während im Hintergrund Pflanzen in einem hell erleuchteten Raum mit Glasfensterfront stehen
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Alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten: EU-Verordnung über Online-Streitbeilegung (ODR-VO) aufgehoben

Informationen zur außergerichtlichen Streitschlichtung

Lesedauer: 7 Minuten

Aufgrund der Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (Richtlinie 2013/11/EU) trat mit 09. Jänner 2016 das Alternative-Streitbeilegung-Gesetz (AStG) in Kraft. Nach diesem Gesetz können sich Unternehmer und Konsumenten anstelle eines Gerichtsverfahrens freiwillig auch einem alternativen Streitbeilegungsverfahren unterziehen. Ein derartiges Verfahren kann ausschließlich durch den Verbraucher eingeleitet werden! 

Achtung

Für Online-Verträge gilt derzeit zusätzlich die EU-Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ODR-VO), welche noch bis einschließlich 19. Juli 2025 Anwendung findet.

Diese Regelung entfällt ab dem 20. Juli 2025 ersatzlos. Damit entfallen auch die damit verbundenen Informationspflichten (z. B. Hinweis auf die OS-Plattform, Einbindung eines Links zur Plattform etc.). Unternehmer sollten daher ihre Webseiten bis zu diesem Stichtag entsprechend anpassen, um keine irreführenden oder veralteten Angaben zu machen.

Zusätzliche Informationen sind weiter unten aufgeführt oder zu finden unter Alternative Streitbeilegung: EU-Verordnung über Online-Streitbeilegung (ODR-VO) aufgehoben - WKO.

Wann ist das AStG anwendbar?

Grundsätzlich sind alle Streitigkeiten zwischen Unternehmern und Verbrauchern über entgeltliche Verträge über Waren und Dienstleistungen erfasst.  

Der Dienstleistungsbegriff der EU ist weiter gefasst als jener nach dem ABGB, sodass unter Dienstleistungen auch Mietverträge zu verstehen sind. Es wäre daher denkbar bei einer Streitigkeit über mietrechtliche Angelegenheiten nicht nur die derzeit schon bestehende Schlichtungsstelle für wohnrechtliche Angelegenheiten, sondern davor auch die allgemeine Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte anzurufen, sofern der Vermieter Unternehmer ist. 

Ausgenommen sind:

  1. Streitigkeiten über Gesundheitsdienstleistungen, die von Angehörigen der Gesundheitsberufe gegenüber Patienten erbracht werden, um deren Gesundheitszustand zu beurteilen, zu erhalten oder wiederherzustellen, einschließlich der Verschreibung, Abgabe und Bereitstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten,
  2. Streitigkeiten mit öffentlichen Anbietern von Weiter- oder Hochschulbildung,
  3. nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (das sind staatliche oder im Rahmen des Staates erbrachte Dienstleistungen) und
  4. Kaufverträge über unbewegliche Sachen (insbesondere Immobilien).

Welche Stellen zur alternativen Streitbeilegung (kurz AS-Stellen) gibt es?

Abhängig von der jeweils angebotenen Leistung eines Unternehmers können auch mehrere AS-Stellen zuständig sein. Die AS-Stelle „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“ ist für Verbrauchergeschäfte aller Art zuständig. Für Webshops bzw. Online-Streitigkeiten ist der „Internet-Ombudsmann“ die zuständige AS-Stelle. In der Regel ist daher für online angebotene Dienstleistungen bzw Waren neben dem Internet-Ombudsmann zusätzlich auch die Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte zuständig. Abhängig von der jeweils angebotenen Leistung eines Unternehmens können auch mehrere AS-Stellen zuständig sein.

Worüber ist zu informieren?

Wenn sich ein Unternehmer freiwillig verpflichtet hat oder gesetzlich verpflichtet ist, die Streitigkeit alternativ beizulegen, hat er den Verbraucher über die

  • zuständige AS-Stelle vorab zu informieren und
  • die Website-Adresse der betreffenden AS-Stelle anzugeben. 

Sind mehrere AS-Stellen zuständig bezieht sich die Informationspflicht auf alle zuständigen AS-Stellen.

Freiwillig kann sich ein Unternehmer z.B. vertraglich, in AGB, in Angeboten aber auch wenn es im Einzelfall ausverhandelt wurde, verpflichten. Gesetzliche Verpflichtungen bestehen für Unternehmer z.B. im Telekommunikationsgesetz, Eisenbahngesetz, Kraftfahrliniengesetz, Luftfahrtgesetz, und Schifffahrtsgesetz.  

Wie ist zu informieren?

Die Informationen hat der Unternehmer auf seiner Website und gegebenenfalls in den allgemeinen Geschäftsbedingungen in klarer, verständlicher und leicht zugänglicher Weise anzuführen. Sollten AGB verwendet werden, sind diese Informationen in den AGB aufzunehmen. Die Information muss im Vorfeld gegeben werden, unabhängig von einem konkreten Streitfall. Außerdem muss auf der Unternehmenswebseite ein Link zur jeweiligen AS-Stelle (bzw. zu den jeweiligen AS-Stellen) angegeben werden. 

ABER:
Unternehmer, die sich weder freiwillig verpflichtet haben noch gesetzlich dazu verpflichtet sind, brauchen somit vorweg nicht zu informieren! Auch für Unternehmer, die keine AGB verwenden und keine Website betreiben, besteht grundsätzlich keine Informationspflicht. 

Abgesehen von der allgemeinen Informationspflicht besteht gemäß § 19 Abs 3 AStG auch eine solche im Hinblick auf einen konkreten Streitfall. Können der Unternehmer und der Verbraucher in einer Streitigkeit keine Einigung erzielen, so hat der Unternehmer den Verbraucher auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger (E-Mail) auf die für ihn zuständige AS-Stelle oder zuständigen AS-Stellen hinzuweisen. Der Unternehmer hat zugleich anzugeben, ob er an einem Verfahren teilnehmen wird. Es ist im jeweiligen einzelnen Streitfall zu prüfen, welche Schlichtungsstelle für diesen Fall zuständig wäre und diese Information ist sodann dem Verbraucher zu geben.  

Achtung

Diese Verpflichtung trifft also JEDEN Unternehmer, der bei einer Streitigkeit mit einem Verbraucher aus einem entgeltlichen Vertrag über Waren und Dienstleistungen keine Einigung erzielen kann, unabhängig davon, ob er zur Teilnahme an diesem Verfahren bereit ist oder nicht.

Am Ende des Infoblattes befindet sich ein Formulierungsvorschlag für jene Fälle, für die die allgemeine Schlichtungsstelle in Verbraucherangelegenheiten zuständig ist, der zur Erfüllung dieser Informationspflichten verwenden werden kann.

Verfahren

Das Verfahren wird mit Einlagen einer Beschwerde des Verbrauchers bei der zuständigen AS-Stelle eingeleitet. Ein Unternehmer ist somit nicht berechtigt, eine AS-Stelle zur Lösung einer Streitigkeit anzurufen. Es besteht keine Rechtsanwaltspflicht, eine Vertretung durch eine Vertrauensperson oder einen Rechtsanwalt ist allerdings möglich. Die Teilnahme an Schlichtungsverfahren ist für Unternehmer freiwillig und kostenlos (Ausnahme Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte 78 EUR). Die Parteien haben ihre eigenen Kosten (z.B. Kopien, Porto, Anwaltskosten) selbst zu tragen. Das Verfahren sollte in 90 Tagen beendet sein. Bei komplexen Streitigkeiten kann die zuständige Stelle die Frist verlängern. Das Schlichtungsverfahren kann von jeder Partei, unabhängig davon wie weit dieses bereits fortgeschritten ist, wieder abgebrochen werden. 

Hinweis
Derzeit gibt es keine gesetzliche Regelung, wonach ein Vergleich der Schlichtungsstelle auch einen Exekutionstitel darstellt. Dazu wären weitere Schritte notwendig, die wiederum mit Kosten verbunden sind (Notariatsakt, Gerichtsurteil,…). Es ist somit möglich, dass auch nach Beendigung eines Schlichtungsstellenverfahrens noch ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden muss, wenn ein Verbraucher seiner Zahlungsverpflichtung aus einem Vergleich nicht nachkommt.

Rechtsfolgen 

Unterlassene oder fehlerhafte Informationspflichten können nicht nur zu einer Verwaltungsübertretung und einer Geldstrafe bis zu 750 EUR führen, sondern auch zu einer kostenpflichtigen Abmahnung nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).

Unterlassene oder fehlerhafte Informationspflichten stellen auch einen Verstoß gegen das Konsumentenschutzgesetz dar, sodass eine Abmahnung oder sogar eine Verbandsklage durch die Interessensvertretung der Verbraucher (Verein für Konsumenteninformation, Arbeiterkammer) möglich wäre.

Überblick 

Keine gesetzliche/freiwillige Unterwerfung:

  • Information im konkreten Streitfall 
  • zuständige AS-Stelle und Website-Adresse zur AS-Stelle (gegebenenfalls auch in AGB)

Zusätzliche Informationspflichten für den Online-Vertrieb (Art 14 Abs 1 ODR-VO) 

Zusätzlich gilt noch bis 20.Juli 2025 für Online-Verträge die EU-Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ODR-VO). Diese Verordnung wurde aufgehoben. Die Einreichung von Beschwerden auf der OS-Plattform wurde am 20. März 2025 eingestellt. 

Für Webshops bedeutet das, dass noch bis 20. März 2025 die im folgenden genannten zusätzlichen Informationspflichten bestehen, nach 20. März 2025 muss der Hinweis auf die Online-Streitbeilegungsplattform von den Webseiten entfernt werden.

Folgende Informationen sind ab 20.Juli irrelevant und von der Website zu entfernen:

Unabhängig davon, ob sich Unternehmer einer AS-Stelle unterworfen haben oder nicht, sind sie nach der ODR-Verordnung, wenn sie Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen (egal ob der Vertragsabschluss über klassische Webshops oder via E-Mail oder sonstige Online-Vertriebsformen erfolgt) oder Online-Marktplätze betreiben, verpflichtet (zusätzlich zu den oben genannten Informationspflichten nach dem AStG) auf ihren Websites 

  • immer ihre E-Mail-Adresse anzugeben, wobei dies schon bisher nach den diversen Impressumsvorschriften erforderlich ist. Es wird allerdings empfohlen, die E-Mail-Adresse für Verbraucherbeschwerden zusätzlich unmittelbar bei dem Link auf die OS-Plattform anzugeben. 
  • den Link zur OS-Plattform noch bis 20.Juli leicht auffindbar einzubauen (https://ec.europa.eu/consumers/odr)!
    Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob sich der Unternehmer in der Folge bereit erklärt, einem alternativen Streitbeilegungs-Verfahren bei einer AS-Stelle zu unterwerfen. Es wird empfohlen, einen eigenen Button auf der Startseite einzurichten (z.B.: „Online-Streitschlichtungsplattform“).

  • Ist ein Unternehmer freiwillig oder gesetzlich zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren verpflichtet, hat er den Verbraucher über die Existenz der OS-Plattform und die Möglichkeit, diese für die Beilegung von Streitigkeiten zu nutzen, zu informieren. Ein bloßer Link ohne kurzen Erklärungstext wäre dies falls zu wenig.

    Details hierzu samt vorläufigem Formulierungsvorschlag: „Alternative Streitbeilegung - Informationspflichten für Websites (Webshops, Online-Marktplätze)

Muster- Formulierungsvorschlag

Das Muster ist für jene Fälle anwendbar, für die bei einer Streitigkeit keine Einigung erzielt werden kann und die allgemeine Schlichtungsstelle in Verbraucherangelegenheiten „die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“ zuständig ist.


Information gem. § 19 Abs 3 AStG

(Alternative-Streitbeilegung-Gesetz)

 

Gemäß § 19 Abs 3 AStG haben wir den Verbraucher, wenn wir mit diesem in einer Streitigkeit keine Einigung erzielen können, auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger (z.B. E-Mail) auf die zuständige Stelle zur alternativen Streitbeilegung, im Folgenden kurz AS-Stelle, hinzuweisen.

Wir haben zugleich anzugeben, ob wir an einem Verfahren teilnehmen werden. Die für uns vorgesehene AS-Stelle: 

Wir werden im folgenden Anlassfall (Angaben, auf die sich die Streitigkeit bezieht)

……………………………………………………………………………………………………………………………

bei folgender/n Stelle/n:

Beispielsweise:

  • Internet Ombudsmann
  • Schlichtung für Verbrauchergeschäfte

an diesem Verfahren

  • teilnehmen
  • nicht teilnehmen

(Zutreffendes ankreuzen).

 

Datum, ……………

 

…………………………..……………………
Unterschrift des Unternehmers


Stand: 02.06.2025