Rufzeichen und Fragezeichen in einer weißen Sprechblase vor einem dunkelblauen Hintergrund
© peterschreiber.media | stock.adobe.com

Widerruf der Aus­schreibung - FAQs

Antworten auf die wichtigsten Fragen

Lesedauer: 3 Minuten

  1. Wie endet ein Vergabeverfahren? 
  2. Wann besteht eine Verpflichtung zum Widerruf vor Ablauf der Angebotsfrist?
  3. Wann besteht die Möglichkeit des Widerrufs vor Ablauf der Angebotsfrist?
  4. Wann besteht eine Verpflichtung zum Widerruf nach Ablauf der Angebotsfrist?
  5. Wann besteht die Möglichkeit des Widerrufs nach Ablauf der Angebotsfrist?
  6. Wie erfährt der Bieter vom Widerruf?
  7. Wie ist der Widerruf bekannt zu machen?
  8. Wann darf der Auftraggeber den Widerruf erklären?
  9. Welche Möglichkeit besteht für den Auftraggeber im Unterschwellenbereich?

1. Wie endet ein Vergabeverfahren?

Gemäß § 146 Abs 1 Das Bundesvergabegesetz 2018 endet das Vergabeverfahren mit dem Zustandekommen des Leistungsvertrages oder mit dem Widerruf des Vergabeverfahrens. Ein Widerruf einer Ausschreibung verursacht in vielen Fällen vergebliche Aufwendungen der Bieter. Zu deren Schutz ist daher im Bundesvergabegesetz genau festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein Widerruf möglich oder notwendig ist.

2. Wann besteht eine Verpflichtung zum Widerruf vor Ablauf der Angebotsfrist?

Die Ausschreibung ist zu widerrufen, wenn Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor der Ausschreibung bekannt gewesen, eine Ausschreibung ausgeschlossen oder zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten. Es handelt sich dabei um Umstände, die zwar zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits vorhanden waren, die der Auftraggeber aber nicht wusste. Ein derartiger Umstand wäre z.B. eine mangelnde budgetäre Deckung, weil die Angebotspreise trotz sorgfältiger Schätzung des Auftragswertes über dem Ansatz liegen.

3. Wann besteht die Möglichkeit des Widerrufs vor Ablauf der Angebotsfrist?

Die Ausschreibung kann widerrufen werden, wenn andere für den Auftraggeber schwerwiegende Gründe bestehen, die den Widerruf sachlich rechtfertigen. Derartige Gründe sind z.B. eine in der Zwischenzeit geänderte Technologie oder Angebote mit nicht angemessenen Preisen.

4. Wann besteht eine Verpflichtung zum Widerruf nach Ablauf der Angebotsfrist?

Ein Vergabeverfahren ist zu widerrufen, wenn

  1. Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, eine Aufschreibung ausgeschlossen hätten, oder 
  2. Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten oder
  3. kein Angebot eingelangt ist, oder
  4. nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt.

5. Wann besteht die Möglichkeit des Widerrufs nach Ablauf der Angebotsfrist?

Die Ausschreibung kann widerrufen werden, wenn 

  • nur ein Angebot eingelangt ist,
  • nach dem Ausscheiden von Angeboten nur ein Angebot verbleibt, oder 
  • dafür sachliche Gründe bestehen.

6. Wie erfährt der Bieter vom Widerruf?

Der Auftraggeber hat den Bietern mitzuteilen, dass er beabsichtigt, das Vergabeverfahren zu widerrufen.

In dieser Mitteilung sind den Bietern

  • das jeweilige Ende der Stillhaltefrist sowie
  • die Gründe für den beabsichtigten Widerruf bekannt zu geben. 

7. Wie ist der Widerruf bekannt zu machen?

Im Fall des Widerrufs eines Vergabeverfahrens vor Ablauf der Angebotsfrist ist die Widerrufsentscheidung in derselben Art bekannt zu machen wie die Bekanntmachung. Der öffentliche Auftraggeber hat überdies Bewerbern, Unternehmern, die eine Interessenbestätigung übermittelt haben und Bietern mitzuteilen, dass er beabsichtigt, das Vergabeverfahren zu widerrufen. Nach Ablauf der Teilnahmeantragsfrist in einem nicht offenen Verfahren oder einem Verhandlungsverfahren kann der öffentliche Auftraggeber von einer Bekanntmachung der Widerrufsentscheidung gemäß dem ersten Satz absehen und die Widerrufsentscheidung den im Verfahren verbliebenen Unternehmern mitteilen. In der Bekanntmachung und in der Mitteilung sind die Gründe für den beabsichtigten Widerruf und das jeweilige Ende der Stillhaltefrist bekannt zu geben.

Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung besteht nicht, falls kein Angebot eingelangt ist oder kein Bieter im Vergabeverfahren verblieben ist.

8. Wann darf der Auftraggeber den Widerruf erklären?

Der Auftraggeber darf den Widerruf bei sonstiger Unwirksamkeit nicht vor Ablauf der Stillhaltefrist erklären. Die Stillhaltefrist beginnt in der Regel mit der Absendung der Mitteilung der Widerrufsentscheidung.

Bei einer Übermittlung auf elektronischem Weg sowie bei einer Bekanntmachung beträgt die Stillhaltefrist zehn Tage, bei einer Übermittlung auf brieflichem Weg 15 Tage.

9. Welche Möglichkeit besteht für den Auftraggeber im Unterschwellenbereich?

Im Unterschwellenbereich kann der Auftraggeber von einer Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung absehen und den Widerruf unmittelbar und ohne Abwarten einer Stillhaltefrist erklären.

In diesem Fall hat der Auftraggeber die im Vergabeverfahren verbliebenen Unternehmer unverzüglich zu verständigen oder, sofern dies nicht möglich ist, die Widerrufserklärung bekannt zu machen.

Stand: 01.01.2024

Weitere interessante Artikel
  • Zwei lächelnde Personen blicken auf Bildschirm, eine Person sitzend, die andere stehend hinter ihr mit Hand nach vorne deutend
    Aus­gewählte Vergabe­rechtliche Ent­scheidungen Teil XIII
    Weiterlesen
  • Default Veranstaltungsbild Artikelseite mit grafischen Elementen
    Ausgewählte Vergaberechtliche Entscheidungen - Teil III
    Weiterlesen