Australien: Clusternews Energie und Klima
5.12.2025
Regierung verpflichtet Energieversorger zu Gratisstrom-Angeboten in der Mittagszeit – Innovative Lösung gegen Netzüberlastungen
Australien plant eine umfassende Reform seiner Stromtarife, um die wachsende Einspeisung von Solarenergie effizienter zu nutzen. Künftig sollen Energieanbieter verpflichtet werden, Haushalten täglich mindestens drei Stunden kostenlose Stromnutzung in den Mittagsstunden anzubieten. Hintergrund ist die besonders hohe Solarstromproduktion zu dieser Tageszeit: Mit rund 3,7 Millionen privaten Photovoltaikanlagen verfügt Australien über eine der weltweit höchsten Solardichten, wodurch die Großhandelspreise zur Mittagszeit regelmäßig deutlich fallen.
Parallel dazu zeigen neue Daten des Energiemarktbetriebs AEMO, dass der steigende Anteil erneuerbarer Energien bereits spürbare Effekte hat. Im Septemberquartal sanken die Großhandelspreise um 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – ein Ergebnis von Rekordwerten bei Wind- und Solarstrom, wachsender Batteriespeicherleistung und einem Rückgang der Kohle- und Gasverstromung.
Mit der verpflichtenden Einführung der Gratisstrom-Zeitfenster will die Regierung Haushalte dazu motivieren, ihren Energieverbrauch stärker in die Tagesmitte zu verlagern, etwa für Warmwasser, Haushaltsgeräte oder das Laden von Elektrofahrzeugen. Energieminister Chris Bowen sieht darin ein Potenzial zur deutlichen Reduktion der Stromkosten, während Branchenvertreter auf den weiterhin notwendigen Ausbau von Netzen und Speicherkapazitäten hinweisen.
Für österreichische Unternehmen im Bereich Energieeffizienz, Lastmanagement, Smart-Home-Anwendungen und Netztechnologie ergeben sich dadurch zusätzliche Marktchancen, da Lösungen zur Verbrauchssteuerung und Speicherung weiter an Bedeutung gewinnen.
Australien vor der klimapolitischen Kehrtwende: oppositionelle Liberale Partei gibt Net Zero Ziel auf
Die zweitgrößte politische Partei Australiens, die Liberal Party, derzeit in der nationalen Opposition und in den Bundesstaaten nur in Queensland in der Regierung, hat ihr bisheriges Bekenntnis zum Netto-Null-Ziel für 2050 offiziell aufgegeben, nachdem ihr Bündnispartner „The Nationals“ diesen Schritt gesetzt hatten. Innerhalb der Liberals äußerten einzelne moderatere Abgeordnete Vorbehalte, insgesamt markiert die Entscheidung jedoch eine klare Neuausrichtung der klimapolitischen Linie der konservativen Opposition.
Die australische Bundesregierung unter Labor wiederum brachte einen Gesetzesentwurf ins Parlament, nach welchem bestimmte Umweltgenehmigungen (UVPs) durch Ministerentscheid überstimmt werden könnten. Ein solcher Schritt könnte Genehmigungsverfahren beschleunigen, würde aber zugleich zentrale Umweltstandards des Environment Protection and Biodiversity Conservation Act abschwächen.
Australien erlebt eine wachsende Spannung zwischen den Zielen seiner Klimapolitik und der Realität einer unsicheren Energieversorgung. Große Hersteller prüfen etwa derzeit eine Beteiligung an einem neuen Gasförderprojekt im Bundesstaat Victoria, um drohende Engpässe zu vermeiden. Das Projekt betrifft das Judith-Gasfeld im Offshore-Gippsland-Becken, das bereits 1989 von Shell entdeckt wurde. Hintergrund sind sinkende Investitionen in die Gasförderung und eine absehbare Verknappung des Angebots im Südosten des Landes.
Auch im Finanzsektor zeigt sich eine Verschiebung – weg von Klimazielen, hin zu weniger Regulierung: Eine aktuelle Analyse kritisiert Westpac dafür, bei der Bewertung der Klimapläne großer Emittenten zu großzügig zu agieren. Unternehmen würden teils trotz unzureichender Übergangsstrategien als „Paris-aligned“ eingestuft. Die Bank weist dies zurück, kündigte aber an, ihre Bewertungsmaßstäbe weiter zu präzisieren.
Es stellt sich die Frage, ob Australien seine Transformationsagenda aufgibt oder lediglich kurzfristige Kurskorrekturen zugunsten von Versorgungssicherheit vornimmt.