Das ElWG: Ein neues „Betriebssystem“ für Strom mit viel Potential
Informationen der Bundessparte Industrie
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Das sehr lange und umfangreich diskutierte Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) geht als Ministerratsvorlage in die politische Zielgerade.
Es gibt kaum ein wirtschaftspolitisches Thema mit so viel Spannungen wie die konkurrenzfähige Energie. Geopolitische Ereignisse wirken sich unmittelbar auf die Gaspreise aus, diese wirken über die berüchtigte „merit-order“ auf die Strompreise und am Horizont taucht die gewollte Ablöse von Erdgas durch Wasserstoff auf. Es werden Milliardenbeträge an Investitionen in Netze, an (Sonder-)Abschreibungen in nicht mehr gewollte Netze und an Wertschöpfungspotentialen und möglichen Verlusten kolportiert. Die leider schon gewohnten wöchentlichen Betriebsschließungen samt dem Verlust hunderter Arbeitsplätze werden standardmäßig mit den Energiekosten begründet.
Die Diskussion erinnert in ihrer Schärfe und der damit verbundenen Konzentration an Ressourcen, Expert:innen und Aufmerksamkeit an jene um Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. Doch im Unterschied zum globalen Klimaschutzthema besteht – trotz sehr vieler europäischer Regeln – bei den Strom-Spielregeln viel mehr österreichischer Handlungsspielraum, als man meinen möchte.
Österreich ist europäischer Vorreiter bei kreativen Erneuerbaren- und Bürger-Energien Gemeinschaften, die kleine Verbraucher schon im geltenden Recht begünstigen. Das ElWG könnte hier mit geschlossenen Verteilernetzen und der Wiederbelebung von Direktleitungen wirtschaftlich sinnvolle Akzente auch für die größeren Verbraucher setzen. Wir sehen viele Investitionsentscheidungen für die Errichtung von Speichern, die (sinnvoll und netzkostensparend) bei Kraftwerken investiert werden. Mit dem ElWG werden viele Regulierungen möglich, die den Einsatz von Eigenerzeugung und Speichern in Verbrauchsanlagen optimieren helfen sollten.
Es ist verständlich, dass Interessengruppen um ihre bisherigen Privilegien fürchten und die Nachteile in den Vordergrund rücken. Nachteile gibt es auch für Unternehmen aus dem Kreis der Industrie, die erzeugten Strom ins Netz einspeisen und auch künftig in Photovoltaik oder Windkraft investieren wollen. Demgemäß sind sie von Netzentgelten für Einspeiser betroffen und müssen eine Spitzenkappung in Kauf nehmen.
Umso mehr ist aus Sicht der gesamten Industrie zu betonen: Elektrische Energie wird immer Erzeuger und Verbraucher brauchen, die eine gemeinsame Infrastruktur nutzen, die maßvoll und im notwendigen Umfang ausgebaut werden muss. Die Optimierung von (Eigen-)Erzeugung, Speicherung und Verbrauch ist für alle Interessentengruppen immer mehr notwendig, um die Vorteile aus der kleinteiligen Erneuerbaren-Erzeugung und der fundamental wichtigen Digitalisierung zu nutzen. Mit der Entwicklung eines Marktes für Power-Purchase-Agreements sollen wichtige Impulse für die Stromversorgung über das öffentliche Netz bei nicht ausreichender Eigenerzeugung folgen.
Der Ausgleich von Stromkostennachteilen und sonstige Förderungen sind effizient und in einem Umfang notwendig, dass die österreichische Produktion auch im europäischen und internationalen Wettbewerb keine Nachteile hat.
Das ElWG ist für all dies nicht die allein seligmachende Grundlage, aber das ElWG wird zurecht als Betriebssystem umschrieben, das viele notwendige Grundlagen präzisiert oder überhaupt erst schafft. Wie bei allen grundlegenden Regelungen kommt es in weiterer Folge darauf an, was Verwaltung und die Wirtschaft auf dieser Grundlage schaffen möchten und werden.
Autor:
Ing. Mag. Wolfgang Brenner
E-Mail: wolfgang.brenner@wko.at