Die Pflegekarenz
Voraussetzungen - nahe Angehörige - vorzeitige Rückkehr - Pflegekarenz
Pflegekarenz ist die vereinbarte Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung bei Entfall des Entgelts für die Pflege und/oder Betreuung naher Angehöriger. Dazu bedarf es einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
In Betrieben mit mehr als fünf Arbeitnehmers besteht seit 1.1.2020 ein Rechtsanspruch auf zwei Wochen Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit, sofern das Beschäftigungsverhältnis mindestens drei Monate gedauert hat. Kommt es während dieses Zeitraumes zu keiner Vereinbarung mit dem Arbeitgeber die Freistellung auf insgesamt bis zu drei Monate auszuweiten, hat der Arbeitnehmer auf Verlangen Anspruch auf zwei weitere Wochen. Der Rechtsanspruch beträgt daher insgesamt höchstens vier Wochen.
Die Erfüllung der Arbeitnehmeranzahl muss zum Zeitpunkt des Antrittes gegeben sein. Ist die Anzahl aufgrund saisonalen Gründen schwankend, ist vom Durchschnitt der letzten 12 Monate vor dem Antritt auszugehen.
Voraussetzungen der Pflegekarenz
Die Pflegekarenz kann vereinbart werden, wenn der nahe Angehörige
- zumindest Pflegegeld der Pflegegeldstufe 3 (bei minderjährigen Pflegebedürftigen ist die Pflegestufe 1 ausreichend) oder
- nachweislich an Demenz leidet und zumindest Pflegegeld der Pfleggeldstufe 1
bezieht.
Dauer
Der Arbeitnehmer kann Pflegekarenz für einen Zeitraum von mindestens einem Monat, maximal bis zu drei Monate in Anspruch nehmen. Die Vereinbarung der Pflegekarenz in mehreren Teilen ist nicht zulässig.
Das arbeitslosenversicherungspflichtige Dienstverhältnis muss unmittelbar vor Beginn der Pflegekarenz ununterbrochen zumindest drei Monate gedauert haben. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen in Saisonbetrieben kann die Pflegekarenz bereits nach zwei Monaten beginnen, sofern eine Beschäftigung von insgesamt mindestens drei Monaten innerhalb der letzten 4 Jahre zum selben Dienstgeber vorliegt.
Grundsätzlich kann Pflegekarenz nur einmal pro zu betreuendem nahen Angehörigen in Anspruch genommen werden. Im Falle einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs, nämlich von zumindest einer Pflegegeldstufe, hat der Arbeitnehmer was die weitere Betreuung nach Erhöhung des Pflegebedarfs betrifft, ein Wahlrecht: Er kann dafür eine weitere Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit vereinbaren.
Vorsicht!
Hat der Arbeitnehmer hingegen bereits eine Pflegekarenz angetreten, kann keine Pflegeteilzeit für dieselbe zu betreuende Person vereinbart werden
Beispiel:
Der Arbeitnehmer möchte Pflegekarenz für seine Mutter, der Pflegegeldstufe 3 zuerkannt wurde, in Anspruch nehmen. Er vereinbart mit seinem Arbeitgeber Pflegekarenz vom 1.2.2017 bis 30.4.2017. Da sich im April der Gesundheitszustand der Mutter wesentlich verschlechtert und ihr die Pflegegeldstufe 4 mittels Bescheid zuerkannt wird, möchte er erneut Pflegekarenz im Ausmaß von 3 Monaten in Anspruch nehmen.
Da die Voraussetzungen vorliegen, kann eine neuerliche Vereinbarung über Pflegekarenz zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen werden. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, an Stelle der Pflegekarenz Pflegeteilzeit zu vereinbaren.
Nahe Angehörige
Der Kreis der nahen Angehörigen umfasst die Ehegatten und deren Kinder, die Eltern, Großeltern, die Adoptiv- und Pflegeeltern, (Stief-, Adoptiv-, Pflege)Kinder, Enkel, die Lebensgefährten und deren Kinder, die eingetragenen Partner und deren Kinder sowie Geschwister, Schwiegereltern und Schwiegerkinder.
Vorzeitige Rückkehr aus der Pflegekarenz
Der Pflegekarenzierte hat das Recht vorzeitig zur ursprünglich vereinbarten Normalarbeitszeit zurückzukehren, wenn der nahe Angehörige
- in stationäre Pflege oder in ein Pflegeheim aufgenommen wird,
- nicht nur vorübergehend von einer anderen Betreuungsperson gepflegt wird oder
- verstorben ist.
Die Rückkehr darf frühestens jedoch zwei Wochen nach Meldung des Eintritts der Rückkehrgründe erfolgen.
Pflegekarenzgeld
Für die Dauer der Pflegekarenz gebührt Pflegekarenzgeld, das beim Bundessozialamt geltend zu machen ist. Die Gewährung von Pflegekarenzgeld für eine pflegebedürftige Person ist auf die Dauer von maximal sechs Monate beschränkt. Bei neuerlicher Vereinbarung einer Pflegekarenz wegen wesentlicher Erhöhung des Pflegebedarfs um zumindest eine Pflegegeldstufe erhält der Arbeitnehmer für maximal weitere sechs Monate Pflegekarenzgeld.
Die Höhe des Pflegekarenzgeldes setzt sich zusammen aus dem Grundbetrag des Arbeitslosengeldes sowie dem Kinderzuschlag (bei Familienbeihilfenbezug). Der Grundbetrag muss mindestens die Höhe der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze betragen.
Arbeitsrechtliche Auswirkungen
Ansprüche auf einmalige Bezüge (insbesondere Ansprüche auf Sonderzahlungen) stehen für die Dauer der Pflegekarenz nicht zu. Es ist eine entsprechende Aliquotierung der einmaligen Bezüge vorzunehmen. Die Zeiten der Pflegekarenz werden für den Urlaub sowie für dienstzeitabhängige Ansprüche, wie etwa Kündigungsfristen und Abfertigung Alt nicht berücksichtigt.
Ende des Arbeitsverhältnisses/Motivkündigungsschutz
Wird das Arbeitsverhältnis während der Pflegekarenz beendet, sind der Abfertigung und der Urlaubsersatzleistung das für den letzten Monat vor Antritt der Pflegekarenz gebührende Entgelt zugrunde zu legen.
Der Dienstnehmer ist während der Pflegekarenz nicht kündigungsgeschützt. Allerdings darf eine Kündigung nicht wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegekarenz erfolgen. Dies entspricht dem allgemeinen Motivkündigungsschutz.
Vorsicht!
Kann der Dienstnehmer im Anfechtungsverfahren vor Gericht glaubhaft machen, dass er wegen Inanspruchnahme der Pflegekarenz gekündigt wurde, wird das Gericht entscheiden, dass das Dienstverhältnis nicht gekündigt und damit aufrecht ist. Wegen der Dauer von Anfechtungsverfahren drohen dann beträchtliche finanzielle Forderungen des Dienstnehmers.